In gerader Haltung sitzt Jannis Witz auf dem Hengst Piani, sein Reitkollege Yannick Buchen ist mit der Stute "Abba" neben ihm. Schnell merkt man, dass "Abba" heute "gut drauf ist" und einfach losrennen möchte. Piani dagegen will es etwas langsamer angehen und so hat Jannis alle Mühe, ihn zum Traben zu bringen. Doch mit Hilfe der beiden Trainerinnen Sabine Nolting und Merle Seufert gelingt das Reittraining für den Pfingstmontag doch noch. Seit zehn Wochen sind Jannis Witz, Yannick Buchen, Luis Wiener, Linus Hey, Merlin Josefes, Marius Mauer und Julian Buhrt im Training. Zunächst am Rothof bei Sulzfeld und dann in Rothausen bei der Reittherapeutin Sabine Nolting.
Dort haben sie gelernt, mit den Pferden als Partner umzugehen, sie kennen zu lernen und schließlich auf ihnen ohne Sattel zu reiten. Denn genau das ist die Vorgabe beim Irmelshäuser Spitzenreiten. Wer jetzt glaubt, dass die jungen Burschen nur zum Reiten kommen, irrt sich gewaltig. "Sie sollen ja Kontakt zu ihren Pferden aufbauen," sagt Sabine Nolting. Dazu gehört es eben auch die Tiere zunächst zu striegeln, die Mähne zu kämmen, mit ihnen zu sprechen und auch die Hufe zu säubern. Dann erst geht es ans Üben. Dass sich die Jungs in den vergangenen Wochen mit ihren Tieren gut verstehen, zeigte sich am Donnerstagnachmittag bei Jannis und Yannick. Die Pferde trabten zunächst eine Runde in der Koppel, bevor Sabine Nolting "grünes Licht" zum Aufsitzen gab. Schon beim Traben in der Runde merkte man, dass die Pferde nicht immer den Anweisungen von Jannis und Yannick folgten.
Jahrhunderte alte Tradition
"Sie haben halt auch ihren eigenen Kopf und ihr Temperament," sagt Sabine Nolting schmunzelnd. Es sind Islandpferde, die geritten werden, eher ruhige Tiere. Zu den Burschen, die sich auf das Spitzenreiten vorbereiten, sagt die Therapeutin: "Sie sind voller Eifer dabei und machen es wirklich gut. Sie haben ihre Beziehung zu ihren Pferden gefunden." Das Reiten ohne Sattel wurde sowohl auf dem Gelände, in der Koppel oder auch beim gemeinsamen Ausreiten geübt. Wie die Pferde allerdings am Montag auf Publikum und Musik reagieren, müsse man noch abwarten. "Das wird schon", sagt Sabine Nolting.
Als erster steigt dann Jannis Witz auf Piani und der setzt sich langsam in Gang. Ganz anders bei Abba, die gleich lostraben und galoppieren möchte. Inzwischen hat Jannis mit Piani noch seine liebe Not. Der Hengst will nicht so recht mitmachen. Dann aber hat er sich doch entschieden und schließlich galoppieren beide Pferde los, so wie es am Pfingstmontag sein soll. Allein mit der Körperhaltung und dem Zügel bekommen sie übrigens die Richtungsvorgabe, erklärt Sabine Nolting.
Gespannt darf man nun sein, welches Pferd am Montagnachmittag die Nase vorne hat und welcher Reiter die bändergeschmückte Standarte und den Geldpreis von Hans Freiherr von Bibra bekommt. Das Spitzenreiten Irmelshausen hat eine Jahrhunderte alte Tradition und könnte aus einem germanischem Fruchtbarkeitsritt stammen. Eventuell aber waren es die Knechte des Schlossherrn, die einmal jährlich einen Wettkampf austrugen und dafür einen Preis ihres Dienstherrn erhielten.
Noch nie ausgefallen
Der Brauch des Spitzenreitens ist bisher noch nie ausgefallen. Traditionell werden Pferde und Reiter am Pfingstmontag von der Milzgrundhalle Irmelshausen zum Badesee von den Konfirmandinnen des Dorfes begleitet, außerdem von der Musikkapelle und Vereinen. Um 13.30 Uhr beginnt dann das Spitzenreiten um den Badesee in Irmelshausen. Ein spannendes Rennen, das Jahr für Jahre zahlreiche Besucher anzieht.