Es hat für Aufsehen gesorgt, als vor gut vier Wochen Bagger in Oberstreu anrollten und neben der Streu zu graben begannen. Bald war die Sache geklärt: Das Wasserwirtschaftsamt baut eine "Tieraufstiegshilfe", wie es etwas sperrig im Amtsdeutsch heißt. Inzwischen ist das Bauwerk fertig und leise plätschert parallel zum Bach ein kleines Rinnsaal über die Steine.
"Das ist die größte Fischtreppe Unterfranken", hat vor kurzem ein Mitglied des Gemeinderats die Einrichtung staunend bezeichnet. Doch ganz so ist es nicht, sagt Simon Engel, Abteilungsleiter am Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen-Rhön-Grabfeld. Es gebe schon noch größere, aber mit seinen geschätzten 100 Meter Länge bietet das Umgehungsgerinne einen imposanten Anblick.
Niedrige Stufen
Der etwas umständliche Ausdruck hat auch seine Berechtigung. Denn nicht nur Fische, sondern auch kleinere Lebewesen sollen auf diese Weise aufwärts ziehen und so das Wehr oberhalb von Oberstreu überwinden können. Daher sei die Höhe der einzelnen Stufen niedrig gehalten. Darüber hinaus soll die Anlage auch als Freizeitbereich genutzt werden können. Und es dient der Wasserregulierung. Nur derzeit fließt wegen des geringen Pegelstands der Streu wenig Wasser durch den neuen Seitenarm.
Die Arbeiten sind Teil des Umsetzungskonzeptes der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, erklärt Engel und sollen die Ökologie des Gewässers verbessern. Ziel ist es dabei, die Streu von der Mündung in die Saale bis an die Quelle durchgängig zu machen. Damit können Arten aus der Saale sich auch in kleinere Gewässer ausbreiten. Dazu müssen aber noch mehrere Wehre entweder beseitigt oder wie in Oberstreu umgangen werden. Somit ist noch an Einrichtungen bei Heustreu, bei Unsleben und Stockheim Handlungsbedarf.
Ambitioniertes Ziel
Solche Umsetzungskonzepte gibt es außerdem für die Milz, Els und Brend. Schwieriger sei die Situation bei der Bahra Richtung Thüringen und beim Mahlbach bei Mellrichstadt, weil die zeitweise im Sommer austrocknen. Außerdem sind bei kleineren Gewässer der dritten Ordnung die angrenzenden Gemeinden zuständig, die aber bei Investitionen in ihre Bäche oft eher zurückhaltend seien.
Siegfried Patermann, Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Streu und Nebengewässer, begrüßt die Eingriffe des Wasserwirtschaftsamts uneingeschränkt. Der freie Durchzug in den Gewässern sei seit Jahren ein Anliegen der Angler. Allerdings müssten dann auch noch die Wehre im Unterlauf der Streu umgangen werden, sonst sei der eigentliche Zweck nicht ganz erreicht.
Bis zum Jahr 2027 soll das aber erfüllt sein, hofft Engel. "Ein ambitioniertes Ziel", meint der Abteilungsleiter, da noch einige Arbeiten anstehen. Auch Oberstreu ist noch nicht ganz fertig. Zum Herbst wird der Bereich noch bepflanzt, damit ein kleiner Auwald entsteht. Dann soll auch die offizielle Inbetriebnahme mit der Gemeinde gefeiert werden.