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MELLRICHSTADT
Offenbarung unterm Kirchendach
Sanierung von St. Kilian: Die Mellrichstädter Kirche hat ein neues Dach. Darunter wurde im Zuge der Arbeiten ein Problem sichtbar, das jetzt angegangen werden muss: die Sicherung der Decke im Südschiff.
Imposanter Anblick: Der Dachstuhl der Mellrichstädter Stadtkirche St. Kilian wurde von Fachleuten eingehend unter die Lupe genommen.
Foto: Dominik Wukowojac | Imposanter Anblick: Der Dachstuhl der Mellrichstädter Stadtkirche St. Kilian wurde von Fachleuten eingehend unter die Lupe genommen.
Simone Stock
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:16 Uhr

Warum ist das Dach von St. Kilian eigentlich so wellig, obwohl es doch neu gemacht wird? Architekt Dominik Wukowojac muss angesichts solcher Fragen aus den Reihen der Gemeindemitglieder schmunzeln. Die leichte Bewegung im Dach der Mellrichstädter Stadtkirche ist nämlich durchaus gewollt – das jahrhundertealte Gebäude soll mit neuem Dach eben nicht neu aussehen. Gut gemachtes Understatement.

Seit fast drei Monaten ist die Sanierung der historischen Kirche bereits in Gang. Ende Juni wurde das Gotteshaus eingerüstet, Anfang Juli stiegen die Arbeiter aufs Dach. Zeitlich lief alles nach Plan, es gab bislang keine Verzögerungen, freut sich der Architekt. Nun, nachdem das Dach nahezu fertiggestellt ist, fragen sich manche Beobachter, warum es fast so wellig ist wie vorher. Ganz einfach: Einen historischen Dachstuhl kann man nicht so eindecken wie einen Neubau. Und das ist auch gar nicht gewünscht für ein denkmalgeschütztes Gebäude wie St. Kilian. „Aber die Übergänge werden mit der Zeit noch sanfter“, verspricht Dominik Wukowojac. Beim jüngsten Ortstermin war das Denkmalamt augenscheinlich sehr zufrieden mit der Optik, verrät er.

Im Innenbereich wurden im Zuge der Dacherneuerung an den Holzkonstruktionen des Dachstuhls die Feuchteschäden der letzten Jahre beziehungsweise Jahrhunderte beseitigt. „Wir konnten den Dachstuhl im Vorfeld bis in die hinteren Ecken recht gut unter die Lupe nehmen und wussten ziemlich genau, was auf uns zukommt“, so Wukowojac.

Dabei haben die Verantwortlichen versucht, so wenig wie möglich in die Bausubstanz einzugreifen. Geschädigte Balken wurden zum Beispiel nur an den fauligen Stellen ersetzt und dann mit einem speziellen Verfahren an den bestehenden Balken „angeplattet“ und gesichert. Feuchte Stellen an der Dachkonstruktion wurden trockengelegt, damit das Holz nicht weiterfaulen kann. „In feuchtem Milieu haben Pilze leichtes Spiel“, sagt der Architekt. Dem soll damit vorgebeugt werden. Insbesondere im Nordschiff hatten die Arbeiter diesbezüglich einiges zu tun, auf der Südseite waren deutlich weniger Balken geschädigt.

Bis Mitte September liefen die Arbeiten nach Plan. Dann wartete eine Überraschung auf die Planer und Handwerker. Bei den Arbeiten am Dachstuhl wurde Architekt Wukowojac auf ein Problem aufmerksam, das, wie er sagt, bei derart alten Bauten durchaus auftreten kann, wenngleich man gerne darauf verzichtet hätte. Die Deckenschalung im Südschiff ist über vier Gefache lose, ein Brett hängt gar nur noch am Anfang und am Ende am Balken fest. Wie lange schon, weiß niemand. Aber sobald das Problem erkannt war, handelten die Verantwortlichen unverzüglich: Das südliche Seitenschiff wurde in der vergangenen Woche gesperrt. Eine Vorsichtsmaßnahme, aber „es könnte was runterkommen“, wie der Mellrichstädter Architekt anführt. Ein Deckensturz, wie er sich im Oktober 2013 in der Kirche in Strahlungen ereignet hat, soll sich schließlich in Mellrichstadt nicht wiederholen.

