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OBERELSBACH
Nachdenken über Heimat am Heidelstein
Die Kranzniederlegung und das Gedenken an alle verstorbenen Rhönklubmitglieder ist der emotionale Höhepunkt der Heidelsteinfeier. In diesem Jahr war Landrat Thomas Habermann (links) der Festredner, der mit dem Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt den Kranz niederlegte.
Foto: Marion Eckert | Die Kranzniederlegung und das Gedenken an alle verstorbenen Rhönklubmitglieder ist der emotionale Höhepunkt der Heidelsteinfeier.
Marion Eckert
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:10 Uhr

Schöner hätte das Wanderwetter zur diesjährigen Heidelsteinfeier des Rhönklubs nicht sein können. Der strahlende Sonnenschein gab eine Erinnerung an den traumhaften Sommer und lockte viele Rhönklubfreunde in die Natur. Landrat Thomas Habermann, der in diesem Jahr als Festredner zur Heidelsteinfeier gekommen war, räumte unumwunden ein, wie sehr er die vielen Wanderer und Naturfreunde beneidet, vor allem die, die den Tag nutzen konnten und zu Fuß zum Heidelstein gekommen waren. „Ich bin ein armer Hund“, erinnerte er sich an einen alten, mittlerweile verstorbenen Freund aus Ginolfs, der ihn einmal so bezeichnet habe. Mit dem Auto fahre er bei diesem herrlichen Wetter zum Heidelstein, statt die Wanderschuhe zu schnüren und den Rucksack auf zunehmen.

Keine Bilderbuchidylle

„Heimat und Kultur im Wandel der Zeit“, so lautete die Überschrift über der Festrede. Heimat, sei kein einfacher Begriff. „Er ist emotionsgeladen und ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass er allzu oft missbraucht wird. Mir geht es beim Thema Heimat nicht darum, eine Bilderbuchidylle unserer bayerisch-fränkischen Heimat abzubilden oder Idealzustände zu stilisieren, sondern wir sollten genau hinschauen, was für jeden Einzelnen Heimat bedeutet und bedeuten kann.“

Der Begriff Heimat drücke den grundlegenden Wunsch im Menschen aus nach: „Hier fühle ich mich geborgen, hier bin ich ganz.“ Durch die Globalisierung erfahre die Bedeutung von Region und Regionalität zunehmend an Gewicht. Heimat gebe Wurzeln und stabilisiere, gegenüber allen Zwängen, die von außen an die Menschen herangetragen werden, die Sorgen, Ängste, Unsicherheiten und Desorientierung auslösen können. „Umso wichtiger ist es, fest verwurzelt zu sein, einen Heimatbegriff zu haben und im Inneren zu spüren.“

Viele Herausforderungen

Eine Herausforderung sei die Globalisierung mit einer immer weiter steigenden Mobilität, die Geschwindigkeit der technischen Entwicklungen und der Digitalisierung, in der alles auf ein weiter und schneller ausgerichtet sei. Informationen, können in kürzester Zeit ausgetauscht werden, ja überschütten und überfordern in ihrer Menge und Geschwindigkeit. Zeit in Ruhe einen Brief zu schreiben, in dem man auf den anderen eingehe, habe doch heute kaum noch jemand. Alles werde kürzer und oberflächlicher, oft gar nicht mehr in richtigem Deutsch. „Das belastet uns“, so der Landrat.

Als digital-nativ, als digitaler Eingeborener, werden die jungen Menschen heute bezeichnet, die ganz selbstverständlich mit digitaler Technik im digitalen Zeitalter aufwachsen. Dagegen zu setzen sei eben ein intensiver und gelebter Begriff Heimat, der Kindern und Jugendlichen Halt, Orientierung und Wurzeln gebe. Das beginne beim Naturerlebnis auch einmal ohne Smartphone, das der Landrat als „modernes Gebetbuch des Teufels“ bezeichnete, ein Begriff der in früherer Zeit dem Kartenspiel zugesprochen wurde.

Brauchtum bewusst leben

Natürlich gehe es nicht darum die Zeit zurückzudrehen, denn Heimat sei eben auch einem Wandel unterworfen. Es gehe auch nicht darum, Brauchtum künstlich hochzuhalten, sondern bewusst zu leben. Auch Bräuche unterliegen dem Wandel zwischen gestern und heute. Heimat sei geografisch zu verorten aber eben auch eine innere Einstellung. Als Beispiel nannte der Landrat die vielen nach dem zweiten Weltkrieg Vertriebenen, die eine neue Heimat haben finden können.

Anhand einiger Gedanken und Sinnsprüche zum Thema Heimat zeigte der Landrat ganz individuelle Sichtweisen auf. Aristophanes habe gesagt: „Wo es dir gut geht, ist Heimat“, Dostojewski: „Ohne Heimat sein, heißt leiden“ und der Bundespräsident: „Verstehen und verstanden werden – das ist Heimat“. Herbert Grönemeyer meinte: „Heimat ist kein Ort, Heimat ist ein Gefühl“. Die für den Landrat schönste Bezeichnung stammt von Hermann Hesse: „Heimat ist nicht da oder dort. Heimat ist in dir drinnen oder nirgends.“

Gedenken an 408 Verstorbene

Zu jeder Heidelsteinfeier gehört auch die Kranzniederlegung im Gedenken an alle verstorbenen Mitglieder. Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt und Landrat Thomas Habermann legten den Kranz nieder und gedachten speziell den 408 Rhönklubmitgliedern, die seit der letztjährigen Heidelsteinfeier ihre letzte Wanderung angetreten haben. Der Rhönklub-Präsident erinnerte aber auch an die Menschen, die auf dem Weg heraus aus Kriegsgebieten ihr Leben verlieren, die sich auf nichtseetüchtig Schiffe begeben, in Seenot geraten und im Meer elendiglich ertrinken und die Menschen, die in einem Schleuserfahrzeug erstickten, weil sie wie Abfall an der Straße abgestellt wurden.

Die Heidelsteinfeier ist Jahr für Jahr ein großes Treffen der Rhönklub-Familie.
Foto: Marion Eckert | Die Heidelsteinfeier ist Jahr für Jahr ein großes Treffen der Rhönklub-Familie.
Seit 50 Jahren sorgt Alois Weber (Mitte) vom Rhönklub-Zweigverein Oberelsbach für Sauberkeit und Ordnung am Ehrenmal des Rhönklubs auf dem Heidelstein. Vor der Heidelsteinfeier mäht er die Anlage und achtet darauf, dass alles würdig vorbereitet wird. Für sein ehrenamtliches Engagement überreichte ihm der Rhönklub-Präsident Jürgen Reinhardt das Grüne Band der Rhön. Glückwünsche und Dank sprach ihm auch der Vorsitzende der Saale-Sinn-Region Konrad Tripp aus.
Foto: Marion Eckert | Seit 50 Jahren sorgt Alois Weber (Mitte) vom Rhönklub-Zweigverein Oberelsbach für Sauberkeit und Ordnung am Ehrenmal des Rhönklubs auf dem Heidelstein.
 
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