Dass das Aktive Mellrichstadt mit dem Programm „Kultur im Sommer“ einmal mehr ins Schwarze getroffen hat, bewies am Montagabend die Mühlenwanderung, zu der sich eine große Schar Kulturfreunde am Hofmannshain eingefunden hatte.
Norbert Mültner, der die Gruppe anführte, wusste, dass Mühlen früher einen großen Wert für Mellrichstadt hatten, weil die Bürger der umliegenden Ortschaften aus diesem Grund nach Mellrichstadt kamen. Sondheim hatte sogar einen eigenen Mühlenweg über den Reitberg. Sein Wissen über die Mühlen hatte sich Mültner nach eigenem Bekunden aus Max Schwesers Buch „Der Bürgerturm erzählt“ und aus der Stadtchronik angelesen.
Zunächst ging es den Zwinger hinunter bis zu dem Punkt, an dem man noch die Aumühle sehen konnte. Die Aumühle hat ihren Namen von der Flur „Au“, in der sie liegt. 1614 wurde der erste Aumüller erwähnt. Zwischen 1631 und 1843 werden weitere 26 Müller genannt. Letzte Besitzer waren Ferdinand Müller, zweiter Bürgermeister von Mellrichstadt, und sein Schwiegersohn Dieter Lorenz. Gegenwärtig ist die Mühle nur noch Schneidmühle.
Norbert Mültner flocht immer wieder kleine Erzählungen ein. Das Schwimmen hat er damals in der Streu an der Mühle gelernt, weil keine 20 Pfennig für den Schwimmbad-Eintritt übrig waren. Die Behausung der Aumühle war noch sehr primitiv, der Boden der Küche bestand aus großem Pflaster mit tiefen Fugen.„Wenn die Oma Salat geputzt hat, sind die Hühner zum Fressen in die Küche marschiert“, so Mültner. Ein besonderes Erlebnis hatte er beim Spielen in der Küche. Die Oma hatte gerade ein Huhn gerupft, als ein weiteres Huhn hereingelaufen kam und mitten in der Küche ein Ei legte. „Ach Lubberle, des is aber schüe, des Ä hab ich grad noch gebraucht“, freute sich die Oma.
Mellrichstadts älteste Mühle ist die Burgmühle, die 1303 zum ersten Mal erwähnt wurde. Starke Schäden erlitt sie im Dreißigjährigen Krieg. Von 1618 bis 1648 baute Johann Herder die neben stehende Schneidmühle. 1910 kaufte Georg Trapp, der Schwiegervater von Leo Hahn, die Mühle für 16 000 Mark. Leo Hahn war der letzte Sägemüller im Hauptbetrieb. Sein Sohn Hubert hat mit viel Herzblut die Mühle und das Außengelände hergerichtet.
Weiter ging es, vorbei am Badehaus, zur Eichersmühle. Ihr Name zeugt davon, dass hier früher auch Maße und Gewichte geeicht wurden. Sie hatte viele Besitzer, auch die Familie von Stein war Lehensnehmer. 1871 wurde die Mühle eine Wollspinnerei. Später hat sie Valentin Kraus wieder aufgebaut. Heute ist die Mühle in der fünften Generation bei Familie Wirsing und wird von Andreas Wirsing und seinem Sohn betrieben.
Den Mühlgraben entlang ging es zum Mühlrad, das zur Streumühle gehörte. Die Streumühle am unteren Tor war Eigentum der Stadt und wurde 1283 erstmals erwähnt. 1575 kaufte Eduard Mühlfeld die Mühle, sie blieb viele Jahrhunderte im Besitz der Familie. Otto Mühlfeld war der letzte Streumüller. 1964 wurde die Mühle wieder an die Stadt verkauft und dann abgebrochen. Die Jungbauern wollten sie als Vereinsheim nutzen, am Ende schreckten sie die Kosten ab. Sie haben aber vor Kurzem das Mühlrad fachmännisch renoviert.
Zwischen Streu und Mühlgraben ging es im Wiesengrund Richtung Seemühle. Sie heißt so, weil hier früher ein See und ein Sumpfgebiet waren. Im Dreißigjährigen Krieg brannten die Schweden die Mühle nieder. 1676 wurde sie wieder aufgebaut. Letzter Müller war Hans Brand („Brande Hans“), später wurde die Mühle an einen Bruder von Hans Loose verkauft.
Letzte im Reigen der Mellerschter Mühlen war die Steinmühle. Sie gehörte ursprünglich dem Kloster Hausen bei Bad Kissingen und später dem Spital von Mellrichstadt. Im Dreißigjährigen Krieg wurde sie durch schwedische Soldaten zerstört und erst 1671 wieder aufgebaut. In den Jahren 1437 bis 1846 werden 43 Müller genannt. 1981/82 wurde die Mühle abgebrochen und das Naherholungsgebiet Kirschgarten angelegt. Auch hier wurde vor ein paar Jahren das Mühlrad von den Jungbauern renoviert. Der letzte Mühlenbesitzer war Rudolf Will. Bis in die 60er Jahre hat er noch Mehl gemahlen.