Wer in Mühlbach im Bereich des Heuwegs ein Häuschen hat, wohnt in einem attraktiven Umfeld. Die Eigentümer haben die Wohnhäuser aufwendig saniert oder umgebaut. Sie haben sich ein Heim geschaffen, in dem sie stadtnah gut wohnen und ihre Kinder unbeschwert aufwachsen können.
Doch die Idylle hat Risse: Ein Bauunternehmer hat in den vergangenen Jahren Pensionen und Hotels im Heuweg 41 und in der Waldsiedlung 4 gekauft und vermietet Zimmer an eine Klientel, die die Nachbarn in Teilen als äußerst problematisch bezeichnen. Diese Mieter sind ihrer Einschätzung nach vorwiegend Suchtkranke und Menschen mit schweren Störungen und Defiziten im sozialen Verhalten, Obdachlose und Schwerkranke, sagen die Nachbarn in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Daneben gibt es noch Familien, die versuchen, sich ein normales Leben in diesem schwierigen Umfeld aufzubauen.
Unterschriftenaktion
Mitte vergangenen Jahres starteten die Anwohner eine Unterschriftenaktion in Mühlbach und Bad Neuhaus. Die Liste mit 180 Unterschriften ging an die Stadtverwaltung und ans Landratsamt. In einem beigefügten Brief schildern die Anwohner, welchen Beeinträchtigungen sie ausgesetzt sind: "Die alltäglichen negativen Auswirkungen sind vor allem für die Kinder und Jugendlichen erlebbar, die im unmittelbaren Umfeld aufwachsen. Sie erlernen ungewollt Vulgär-Sprache, sind lautstarkem Gegröle und aggressiven Streitigkeiten ausgesetzt. Sie werden angemacht und belästigt." Darüber hinaus seien die Kinder gefährdet, weil Drogensüchtige ihre benutzten Spritzen liegen lassen und im Umfeld der Immobilie wohl auch gedealt werde, vermuten die Nachbarn.
Plastisch schildert Markus Steinmüller seine Erlebnisse als direkter Nachbar. Besonders im Sommer sei der Platz vor seinem Gartenzaun bis in die frühen Morgenstunden ein Party-Treffpunkt, da sei an Schlaf nicht zu denken. Zwistigkeiten und Beziehungskrisen würden lautstark auf der Straße ausgetragen, Alkohol und Drogen konsumiert bis der Rettungswagen kommt. Die Polizei sei durchaus präsent, sagt er, würde des Problems aber nicht Herr. "Wir müssen gar keine Krimis mehr im Fernsehen anschauen", sagt er ironisch. "Polizisten, die Türen eintreten und Verhaftungen vornehmen, das haben wir hier live." Steinmüller hat die Reißleine gezogen. Er und seine Frau wollen nicht, dass die drei kleinen Söhne in solch einem Umfeld aufwachsen. Sie haben ihr Haus verkauft.
Wandel zum Schlechteren
Thomas Coste will nicht wegziehen. Er will, dass das Problem gelöst wird. "Der Stadtteil erfährt einen Bewohnerwandel zum Schlechteren", ist seine Einschätzung. "Wie kann das geschehen - unter den Augen der Behörden?", fragt er. Dass Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen und seine Nachbarn sind, akzeptiert er. Dass diese Menschen sich selbst überlassen werden und keine Hilfe erfahren, akzeptiert er nicht. Und noch viel weniger will er hinnehmen, dass Mühlbach und Bad Neuhaus die einzigen Stadtteile sein sollen, in denen sich derart problematische Wohnformen etablieren.
Weitere Immobilien erworben
Diese Befürchtung ist nicht unberechtigt. Denn der gleiche Vermieter, der die Objekte Heuweg 41 und in der Waldsiedlung 4 betreibt, hat ähnliche Immobilien im Heuweg 27 und 29 in Mühlbach und im Waldweg 14 in Bad Neuhaus erworben. Sollten dort ähnliche Wohneinheiten geschaffen werden, rechnet die Unterschriftengemeinschaft Mühlbach /Neuhaus mit einer Zuspitzung der Probleme.
Die als problematisch empfundene Nachbarschaft beeinträchtigt nicht nur das alltägliche Leben mancher Anlieger. Sie kann auch wirtschaftliche Auswirkungen haben. "Das macht mir die Lage kaputt", klagt Reinhold Spee. Er hat die ehemalige Kurpension Tannenblick gekauft, aufwendig saniert und vermietet dort nun zehn Wohnungen. "Ich habe viel Geld in die Hand genommen und schaue sehr auf das Niveau meiner Mieter." Nun befürchtet er, dass seine Investitionen gefährdet werden, weil der Stadtteil ins Gerede kommt und für Mieter weniger attraktiv wird.
Coste und die Mitunterzeichner der Unterschriftenliste erwarten , dass sich die für die Stadtentwicklung Zuständigen im Rathaus des Problems annehmen. Und: "Die Anwohner wollen an dem Prozess der Restrukturierung des Stadtteils beteiligt werden." Letztendlich wollen die Anwohner "den Trend bremsen und die Leute ordentlich betreut sehen".
Kritik: Sie werden sich selbst überlassen
Die Anwohner halten es für inakzeptabel, dass schwer kranke oder schwer gestörte Menschen auf kleinstem Raum in beengten Verhältnissen untergebracht und sich anschließend selbst überlassen werden. Solch Wohnverhältnisse, erläutert Dr. Rudolf Maaser, führten zwangsläufig zu vermehrtem Suchtverhalten und den damit verbundenen Verhaltensauffälligkeiten. , "Wer diesen Menschen wirklich helfen will, kommt nicht darum herum, dass eine therapeutische Wohngemeinschaft, beziehungsweise eine Nachsorgeeinrichtung mit Fachpersonal notwendig ist", argumentieren die Anwohner.
Dass die momentan praktizierte Unterbringung nicht zur Lösung der diversen Probleme der Mieter beitrage, würden die vermehrten Einsätze von Polizei und Notärzten belegen. Deshalb sei es wichtig, die problematischen Nachbarn zu integrieren, statt sie in ein Ghetto abzuschieben.
Was der Vermieter der Immobilien zu den Vorwürfen sagt, lesen Sie in unseren nächsten Ausgabe.