
Ein sonniger Nachmittag kurz vor Ostern am Biebrichshof in Unterwaldbehrungen: Vorsichtig nähert sich die zweijährige Paulina Pawlik dem Käfig, auf dem zwei Kaninchen sitzen. Sie streckt ihre Finger aus und streicht einem der beiden durchs Fell. Sie blickt dabei konzentriert auf das Tier, auf ihren Lippen liegt ein Lächeln. "Mama, Mähgurke" ruft Paulina – so heißen in ihrer Sprache die Karotten, die sie den Kaninchen und Ziegenbock Manni gerne füttert.

Angst vor Tieren, wie sie Gleichaltrige haben, kennt Paulina nicht. Die Zweijährige sowie Ronja Wittek (10) und Emilio Graf (15) gehen respektvoll, aber ohne Furcht mit den Kaninchen um. Das liegt wohl daran, dass ihr Opa Helmut Fritzges – er ist langjähriger Züchter in den Kleintierzuchtvereinen Oberelsbach und Bastheim – sie von Klein auf mitnimmt zu seinen Tieren.
Bernhard Then und Helmut Fritzges leben schon immer mit Tieren zusammen
Auch Fiona Büttner (4), die Enkelin von Bernhard Then (Vorstandsmitglied im Kleintierzuchtverein Oberelsbach), hat weder Scheu vor den Kaninchen noch vor Ziegenbock Manni, der kreuz und quer über den Biebrichshof flitzt. Bernhard Then und Helmut Fritzges sind selbst mit Tieren aufgewachsen. "Ich bin so auf die Welt gekommen. Mir ging es als Kind zu Hause nicht anders als den Kleinen hier", sagt der 63-Jährige.

Worauf die Preisrichter bei Schauen achten
Dafür, dass Then und Fritzges 1986 in den Kleintierzuchtverein eintraten, ist ein bestimmtes Tier verantwortlich: Die beiden Freunde wollten unbedingt die größten Riesenkaninchen haben. Auch wenn sie heute andere Arten züchten, der Kleintierzucht im Verein sind sie treu geblieben. "Es macht Spaß und jeder hat halt ein anderes Hobby", begründet Bernhard Then. Regelmäßig präsentieren die Männer ihre Tiere auf Regional-, Landes-, Bundes- oder Europaschauen.
Preisrichter bewerten die Kaninchen dort nach Kriterien wie Gewicht, Kopfstärke oder der Schönheit des Fells. Bevor sie zu den Ausstellungen fahren, machen die Züchter ihre Kaninchen schön. "Die Krallen werden geschnitten, die Tiere werden geputzt und gekämmt", erklärt Bernhard Then.

Alles laufe artgerecht ab. "Ich schneide mir ja auch die Fingernägel. Wenn die Tiere solche Krallen haben, dass sie nicht mehr laufen können, bringt ihnen das doch auch nichts". Der liebevolle Umgang stehe im Vordergrund. „Ohne Tierliebe geht es nicht“, bestätigt Fritzges.
Was Jungzüchter Emilio aus Unterwaldbehrungen motiviert
Doch egal, wie groß die Tierliebe ist: Zum Hobby Zucht gehört auch Arbeit. "Nur ein-, zweimal füttern und das war es dann? Das geht nicht, man muss jeden Tag da sein und zum Beispiel auch für den Urlaub jemanden suchen, der die Tiere versorgt", gibt Bernhard Then zu bedenken. "Früh übt sich", sagt Helmut Fritzges.
Deshalb binden die beiden beim Füttern, Streicheln und Pflegen der Tiere schon die Jüngsten mit ein. Die älteren Enkel Ronja und Emilio begleiten ihre Opas außerdem so oft wie möglich zu Schauen. Von den 25 Mitgliedern des Kleintierzuchtvereins Oberelsbach sind fünf im jugendlichen Alter, darunter Emilio.

"Ich mag es, dass ich das zusammen mit dem Opa machen kann", beschreibt er seine Motivation. Bei aller Freude ist es für ihn aber auch normal, sich von einem Tier trennen zu müssen, wenn es aussortiert und geschlachtet wird.
"Das gehört dazu und macht mir nichts aus. Die Tiere haben außerdem aus Prinzip keine Namen, da man sonst eine zu enge Bindung zu ihnen aufbauen würde", sagt Emilio. "Bei den vielen Kaninchen könnte sich die einzelnen Namen eh niemand merken", fügt Ronja hinzu und lacht.
Was machen Kaninchenzüchter an Ostern?
Auch wenn sie jeden Tag mit vielen Hasen zu tun haben: Für die Kaninchenzüchter Then und Fritzges und ihre Enkel ist Ostern kein außergewöhnlicheres Fest als für andere Menschen. "Bei uns bringt kein eigener Osterhase die Geschenke", sagt Ronja. "An Ostern wird ein Tier ausgewählt und wir binden ihm eine rote Schleife um den Hals", scherzt ihr Opa Helmut Fritzges.
Während die zweijährige Paulina dem Kaninchen durchs Fell streicht, macht sie sich wohl eher weniger Gedanken über das Osterfest. Den Kaninchen scheint es ebenso egal zu sein, ob Ostern, Weihnachten, Silvester oder überhaupt kein Fest im Kalender steht: Bei den Züchtern Helmut Fritzges und Bernhard Then und ihren Enkelkindern werden sie das ganze Jahr über umsorgt, gestreichelt – und mit "Mähgurken" gefüttert.