
Ein modernes Haus mit bester Ausstattung, viele zufriedene Patientinnen und Patienten, die wohlwollende Google-Rezensionen schreiben: Das MVZ in Bad Königshofen mit seinen medizinischen Angeboten von der Orthopädie bis zur Chirurgie könnte zu reinem Optimismus verleiten. Aber das Haus, das 2021 eröffnet wurde, schreibt von Anbeginn rote Zahlen. Um präzise zu sein: Das MVZ des Landkreises schreibt schon seit 2012 rote Zahlen. Also seit der Zeit, als es noch in Bad Neustadt angesiedelt war.
Es hat beinahe Tradition, dass der Kreistag in seiner Haushaltssitzung das Klagelied über das Minus anstimmt. Immerhin 600.000 Euro werden jährlich zum Defizitausgleich des Hauses im Kreishaushalt reserviert. Eine stattliche Summe, die immer wieder für Bauchgrimmen bei den Rätinnen und Räten sorgt.
Ein Gutachten verschafft bessere Akteneinsicht für alle Kreisräte
Auch bei der Verabschiedung des Haushalts 2024 im März war das MVZ mehrfach Thema. Hinter den Kulissen hat man sich bemüht, bessere Akteneinsicht in die Zahlen des MVZ zu bekommen. Ein Gutachten des Büros Solidaris hat nun dargelegt, welche Auskunftsansprüche bestehen über das als GmbH geführte Haus. Die Frage, was also dem Aufsichtsrat vorbehalten ist und worüber auch der Kreistag informiert sein darf, ist jetzt gutachterlich geklärt. Interessant: Der Aufsichtsrat besteht aus sieben Kreistagsmitgliedern und dem Landrat. Die Kreisräte hatten bis dato also unterschiedliche Wissensstände.
Der Aufsichtsrat setzt sich (Stand 2021) aus Landrat Thomas Habermann und den Kreisräten Gerald Pittner (Freie Wähler), Ruth Scheublein (CSU), Christiane Hanshans (CSU), Steffen Malzer (CSU), Jutta Helm (Grüne), Thorsten Raschert (SPD) und Michael Custodis (Wählerinitiative Königshofen) zusammen.
"Beim Thema MVZ berühren sich zwei Rechtskreise. Das Kommunalrecht auf der einen, das Gesellschaftsrecht auf der anderen Seite. Das Gutachten hat klargemacht, dass der Kreistag Auskunft verlangen kann", so Landrat Thomas Habermann im Nachgang der Haushaltssitzung gegenüber dieser Redaktion. Die Kreisräte, die sich nun sämtlich im Landratsamt über das MVZ informieren können, seien allerdings gegenüber der Öffentlichkeit zur Verschwiegenheit verpflichtet.
"Jetzt ist klar, was wir wissen dürfen", sagte die Grünen-Kreisrätin Birgit Reder-Zirkelbach in ihrer Haushaltsrede. Sie verlangte eine umfassende Analyse. Vor allem müssten bei einer Ausschusssitzung alle Fakten auf den Tisch kommen. Bereits seit zwölf Monaten sei eine solche Sondersitzung vereinbart. Auch Karl Graf Stauffenberg ärgerte sich über die bisher unglückliche Informationspolitik zum MVZ.
Freie Wähler denken über externe Geschäftsleitung nach
Als "Streitthema bei vielen Sitzungen unserer Gremien" bezeichnete Freie-Wähler-Kreisrat Michael Werner das MVZ. Der dauerhafte Defizitausgleich von 600.000 Euro sei nicht im Sinne seiner Partei. "Unser Vorschlag wäre hier, eine externe Beratung hinzuzuziehen, gegebenenfalls sogar die Geschäftsleitung nach extern zu vergeben", sagte Werner bei seiner Haushaltsrede.

Mit einem eigenen Antrag ging die SPD-Fraktion das Thema an. Sie schlug vor, auf die Rückforderung eines Darlehens in Höhe von 500.000 Euro zu verzichten, um so einen ersten Beitrag zur Stabilisierung der MVZ-Finanzen zu leisten. Wie die SPD in ihrem Antrag formulierte, habe das MVZ schon mehrmals einen Verzicht auf das Darlehen angeregt, um die Liquidität des Hauses sicherzustellen.
CSU-Kreisrätin Sonja Reubelt sah in einem solchen Vorgehen keinen Sinn. Erst müsse ein tragfähiges Sanierungskonzept für die Finanzen des MVZ vorliegen. Es bestehe kein wirtschaftlicher Grund, auf die Forderungen zu verzichten. Vielmehr müsse man sich auf die Suche machen, wie das MVZ wieder mehr Einnahmen generiert.
Die Landkreis-Verwaltung sah einen solchen Schritt ebenfalls sehr kritisch, weil es eine außerordentliche Belastung für den Kreishaushalt darstellen würde. Dies würde gleichzeitig die Gewährung weiterer Stabilisierungshilfe gefährden. Aus kommunalrechtlicher Sicht freilich spräche nichts gegen einen solchen freiwilligen Verzicht.
Durch Druck der SPD, so van Eckert, sei besagtes Gutachten in Gang gekommen und habe bestätigt, dass der Kreistag Auskünfte erhalten müsse. "Dieses Gutachten ist der Beweis, dass es endlich Zeit wird, eine Grundsatzdebatte über das MVZ zu führen und fraktionsübergreifende Wege zu finden, wie wir unser MVZ zukunftssicher gestalten und fit für die Zukunft machen können", so van Eckert.
Wird der Internisten-Sitz bald wiederbesetzt?
Wie man das MVZ Bad Königshofen etwas aus der Verlustzone heben könnte, darüber kann der Kreistag nun mit mehr Detailkenntnis beraten. Vielleicht hilft es auch, endlich den Internisten-Sitz zu besetzen. Mit dem Ruhestand des Internisten Dr. Peter Schmitt, der im MVZ praktiziert hatte, ist der Internisten-Arztsitz unbesetzt. Bisher konnte noch kein Nachfolger gefunden werden. Im Grabfeld ging deshalb die Sorge um, der Internisten-Arztsitz könnte entfallen. "Mittlerweile gibt es einen Interessenten, ich gehe von einem Vertragsabschluss in den nächsten Tagen aus", so Landrat Thomas Habermann gegenüber dieser Redaktion.
Das MVZ Bad Königshofen
Im MVZ arbeiten derzeit 33 Menschen. Neben der Geschäftsführerin und dem Praxismanager sind es 8 Ärztinnen und Ärzte (5 Teilzeit) und 22 Krankenschwestern/Medizinische Fachangestellte nebst einem Azubi. Im Jahr 2020 erwirtschaftete das MVZ einen Jahresfehlbetrag von 771.000 Euro, 2021 war es ein Minus von rund 670.000 Euro.