Ungewohnte Geräusche dringen aus dem Klassenzimmer auf den Flur der verwaisten Grundschule in Sulzfeld. Das leise Surren stammt von den Nähmaschinen, hinter denen Dagmar Jörg und Elisabeth Trautmann einer in diesen Zeiten immer mehr aufkommenden Tätigkeit nachgehen. Sie fertigen Gesichtsmasken, während Petra Bischof für das Zuschneiden der Baumwollstoffe zuständig ist.
Alle drei sind als Reinigungskräfte in der Schule angestellt. Jetzt da der Coronavirus alles auf den Kopf stellt, nutzen sie die dafür vorgesehenen Stunden, um die Masken herzustellen. An der Tafel steht es geschrieben: Ein Stoffteil von 18 auf 20 Zentimeter, 23 Zentimeter Hosengummi und 14 Zentimeter dünnen Draht braucht es an Materialien, um eine Maske für Frauen herzustellen - die für Männer fällt etwas größer aus.
Bürgermeister Jürgen Heusinger ist auf die Idee mit dem Maskennähen gekommen, die sich schnell als hochgradig "ansteckend" erwiesen hat, um dieses derzeit verfemte Wort wieder einmal im positiven Sinnen zu gebrauchen. Bald türmten sich auf den Schulbänken die Stoffspenden aus der Sulzfelder Bevölkerung und von weiter her. Außer den Reinemachefrauen widmen sich noch zehn bis 15 weitere Frauen in "Homeoffice" der Masken-Produktion. Hunderte von Exemplaren sind so in den vergangenen Tagen fertigt worden. "Wir machen weiter, bis der Stoff alle ist", lassen die drei Frauen im Klassenzimmer wissen, dass ihr Engagement noch lange nicht erschöpft ist.
Die Maße für die Masken und das Knowhow lieferte Handarbeitslehrerin Petra Joachim-Schneider, die Anleitung auf Papier brachte deren Tochter Christina vorbei. Die Masken sollen zwar davor schützen, Erkältungen weiterzuverbreiten, dürfen aber nicht die Bezeichnung "Schutz" im Namen tragen, weil dies zertifizierten Medizinprodukten vorbehalten ist. Das Coronavirus lässt sich so eh nicht abwehren, wie die Virologen immer wieder betonen. Dazu braucht es schon spezielle Modelle mit Filtern. Trotzdem entfalten die Stoffteile, die bei 60 bis 90 Grad gewaschen werden können, schon eine gewisse Wirkung.
Die bunten Gesichtsmasken gibt es im Lebensmittelladen in der Dorfmitte
Erhältlich sind die bunten Gesichtsmasken und "Bausätze" im Lebensmittelladen in der Dorfmitte. Gegen eine Spende, die in barer Münze oder einem Schein in ein kleines Sparschwein gesteckt wird. Pro Person darf nur eine Maske mitgenommen werden, wobei sich jeder in eine Liste eintragen soll. "Damit keine Hamster-Sammlungen angelegt werden", erklärt Heusinger die Rationierung. Der Erlös, der so über die Zeit hereinkommt, soll für ein Fest der mittlerweile auf rund 70 Personen angewachsenen Anti-Corona-Gruppe des Dorfes nach Ende der Virus-Epidemi verwendet werden.
Die Gruppe kümmert sich um Bestellungen und Lieferungen für ältere Menschen aus den Ortsteilen, die zu den Risikogruppen zählen und möglichst zum Einkaufen das Haus nicht verlassen sollten. Ein Angebot, das große Dankbarkeit zur Folge hat, wie Bürgermeister Heusinger bei mehreren Anrufen von Senioren erfahren hat.