
Das Weihnachtsgeschäft brummte; und auch im Januar lief der Verkauf mit Rabatten von 50 Prozent noch gut. So kamen Herbert und Marianne Jahn zuletzt gar nicht dazu nachzusinnen, dass ihre Geschäftstradition nach 56 Jahren endet. Am 30. Januar öffnet Juwelier Jahn am Marktplatz für seine Kunden zum letzten Mal.
Die Vitrinen sind leerer geworden; die meiste Ware wurde an die Kunden gebracht. Kürzlich schaute Gerhard Höhn vom Kameradschafts- und Freundeskreis der Garnison Mellrichstadt vorbei – zum Ausmessen.
Der Verein, der im Hainberg-Areal ein Museum betreibt, möchte Teile der Inneneinrichtung übernehmen: Glasschränke, Vitrinen, eventuell die Verkaufstheken. Natürlich gegen Bezahlung.
Marianne Jahn freut sich darüber. „Es ist schön, wenn die Sachen irgendwo unterkommen; dann hat es wenigstens einen Sinn.“ Die Geschäftsleute täte es schon schmerzen, würde die Einrichtung einfach weggeworfen.
Die vergangenen Wochen waren anstrengend – auch für die langjährigen Mitarbeiter Peter Langenhan und Christa Wlost. Viele Menschen besuchten das Geschäft. Auch solche, die lange nicht da waren. Einige erzählten Geschichten, die sie im Laden und mit den Jahns erlebt hatten. „Besonders tut es mir aber den treuen Kunden gegenüber leid, dass wir Schluss machen“, sagt Marianne Jahn.
Die Inhaberin ist froh, dass nach dem 30. Januar gleich die Übergangsphase des Um- und Aufräumens beginnt. So bleibe nicht viel Zeit zu trauern. Der „große Jammer“ beginne sicher in zwei bis drei Wochen, „wenn man früh nimmer ins Geschäft reinbraucht“.
Marianne und Herbert Jahn hören im Rentenalter auf, müssen sich keine neue Beschäftigung mehr suchen. Bei Peter Langenhan und Christa Wlost ist das anders.
Uhrmachermeister Peter Langenhan fand fast eine Anstellung bei einem Hersteller, der eine alte DDR-Uhrenmarke wiederbeleben wollte. Und Christa Wlost war zuletzt so im Juweliergeschäft eingebunden, dass sie sich nicht um ihre berufliche Zukunft kümmern konnte. Das wird sie nach der Abwicklung des Geschäfts tun. Eine dritte Mitarbeiterin fiel in den vergangenen Wochen wegen Krankheit aus, hat aber nach Marianne Jahns Angaben eine Umschulung zur Krankenpflegerin begonnen.
Am 1. Dezember 1959 hatte die Tradition des Juweliers Jahn begonnen – damals noch am Linsenbrunnenplatz. Herbert Jahn hatte das Geschäft gemeinsam mit seinem Vater und dem Bruder aufgebaut. Bald war er allein dafür verantwortlich, später gemeinsam mit seiner Frau. In den 1970er-Jahren dann der Umzug an den Marktplatz, „die Hauptzeit unseres Schaffens“, wie die Jahns in einer Kundenmitteilung schreiben. 2012 zog man nach nebenan, an den jetzigen Standort in der Hauptstraße 41.
Zuletzt machte allerdings das Internet dem Geschäft schwer zu schaffen. Kunden ließen sich bei den Jahns beraten – und kauften dann online. So gelang es gerade bei den jungen Leuten immer schlechter, sie als Stammkunden zu gewinnen.
Mehr als ein Jahr suchte die Familie Jahn nach einem würdigen Nachfolger. Vergebens. Auch Sohn Jürgen wollte sich nicht auf das geschäftliche Risiko einlassen. Sein Laden für Optik und Hörgeräteakustik gleich nebenan bleibt von der Schließung des Juweliers unberührt.
Zum Abschluss bleibt der Familie Jahn nur, sich bei den Kunden für ihre Treue zu bedanken. Ohne sie „wäre diese Entwicklung über fast sechs Jahrzehnte nicht möglich gewesen“.
Doch weil die Zeiten sich grundlegend geändert haben, äußern die Jahns noch eine Bitte: Die Kunden sollen, gerade in der vom Internet dominierten Zeit, „den kleinen, liebevollen Geschäften, dem Handel vor Ort, weiter eine faire Chance“ geben. Denn mit dem Kaufverhalten bestimmten sie, „ob unser Städtchen weiter lebhaft bleibt und blüht“.


