Ein Dorfladen für die Nahversorgung oder neue Ideen, um dem Leerstand entgegenzuwirken. An Ideen für das Landleben im 21. Jahrhundert mangelt es nicht. Trotzdem zieht es in Rhön-Grabfeld wie in der ganzen Welt die Menschen zunehmend in die Großstädte. Grund genug, in einer Regionalkonferenz das Thema umfassend zu diskutieren. Und zu dem Schluss zu kommen, dass ein Landleben einfach das bessere Leben ist.
Den Begriff des „glücklichen Landlebens“ verbindet man mit blühenden Wiesen, grasenden Kühen, den Bergen im Hintergrund bei strahlendem Sonnenschein. So jedenfalls vermitteln Medien das glückliche Landleben. Doch was braucht es noch alles, um in ländlichen Regionen gut und glücklich leben zu können? Ursula Schneider, Regionalmanagerin, hatte zu einer Regionalkonferenz ins Kloster Wechterswinkel eingeladen. Einen Tag lang wollte sie dort Modelle der Zukunft für das Leben auf dem Lande vorstellen. Und auch einen Blick auf die Wirtschaft werfen, denn ohne Arbeit ist es in der Stadt wie auf dem Lande nicht wirklich gut zu leben.
Aktiv gegen Leerstände
Bad Neustadt und der Landkreis Rhön-Grabfeld gelten als Boomregion. In der Kreisstadt gibt es fast so viele Arbeitsplätze wie Einwohner. Doch die Wirtschaftskraft der Stadt reicht nur einige Dörfer weiter. Im weiteren Umland kämpfen die Gemeinden um ihre Einwohner und gegen den Leerstand. Zum Beispiel mit Nahversorgungskonzepten wie dem Dorfladen in Unsleben, den Elisabetha Machon auf der Konferenz vorstellte, oder das Projekt „Tüten packen“ in der Gemeinde Sulzdorf, vorgestellt von Bürgermeisterin Angelika Götz.
Wie Dorfgemeinschaften aktiv gegen Leerstände auf dem Lande vorgehen, zeigte Christian Wittmann vom Verein Besser gemeinsam leben Haßberge auf. Tipps wie man junge Leute mit ins Boot holt und dem demografischen Wandel entgegentritt, gab es von Professor Waldemar Stange von der Leuphana Universität Lüneburg.
In einer Podiumsdiskussion, moderiert von Norbert Steiche vom Bayerischen Rundfunk, wollten Vertreter aus Wirtschaft und Gesellschaft den Begriff des „glücklichen Landlebens“ an bestimmten Faktoren festmachen. Zum Beispiel am Arbeitsplatz in der Region. Davon gibt es vor allem in und um die Kreisstadt viele, und diese ermöglichen das Leben auf dem Lande.
Das scheint sich aber noch nicht überall rumgesprochen zu haben. Schließlich suchen Unternehmen wie die Erhard GmbH & Co. KG aus Bad Königshofen oder die Wäscherei Ullmer aus Bad Neustadt händeringend nach Arbeitskräften. „Wir bekommen auf Anzeigen teilweise keine einzige Bewerbung und suchen Mitarbeiter auch im Ausland“, sagte Karin Erhard. Als „extrem schwierig“ stufte auch Stephan Ullmer-Kadierka die Lage auf dem Arbeitsmarkt im nördlichen Unterfranken ein. „Und wenn wir Mitarbeiter aus der Fremde zu uns locken, dann finden diese hier keinen Wohnraum“, schilderte Ullmer-Kadierka die Situation.
Von einigen Unzulänglichkeiten wie dem knapp dimensionierten öffentlichen Personennahverkehr, immer weniger Hausärzten auf dem Lande oder viel zu wenig (Miet-) Wohnraum abgesehen, lässt es sich auf dem Lande in Rhön und Grabfeld dennoch gut leben.
Ralf Kaminski, Schulleiter der Wirtschaftsschule und der FOS/BOS in Bad Neustadt, kam vor drei Jahrzehnten in den Landkreis und will nicht mehr weg. Dass seine Schüler nach ihrem Abschluss die Region erst mal verlassen, um einen Beruf zu lernen und zu studieren, ist für Kaminski verständlich. Durch die Aufrechterhaltung der Kontakte zu den Ehemaligen sollen diese nach Ausbildungsende wieder zur Rückkehr aufs Land animiert werden. „Das sehr gute Bildungsangebot muss erhalten bleiben“, forderte Kaminski.
Egal ob Erst- oder Zweitwohnsitz auf dem Lande, einen Bezugspunkt brauchen Menschen, betonte Pastoralreferent Thorsten Kapperer: „Wir brauchen halt eine Heimat!“ Und diese sollte nach Ansicht aller Teilnehmer der Diskussion unbedingt auf dem Lande sein. „Hier ist es einfach klasse zu leben“, gab Stephan Ullmer-Kadierka unumwunden zu.
Es braucht neue Ideen
Neue Ideen braucht es dennoch. „Es reicht nicht, Dorfplätze neu zu pflastern und die Häuser anzustreichen“, sagte Thomas Habermann in seinem Fazit. Einen Kritikpunkt bemerkte der Landrat zum Abschluss der Konferenz zudem. Auf dem Programm war der Titel „Glückliches Landleben“ mit einem Fragezeichen versehen. Hier hätte der Landrat gerne ein Ausrufezeichen stehen.