Die neue Sonderausstellung im Haus der Langen Rhön in Oberelsbach mit dem Titel „Mit 70 Karten um die Welt“ zeigt kartografische Fundstücke der Kinder- und Jugendliteratur aus drei Jahrhunderten. Der Fachbetreuer im Haus der Langen Rhön Michael Dohrmann ist von Jugend an von Landkarten fasziniert. Die Geschichte eines Buches auf einer Landkarte zu verfolgen, habe ihm schon immer viel Freude gemacht. Als er von der Ausstellung der Internationalen Jugendbibliothek München erfuhr, war für ihn klar, dass er sie in Oberelsbach zeigen möchte.
Die Karten zeigen die Welt als großes Ganzes oder in Ausschnitten: Kontinente, Länder, Ozeane, Gebirge, Inseln, Städte, Gebäude, Reiserouten und vieles mehr. Aber Karten seien nie die „Realität“, sondern nur zweidimensionale Abbilder dessen, wie Menschen sich die Welt vorstellen, sie wahrnehmen, strukturieren und wie sie sich darin orientieren. Orte werden kartiert, um sie fassbar zu machen und besser zu verstehen, erklärte Dohrmann.
Karten haben in der Kinder- und Jugendliteratur eine lange Tradition
In der Kinder- und Jugendliteratur haben Karten eine lange Tradition. In Sachbüchern sind sie häufig unverzichtbar, weil sie Orte und Landschaften greifbarer machen und es den Lesern ermöglichen, mit dem Finger auf der Karte Forscher und Entdecker auf ihren Reisen zu begleiten. In erzählenden Kinder- und Jugendbüchern, vor allem in Romanen und Bilderbüchern, werden Schauplätze der Handlung durch Karten verortet und mehr oder weniger detailliert vermessen.
Da gibt es nicht nur Karten der bekannten Welt, sondern auch zahlreiche Beispiele, die fiktive Orte in der realen Welt oder komplette Fantasiewelten zeigen. Häufig sind gerade diese so detailreich und minutiös gezeichnet, dass sie absolut realistisch und authentisch wirken, obwohl sie bis zum letzten Bleistiftstrich der Gedankenwelt und der Vorstellungskraft ihrer Erfinder und Zeichner entsprungen sind.
Lösen Navis die letzten Geheimnisse auf?
Die Ausstellung zeigt 70 Fundstücke aus den Buchbeständen der Internationalen Jugendbibliothek, darunter Karten aus wertvollen Büchern historischer Sammlungen, etwa aus Reisebeschreibungen von Joachim Heinrich Campe, illustrierten Ausgaben von Daniel Defoes „Robinson Crusoe“ oder Robert Louis Stevensons „Die Schatzinsel“. Ungewöhnliche Beispiele aus der heutigen Zeit sind unter anderem die Karten von Peter Sís und François Place. Textzitate aus den Büchern dienen zum besseren Verständnis der Karten und der auf ihnen abgebildeten literarischen Orte.
Im Haus der Langen Rhön werden aber nicht alle 70 Karten präsentiert, sondern nur 50, denn aus Platzgründen musste eine Auswahl getroffen werden. Mit der Ausstellung soll auf die jeweilige Literatur ebenso Lust gemacht werden, wie auf die Beschäftigung mit Landkarten allgemein. Dies sei gerade in der heutigen Zei, in der Navi, Google und Wikipedia die vermeintlich letzten Geheimnisse auflösen, sehr wichtig, meinte Dohrmann.
Neues Angebot in den Schulen
So werde es ab dem neuen Schuljahr auch das neue Umweltbildungsangebot „Karte und Kompass“ für dritten Jahrgangsstufen der Schulen geben. Die Umwelt bewusst wahrnehmen und sich in der Landschaft orientieren zu können, gehe immer mehr verloren. Dem möchte Dohrmann mit dem neuen Angebot entgegen wirken und diese alten Kulturtechniken erhalten und weiter vermitteln.
Oberelsbachs stellvertretende Bürgermeisterin Caroline Borst, die selbst eine engagierte Pfadfinderin war, zeigte sich erfreut über die neue Ausstellung sowie das Thema „Karte und Kompass“. Beeindruckt war sie von der Vielfältigkeit der kartografischen Darstellungen, die richtig Lust machen, neue Sehnsuchtsorte in der Literatur zu entdecken. Interessant fand sie auch, wie durch bildhafte Darstellungen komplexe politische Themen, wie beispielsweise Europa um 1850, vergleichsweise einfach erklärt und vermittelt werden. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 17 Uhr im Haus der Langen Rhön zu besichtigen. Am Dienstag ist Ruhetag.