Twixlum hat mit Oberelsbach in etwa so viel zu tun, wie Wanne-Eikel mit Bad Neustadt. Und doch gibt es eine starke Verbindung von der Rhön zu diesem kleinen Nest in Ostfriesland. Und die ist bei Gerald Meyer zu finden.
Vor zwölf Jahren in die Rhön
Der 55-jährige Musiker und Werbefachmann hat vor zwölf Jahren die Rhön als seine neue Heimat auserkoren. Im Studio unterm Dach seiner Wohnung in Oberelsbach stehen Gitarren, E-Piano, Mischpult, Boxen und diverse Computer. Ein buntes Wirrwarr auf dem großen Monitor. Da mischt der gebürtige Ostfriese seine Musik.
„Ich habe meine neue CD im Sommer zur Ems Vechte Welle geschickt. Ein Lied daraus ging regelrecht durch die Decke auf der Homepage des Privatsenders“, erzählt Meyer nicht ohne Stolz. 16 000 Views innerhalb von zwei Wochen brachten seinen rockigen Song „Twixum“ auf Platz eins des Senders. Prompt erklärte der Musikredakteur in Ostfriesland das plattdeutsch gesungene Lied aus der Rhön zum Sommerhit 2018. Twixum und Twixlum – was ist da der Unterschied? Meyer lacht: „Twixum ist platt und Twixlum hochdeutsch!“
Ostfriese sucht Frau
Meyer erzählt im Song die Geschichte eines nicht mehr ganz jungen Bauern, der auf der Suche nach einer Frau ist. Der Ostfriese aus der Rhön drehte Videos direkt vor Ort. Die Emdener, teilweise Kumpels aus früheren Musiker-Zeiten in Meyers ostfriesischer Heimat, spielten bereitwillig mit im Musikvideo. Wenn der Rhöner das anklickt, versteht er zunächst mal nichts. Zu plattdeutsch kommt der Song daher. Dennoch bleibt man hängen. Melodisch unterlegte Szenen und der rockige Rhythmus gepaart mit herrlich ruhigen Bildern aus dem Emdener Stadtteil Twixlum wecken die Neugierde.
„Plattdeusch für Ostfriesland, in der Rhön arrangiert – das war für mich das Spannende am Projekt“, lacht Meyer. Und dass es funktioniert, zeigen die Online-Zahlen, „das rennt saumäßig gut im Netz!“ Mundart scheint überall gefragt. Seine Demo-CD, die er von Oberelsbach an den Musiksender geschickt hat, war noch ohne einen LC-Code. Den müsse man beantragen, um die Lieder urheberrechtlich abzurechnen, sagt Meyer. Das will er irgendwann mal machen, wenn er neben seinen sechs Stücken noch weitere produziert hat.
Bewusst aus Werbebranche ausgestiegen
Momentan ist er dabei für einen Komponisten aus Rheinsberg eine CD zu arrangieren. Das macht er über seine Firma av-Image. Die hatte Meyer gegründet, als er in die Werbebranche eingestiegen ist. Vor zwölf Jahren machte er einen Cut. „Ich wollte nicht länger die Hure vom Dienst sein“, beschreibt er diesen harten Schritt. In Düsseldorf hatte er bei einer Werbeagentur namhafte Auftraggeber wie Ford, Theramed, Ültje oder Teekanne. Musik und Videos waren dem gelernten Klavier- und Cembalobauer und späteren Tontechniker Meyer aber wichtiger als das hektische Arbeitsleben in der Medienstadt.
Damals hatte ihn ein Freund in die Rhön eingeladen. „Der hatte hier mit seinen Eltern ein Ferienhaus und schwärmte mir immer vor, wie schön es in diesem Landstrich sei.“ Sein Fußballkamerad lud ihn dann mal zum Wandern ein. Meyer buchte im Hotel Sonnetau in Fladungen. „Als ich damals aus dem Auto stieg und die Luft einatmete, wusste ich: Wow. Saugut, da will ich mal leben.“ Er suchte sich mit seiner Lebensgefährtin ein Haus, wurde in Stetten fündig – und zog dann einige Jahre später nach Rothhausen bei Maßbach. Dort stand eine Mühle zum Verkauf.
Mitglied im Wendelinus Chor
Die hat er auf links gedreht und sie sorgsamst mit Rhöner Handwerkern hergerichtet. In Rothhausen hat sich der Musiker, der früher mit seiner Gruppe auch Vorband der Toten Hosen war und mit Fehlfarben und Kraftwerk aufgetreten ist, dem Wendelinus Chor angeschlossen. Doch bald kam es für ihn zum nächsten tiefen Einschnitt im Lauertal. In Rothhausen wurde ein Windpark projektiert. „Ich hasse Windräder!“, gesteht der Ostfriese. Zunächst engagierte er sich mit einer Bürgerinitiative gegen den Bau des Parks. Er produzierte dafür auch ein vielbeachtetes Video samt Protestsong. Nur, genutzt hat es nichts. Die Windräder wurden gebaut.
„Es stand zur Debatte, dass wir wieder nach Düsseldorf ziehen. Dann aber habe ich von dem Haus in Oberelsbach erfahren. Es stand zur Miete. Dann bin ich einfach wieder in die Rhön gekommen.“ Und von seinem Studio unterm Dach aus macht er seine Musik- und Video-Projekte. Für die Lebenshilfe-Werkstatt Sennfeld hat er einen Imagefilm produziert. Sein nächstes Projekt ist aber die Musik. „Ich will ein abendfüllendes Programm erarbeiten, um 2019 wieder live zu spielen. Dafür sucht er Musiker. „Zehn, fünfzehn Gigs sollten es schon werden“, gibt Meyer als ehrgeiziges Ziel vor. Vielleicht wird „Twixum“ auch außerhalb von Ostfriesland ein Hit.