"Dem Heldentod fürs Vaterland, folgt Lohn aus Gottes Hand" ist auf dem Totenbild von Franz Josef Kraus zu lesen. Sein Name steht sinnbildlich für die zahllosen deutschen Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben lassen mussten. Wie die Angehörigen vieler Kriegsgefallener erfuhren auch die Verwandten des Niederläurers zunächst nur den Sterbezeitpunkt- und -ort von Franz Josef Kraus. Der Zufallsfund eines Forschers könnte nun aber zumindest etwas Licht in das Dunkel der Kriegstod-Hintergründe von Franz Josef Kraus bringen.
Karl Heinz Fietta forscht seit vielen Jahren zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Betzenstein, das zwischen Nürnberg und Bayreuth liegt. Durch Zufall stieß sein Forscherkollege Rainer Seitz aus dem Nachbarort Plech auf das Sterbebild von Franz Josef Kraus, geboren am 22. März 1917 in Niederlauer und gestorben am 17. April 1945 in Betzenstein. Dies ließ er Fietta zukommen. Für den Forscher eine "Nadel im Heuhaufen", denn die Namen der drei deutschen Wehrmachtssoldaten, die bei dem amerikanischen Gegenangriff in Betzenstein ums Leben kamen, waren bisher nicht bekannt. Mit dem Fund stellte sich nun heraus, dass Franz Josef Kraus einer von ihnen war.
Genaue Todesursache ist bis heute nicht bekannt
Einer der letzten Tage vor Kriegsende, der 17. April 1945. In Betzenstein gibt es einen Gegenangriff auf den schon von den Amerikanern besetzten Ort. Ein angreifendes deutsches Sturmgeschütz wird an seiner Kette getroffen und rollt rückwärts zurück in einen kleinen Garten. "Damit war es zwar eigentlich aus der direkten Schusslinie hinaus", schildert Karl Heinz Fietta aus den Zeitzeugen-Erzählungen seiner Mutter. Doch die sich auf dem brennenden Geschütz befindlichen Soldaten müssen aus dem Fahrzeug fliehen. Franz Josef Kraus versucht offenbar noch, sich in die Erde einzugraben. Doch er und zwei weitere Flüchtende haben keine Chance und werden erschossen.
Der Niederläurer Franz Josef Greb ist ein Neffe von Franz Josef Kraus. Kennengelernt hat er seinen Onkel nicht mehr. An einige Details aus Erzählungen seiner Mutter Johanna - eine geborene Kraus und Franz Josef Kraus' Schwester - erinnert sich Franz Greb aber doch. "Man hat mir erzählt, dass sein Taufpate Alois Katzenberger Franz Josef am Ende eines Heimaturlaubs nicht mehr fort lassen wollte in den Krieg", erinnert sich Greb.
"Die sperren mich ein, die erschießen mich", soll Franz Josef Kraus damals gesagt haben. "Sein 'Dood' (Anmerkung der Redaktion: altes Wort für Taufpate) wollte ihn dann im Keller verstecken oder eingraben. Aber das ging natürlich nicht, sonst wäre Franz Josef ein Fahnenflüchtiger gewesen. Er musste also wieder fort in den Krieg", ergänzt Greb.
Der Vorname verbindet Onkel und Neffe
Franz Josef Greb und seinen Onkel Franz Josef Kraus verbindet neben verwandschaftlichen Beziehungen noch etwas anderes: der Vorname. "Franz Josef Kraus ist 1945 gefallen, ich bin 1949 geboren. Es war also alles noch recht frisch. Ich vermute, dass dann, was den Namen angeht, wieder ein Franz Josef 'hermusste', so war das in den Familien ja früher oft", vermutet Franz Josef Greb, der normalerweise nur Franz gerufen wird.
Seine Mutter Johanna habe zeitlebens den frühen Tod ihrer eigenen Mutter sowie den Verlust ihrer beiden Geschwister nicht überwinden können und nicht viel darüber gesprochen. Ihr Bruder Johann (geboren 1922) blieb im Krieg in Russland vermisst, Franz Josef fiel wie erwähnt 1945. Wie schmerzhaft das für sie und die anderen Angehörigen gewesen sein muss, könne man sich heute gar nicht mehr vorstellen, meint Franz Greb. Er ist sich sicher, dass es allein der Familienzusammenhalt war, der einen solche Dinge irgendwie ertragen ließ.
Franz Josef und Johann Kraus sind auf dem Kriegerdenkmal vermerkt
Auf die Namens-Tafel am örtlichen Kriegerdenkmal verweist der Niederläurer Hobby-Historiker Hans Volkmuth. Dort ist Franz Josef Kraus unter der Auflistung der Gefallenen genannt. Als Todesort ist Oberfranken vermerkt. Der Fund des Forschers sei somit zwar nicht als Sensation zu bezeichnen, aber dennoch interessant. Denn der genaue Hergang des Todes von Kraus sei bisher unklar gewesen, bestätigt Volkmuth. "Was die Sache besonders tragisch und ärgerlich macht, ist, dass Franz Josef Kraus so kurz vor Kriegsende noch sein Leben lassen musste", bedauert Volkmuth.
Beerdigungsort war den Angehörigen lange unbekannt
Nachforschungen von Karl Heinz Fietta haben ergeben, dass Franz Josef Kraus zunächst auf dem Betzensteiner Friedhof beerdigt wurde. "Am 17. Mai 1951 wurde Kraus dann umgebettet auf die Kriegsgräberstätte St. Georgen (Bayreuth), Grab 818, wo er noch heute ruht", erläutert Fietta. Die Angehörigen von Franz Josef Kraus erfuhren erst viele Jahre nach dessen Tod, wo er seine letzte Ruhe fand. Franz Greb: "Betzenstein als Todesort war uns bekannt. Aber erst in den 1980er-Jahren fanden wir dann über das Rote Kreuz heraus, dass er auf dem Soldatenfriedhof in Bayreuth liegt".
Beim Roten Kreuz habe man damals auch den vermissten Johann Kraus - der Bruder von Franz Josef und Johanna Kraus - für tot erklären lassen. Vor vielen Jahren ist Franz Greb einmal zum Bayreuther Soldatenfriedhof gefahren und hat die Grabstelle seines Onkels Franz Josef Kraus besucht. Grebs Mutter Johanna lebte damals noch, wollte aber nicht mitgehen.
Woran Franz Josef Kraus genau starb, ist nicht geklärt. Als Todesursache gaben Zeitzeugen einen Bauchschuss an, doch sicher ist dies keineswegs. Fietta: "Es erscheint mir ungewöhnlich, dass die drei gefallenen bisher unbekannten Soldaten nicht im Gedenkbuch für die Kriegsgefallenen in der Betzensteiner Kirche aufgeführt sind. Auch im Beerdigungsbuch findet sich zu ihrer Identität und Todesursache nichts". Die Kirchenbücher, die hier vielleicht Aufschluss geben könnten, seien an das evangelische Landeskirchliche Archiv abgegeben worden. Ein Zugriff auf diese sei momentan nicht möglich.
Bis ins letzte Detail konnte das Schicksal von Franz Josef Kraus somit bis heute nicht aufgeklärt werden, doch Karl Heinz Fietta wird weiter forschen. Und vielleicht trägt der Zufallsfund dazu bei, dass Franz Josef Kraus' noch lebende Angehörige nun zumindest etwas genauer über seinen tragischen Tod Bescheid wissen - 75 Jahre nach Kriegsende.