"Man muss den Mut haben seine Stimme laut klingen zu lassen und sich keine Gedanken über die Tonart, die Lautstärke oder die Reihenfolge der Töne machen", sagt Hedwig Roth. Die Allgäuerin jodelt seit ihrer Kindheit und gibt seit zehn Jahren Kurse im Jodeln. "Es ist befreiend", "Ich habe gespürt, dass es mir gut tut", "Mut, einfach drauf los zu jodeln braucht es schon", sagen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kurses.
Im historischen Gemäuer, nämlich in der Gabolsmühle in Großeibstadt, trafen sich zahlreiche Interessierte und jodelten, natürlich unter professioneller Anleitung, drauf los. Ungewöhnliche Klänge, dort wo noch vor Jahrzehnten der Müller seine Mehlsäcke schleppte und die Maschinen über große Riemengetriebe, die heute noch vorhanden sind, in Bewegung gesetzt wurden.
Mit einem "Urschrei des Menschen" verglich Hedwig Roth das Jodeln und sagte, dass natürlich Mut dazu gehöre "mal etwas Verrücktes zu tun." Ramona Mauer hatte vor einiger Zeit einen Jodelkurs bei Hedwig Roth belegt und war so begeistert, dass sie die Jodlerin für einen Kurs nach Großeibstadt eingeladen hatte. Jodeln habe eine tiefe Kraft und sei viel mehr als Singen. "Man kommt zu sich selbst und jodelt einfach drauf los." Ihren Vergleich des Jodelns mit einem Wasserfall erläutert die Kursleiterin mit der Naturkraft, die ein jeder Mensch in sich habe. "Diese Kraft ist groß und mächtig und damit traut man sich selbst, groß und mächtig zu sein." Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernten nicht nur das richtige Einsetzen ihrer Stimme zu einem Jodler, sie bekamen auch Liedgut mit nach Hause und lernten natürlich verschiedene Jodler kennen.
"Mir geht es darum, dass jeder seine Stimme und seinen Ton findet und sich traut seine Stimme zu erheben", erklärt Hedwig Roth. Die Kurse würden sich an alle Menschen richten, die sagen: "Ich kann nicht singen", aber auch an diejenigen, die singen können und die Faszination des Jodelns erleben möchten. Hedwig Roth nennt die verschiedenen Arten von Jodlern und die unterschiedlichen Stimmfarben als Punkte, die sie am Jodeln faszinieren. Dazu gehöre die Brust- und die Kopfstimme. Zwei Charaktere, die zu einer Melodie zusammenfinden. "Das genau macht das Jodeln so bunt und interessant." Jodeln habe nicht unbedingt etwas mit den Bergen, den Almen und den Menschen dort zu tun. Jodeln könne man überall, auch im Grabfeld in Unterfranken.
Wichtig sei ihr, dass die Teilnehmer die Grundkenntnisse beim Jodeln erlernen, so dass weitere Kurse eigentlich nicht notwendig sind, so Roth. Mut, Akkordverständnis und ein musikalisches Gehör sollte man mitbringen. "Muss aber nicht unbedingt sein, sondern vor allem Mut haben, seine Stimme klingen zu lassen," fügt sie an. Etwas, das die Teilnehmer aus Thüringen, Baden-Württemberg, Gersthofen und Aschaffenburg bestätigten. Dies war spürbar, als in der Runde ein Ton gesummt wurde und jeder einzelne nach und nach einen Jodler dazu brachte.
Hedwig Roth war nicht das letzte Mal in Großeibstadt. Bereits am 19. Mai kann man sie bei der Klappstuhlmusik erleben. Treffpunkt ist um 19 Uhr der Garten der Gabolsmühle. Dabei steht dann natürlich wieder das Jodeln im Mittelpunkt. Sie nennt es ein relativ experimentelles Programm, denn Hedwig Roth aus dem Allgäu trifft an diesem Abend mit ihrem Jodelgesang auf den Multi-Blechblas-Instrumentalisten Johannes Bär aus dem Bregenzerwald.