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Mellrichstadt
Neues Leben für das jüdische Schulhaus
Das ehemalige jüdische Schulhaus wird zu einem Wohnhaus für Asylbewerberfamilien mit Bleiberecht umgebaut. Alte Bausubstanz wird so erhalten. Im Herbst soll Einzug sein.
Das Dach ist schon neu eingedeckt: Die Arbeiten am ehemaligen jüdischen Schulhaus in der Kapellengasse 3 kommen gut voran. Im Herbst sollen zwei Asylbewerberfamilien mit Bleiberecht einziehen können.
Foto: Gerhard Fischer | Das Dach ist schon neu eingedeckt: Die Arbeiten am ehemaligen jüdischen Schulhaus in der Kapellengasse 3 kommen gut voran. Im Herbst sollen zwei Asylbewerberfamilien mit Bleiberecht einziehen können.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:50 Uhr

In die ehemalige jüdische Mädchenschule in der Mellrichstädter Kapellengasse 3 soll wieder Leben einziehen. Das einst recht baufällige Gebäude wird seit Sommer des letzten Jahres zu einem Wohnhaus für zwei Asylbewerber-Familien mit Bleiberecht umgebaut. Der Bauausschuss machte sich bei seiner Sitzung am Donnerstag ein Bild vom Fortgang der Arbeiten.

Seit Sommer letzten Jahres ist das als 'Jüdische Mädchenschule' bekannte Gebäude in der Kapellengasse 3 eingerüstet. 
Foto: Gerhard Fischer | Seit Sommer letzten Jahres ist das als "Jüdische Mädchenschule" bekannte Gebäude in der Kapellengasse 3 eingerüstet. 

Architekt Dominik Wukowojac stellte den Ausschussmitgliedern den Stand der Dinge vor. So konnte man sich über das neu gedeckte Dach informieren, die anstehenden Verputzerarbeiten mit Gebäudeisolierung und den zukünftigen Zuschnitt der Räumlichkeiten. Jeweils zwei Kinderzimmer, eine Küche, ein Wohnzimmer und Sanitäreinrichtungen sind geplant. Es sollen separate Zugänge geschaffen werden.

Projekt 2015 in Angriff genommen 

Wie Bürgermeister Eberhard Streit erläuterte, kümmert sich die Stadt schon seit 2015, also seit der Hochzeit der Flüchtlingswelle, um das Projekt. Im Rahmen der Städtebauförderung werden nämlich Wohnprojekte für anerkannte Flüchtlinge unterstützt, wenn sich diese im Fördergebiet befinden. Die Stadt hat sich schnell um eine Förderung beworben. Integrierten Flüchtlingen  Wohnraum bieten und gleichzeitig historische Bausubstanz in der Altstadt zu erhalten, das war eine verlockende Kombination.

Noch einiges zu tun gibt es im Innenbereich des alten jüdischen Schulhauses, wie Architekt Dominik Wukowojac (rechts) den Mitgliedern des Bauausschusses erläuterte.
Foto: Gerhard Fischer | Noch einiges zu tun gibt es im Innenbereich des alten jüdischen Schulhauses, wie Architekt Dominik Wukowojac (rechts) den Mitgliedern des Bauausschusses erläuterte.

Dennoch hat sich das Projekt hingezogen, bis im Sommer letzten Jahres die ersten Arbeiter anrücken konnten. Das Haus steht auch unter Denkmalschutz, entsprechend müssen einige Vorgaben eingehalten werden. Auch teure Sprossenfenster müssen eingebaut werden, weil die Denkmalschutzbehörde das verlangt. Für Dominik Wukowojac nicht unbedingt nachzuvollziehen, weil es wichtigere Komponenten denkmalgerechten Bauens gebe. Natürlich sei die Rettung der alten Bausubstanz kostspielig, aber es werde eben auch Mellrichstädter Baugeschichte erhalten. 

Bisher im Zeitplan

Bisher befinde sich alles im Zeitplan, konnte der Mellrichstädter Architekt dem Gremium mitteilen. Was die anstehenden Ausschreibungen für die Inneninstallationen betrifft, so glaubt Wukowojac aber nicht, dass alles nach Zeitplan laufen werde. "Es gibt mittlerweile erfolglose Ausschreibungen, und Bauherren müssen Ehrenrunden bei der Ausschreibung drehen", nahm es Wukowojac mit etwas Humor. Aber das Handwerk boomt und kommt mit Aufträgen nicht hinterher.

"Bis zum Herbst soll das Gebäude bezugsfertig sein", gibt der zuständige Architekt den Zeitplan vor. Dann kann neues Leben in das geschichtsträchtige Haus ziehen. 

Das jüdische Schulhaus
Geschichte des jüdischen Schulhauses von Mellrichstadt
1877 beschloss der Stadtrat von Mellrichstadt den Neubau eines Knabenschulhauses, da das alte zu klein geworden war.
1881 wurde das alte Knabenschulhaus für 3000 Mark an die jüdische Gemeinde verkauft.
Diese benutzte das Haus danach als jüdisches Schulhaus. In diesem Schulhaus wurde dreimal in der Woche nachmittags jüdischer Religionsunterricht abgehalten. Der jeweilige Lehrer hatte im ersten Stock des Hauses seine Wohnung.
1939 diente der jüdischen Gemeinde dieses Schulhaus zum Abhalten der Gottesdienste, da die Synagoge verwüstet und abgerissen worden war.
1939 wurde das Schulhaus ein sogenanntes Judenhaus. Jüdische Bürger mussten ihr ehemaliges eigenes Haus in "arische" Hände abgeben und danach in wenigen Häusern zusammengepfercht wohnen.
Im Sommer 1939 wurden die Bewohner von Nazis angegriffen und Ida Rosenbaum wurde die Treppe hinuntergestoßen. Dabei erlitt sie einen Schädelbruch, an dem sie am 10. August 1939 starb. Ihr Grab findet sich auf dem jüdischen Friedhof. Viele der damaligen Bewohner wurden Opfer des Holocaust.
Quelle: Website www.judaica-mellrichstadt.de, die auch von der Mellrichstädterin Erika Rust mitbetreut wird.
 
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