Sichtbar wurde das Ausmaß des Schadens erst, als Tonnen von Schutt und Mineralwolle aus dem Dachstuhl von St. Kilian herausgeräumt waren. Der Schutt hatte sich im Laufe der Jahrhunderte angesammelt, wenn Maßnahmen am Dach angepackt wurden. Der Bauabfall blieb einfach liegen. Und die Mineralwolle wurde wohl zu energetischen Zwecken bei früheren Maßnahmen eingesetzt, hätten der Konstruktion laut Wukowojac aber eher geschadet als Nutzen gebracht. Denn in der Mineralwolle hielt sich die Feuchtigkeit und bot Angriffsfläche für Holzschäden. Und nicht zu vergessen: Berge von Taubenkot wurden vom Gebälk entfernt. Keine schöne Arbeit, wie der Architekt anhand von Bildern deutlich macht.

Und dann eben das: Kaum war der Dachstuhl leergeräumt, wurde der Schaden an der Deckenschalung sichtbar. „Jetzt ist die Frage: Wie lange gibt es das Problem schon, und wie sichern wir die Schalung – so, wie sie jetzt ist“, sagt Dominik Wukowojac. Denn die Schalung begradigen könne man nun nicht mehr. Die darunterliegende Stuckdecke im Südschiff würde das nicht unbeschadet überstehen. Der Architekt wird nun in Gesprächen mit dem Denkmalamt und dem Diözesanbauamt abklären, was am besten zu tun ist.

Gewicht hat in dem Zusammenhang auch das Urteil des verantwortlichen Restaurators des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege, so Wukowojac. Das Raumgerüst wird daher natürlich erst einmal stehen bleiben, und das Seitenschiff bleibt bis auf weiteres gesperrt.

Welche Kosten durch diese Maßnahmen entstehen, kann der Planer noch nicht sagen. Sicher ist jedoch: Außen kann ohne Verzögerung weitergearbeitet werden. Das Kirchendach ist in weiten Teilen eingedeckt und wird zügig fertiggestellt, dann folgen die Spenglerarbeiten, gefolgt von den Naturstein- und Putzarbeiten. Die ausführenden Firmen sind aus der Region: die Zimmerei Bieber (Oberstreu), die Spenglerei Rottmann und die Firma Naturstein-Halbig, beide aus Mellrichstadt, sowie die Firma Maler Fischer aus Unterwaldbehrungen.

Bis Ende Oktober sollen die Sanierungsarbeiten fertig sein. Auf die Innenrenovierung von St. Kilian muss die Kirchengemeinde aber noch eine Weile warten. In fünf bis zehn Jahren, so heißt es, ist die Maßnahme geplant. Aber unterm Dach ist dann längst alles in trockenen Tüchern.

Die Deckenschalung im Südschiff der Stadtkirche St. Kilian ist an manchen Stellen lose, die Nägel ragen ohne Verbindung zum Balken in die Höhe.
Foto: Dominik Wukowojac | Die Deckenschalung im Südschiff der Stadtkirche St. Kilian ist an manchen Stellen lose, die Nägel ragen ohne Verbindung zum Balken in die Höhe.
Gesperrt: das südliche Seitenschiff von St. Kilian. Wie die Schalung samt Stuckdecke gesichert werden kann, wird von Fachleuten überprüft.
Foto: Dominik Wukowojac | Gesperrt: das südliche Seitenschiff von St. Kilian. Wie die Schalung samt Stuckdecke gesichert werden kann, wird von Fachleuten überprüft.
Ordentlich Schutt hatte sich im Laufe der Jahrhunderte im Dachstuhl der Stadtkirche St. Kilian in Mellrichstadt angesammelt.
Foto: Dominik Wukowojac | Ordentlich Schutt hatte sich im Laufe der Jahrhunderte im Dachstuhl der Stadtkirche St. Kilian in Mellrichstadt angesammelt.
 
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