Von den Jecken in Köln und Mainz geht das Gerücht, sie erhielten das Karnevals - beziehungsweise Fastnachtsgen schon mit der Muttermilch eingeflößt. Wenn das stimmt, dann gilt das erst recht für die 500 Einwohner des Grabfelddörfchens. Zur fünften Jahreszeit sind fast alle von Kopf bis Fuß auf Fasching eingestellt. Und wenn der Gaudiwurm sich durch die Straßen windet, ist mehr als das halbe Dorf mit dabei.
Seit 44 Jahren geht das nun schon so, wobei auch die Anfänge in dem Ort, der damals hart an der ehemaligen Zonengrenze lag, bescheiden waren. In Erich Bötsch mag der Gedanke schon länger rumort haben, als er in einer der Dorfwirtschaften in Bierlaune seine Idee preisgab. Gesagt, getan, am Rosenmontag des Jahres 1972 kuppelte Bötsch einen Ladewagen an seinen Bulldog, packte die kostümierten Kinder auf den Wagen und steuerte durch Trappstadt. Hintendrein fuhr noch ein eilends hergerichtetes Gespann aus einem alten Auto mit Güllefass und fertig war der erste Faschingszug.
Am gleichen Tag wurde der TCV, der Trappstädter Carnevalsverein, gegründet mit Fredi Treuting als Vorsitzendem. Von da an waren die Einwohner elektrisiert. Zwei Jahre später fuhren im Zug bereits elf Wagen, dazu kamen diverse Fußgruppen, heute sind es 30 Gruppen und Wagen. Bis auf die Musikkapellen kommen im wahrsten Sinne des Wortes nur Leute aus dem Dorf als Akteure zum Zuge.
Früher durften auch mal Motivwagen von außerhalb mitmachen. „Das hat sich aber nicht bewährt“, sagt der ehemalige Vereinsvorsitzende und jetzige Aktivensprecher Christian Gerstner im Gespräch mit der Main-Post, an dem auch der aktuelle Vorsitzende Roland Umhöfer und Zugmarschall Markus Reder teilnehmen. „Wir behalten uns vor, die Qualität zu prüfen“, betont Gerstner. Denn wenn es um den Faschingszug geht, dann verstehen die Verantwortlichen wenig Spaß. Das ist man den vielen Zuschauern und nicht zuletzt sich selbst schließlich schuldig.
Prinzessin mit Kleister
Die kritischen Blicke der Verantwortlichen müssen Sahra und Thorsten Bader nicht fürchten. Gut eine Woche vor dem großen Spektakel werkelt das diesjährige Prinzenpaar noch am Prunkwagen, den eine große Krone zieren soll. Die alte Jacke schon voller Kleister, pinselt die liebliche Durchlaucht eine Zeitungsseite nach der anderen voller Tapetenleim. Lage um Lage klebt Prinzgemahl Thorsten auf das Holzgerüst auf dem Podest, bis die Stabilität ausreicht, um den Faschingszug heil zu überstehen. Sie sind nicht die einzigen, die an diesem Samstag in der seit 1990 vereinseigenen Halle mit dem Wagenbau beschäftigt sind.
Zwischen 4500 und 5000 Besucher verfolgen alljährlich am Faschingssonntag den Zug. Viele immer vom gleichen Platz aus, wie Roland Umhöfer bemerkt. So wie der Bad Königshöfer Altbürgermeister Clemens Behr, der seit 40 Jahren zu den Stammgästen zählt und immer an der Zimmerei Appler steht.
Es ist die Mischung, die es macht: Politisches Zeitgeschehen findet ebenso seinen Niederschlag wie Märchenmotive oder Fernsehserienhelden. Lokales tritt dagegen in den Hintergrund, das ist dann auch mehr den Prunksitzungen vorbehalten. Sogar die Freunde alter Bulldogs kommen auf ihre Kosten, denn so ganz nebenbei ist der Zug auch eine Parade für Oldtimer-Schlepper. Manche werden nur deshalb noch aufbewahrt, um im Faschingszug zum Einsatz zu kommen.
10 000 Euro für die große Gaudi
Den Trappstädtern ist ihr Faschingszug nicht nur lieb, sondern auch ganz schön teuer. Auf gut 10 000 Euro schätzt Zugmarschall Reder die jährlichen Kosten, die etwa zur Hälfte vom Verein und den Gruppen getragen werden. Zuschüsse gibt es selbst für die Süßigkeiten, die sehr zur Freude der vielen Kinder und Jugendlichen mit vollen Händen ausgeworfen werden.
Viele Jahre lang, als noch nicht so viele Besucher die Straßen säumten, haben die Karnevalisten dabei kräftig draufgelegt, was der Begeisterung aber keinen Abbruch tat. Deswegen wird von den erwachsenen Zuschauern auch ein kleiner Obolus verlangt.
Gut 200 Leute aus dem Dorf machen beim Zug mit, weitere 150 sind als Helfer im Einsatz. Da wird jede Hand gebraucht. Auch von denen, die auswärts studieren oder arbeiten. Das geht so weit, dass Feuerwehrleute aus benachbarten Gemeinden zum Verkehr regeln eingesetzt werden.
Wenn dann nach ein paar Stunden alles wieder vorbei ist, ist es Zeit einmal durchzuschnaufen. Doch spätestens, wenn der nächste Sommer zur Neige geht, macht sich das Faschingsfieber wieder bemerkbar. Büttenreden müssen geschrieben, Ideen für den nächsten Faschingszug entwickelt werden. Und im Dezember laufen die Vorbereitungen dann richtig an.
Shuttle-Bus zum Faschingszug
Zum ersten Mal setzt der Trappstädter Carnevalsverein (TCV) in diesem Jahr am Faschingssonntag, 7. Februar, von Bad Königshofen nach Trappstadt und zurück einen Shuttlebus ein. Damit soll die Verkehrssituation durch parkende Autos im Ort etwas entlastet werden. Der Faschingszug beginnt um 13.30 Uhr, ab 10 Uhr ist die Zugstrecke im Ort gesperrt. Der kostenlose Shuttlebus startet ab 11.30 Uhr vom Parkplatz Tuchbleiche in Bad Königshofen aus etwa alle 20 Minuten nach Trappstadt. Von Trappstadt aus nach Bad Königshofen fährt der Bus dann um 15 Uhr, 16 Uhr, 17 Uhr und 18 Uhr. Treffpunkt ist am Torbogen.