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BAD NEUSTADT
Modellstadt als Impulsgeber für den Stromer
Fürs Elektroauto steht der Mann unter Strom: Guido Vorndran verkauft so viele Elektroautos in Deutschland wie kein anderer. „Die Modellstadt für Elektromobilität hat das Bewusstsein für umweltfreundliches Fahren gefördert“, ist sich der Renaulthändler sicher.
Foto: Eckhard Heise | Fürs Elektroauto steht der Mann unter Strom: Guido Vorndran verkauft so viele Elektroautos in Deutschland wie kein anderer.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 17.10.2017 08:48 Uhr

Im Spätherbst 2011 hatte Guido Vorndran das erste Elektroauto auf seinem Hof stehen – fast gleichzeitig mit der ersten Bad Neustädter Fahrzeugschau für E-Mobilität. Heute ist er nicht nur in Deutschland der führende Händler für abgasfreie Autos. Er sieht die Zeit gekommen, dass das Elektroauto schon in allernächster Zukunft endgültig den Durchbruch schafft, da sich alle renommierten Marken auf breiter Basis auf dem Markt aufstellen wollen. In der Region könnte die Modellstadt für Elektromobilität die Entwicklung beschleunigt haben, meint Vorndran.

Ein Blick auf die Karte der Stromtankstellen verdeutlicht den Zusammenhang. Bad Neustadt weist auf der Karte von Going Electric mit zehn Tankstellen so viele Lademöglichkeiten wie das mehr als dreimal größere Schweinfurt auf, während Würzburg auch nur auf 17 kommt. Selbst der Großraum München wäre mit seinen 158 Einrichtungen umgerechnet auf die Einwohnerzahl nahezu ein weißer Fleck gegenüber Bad Neustadt.

Die Reichweite macht's

Etwas anderes verdeutlicht die zeitliche Entwicklung. Etwa ab Mitte 2013 steigt die Kurve der in Betrieb genommenen Tanksäulen plötzlich deutlich steiler an. Das entspricht genau dem Zeitpunkt, ab dem auch bei ihm die Verkaufszahlen nach oben gehen. Bis dahin tröpfelte der Verkauf so vor sich hin. „Dann kam der Renault Zoe heraus“, das erste Elektroauto zu einem Preis, der dem eines Verbrenners entspricht, das eine deutlich höhere Reichweite und geringere Ladezeiten besitzt. Ab diesem Zeitpunkt stiegen die Verkaufszahlen jährlich um 50 Prozent. „Inzwischen verkaufe ich mehr Elektroautos als Verbrenner.“

Das hängt aber auch damit zusammen, dass er sich beim Einstieg in den Handel mit Elektroautos gesagt hat, „wenn, dann richtig“. So sei er anfangs noch belächelt worden, als er sich eine ganze Palette von Fahrzeugen zulegte und damit warb. Sein Engagement spiegelte sich auch in der Entwicklung der Fahrzeugmesse wider – bei der er stets die meisten Fahrzeuge stellt.

Die ersten Modelle waren nicht Massentauglich

Er erinnert sich noch an die erste Schau auf dem Marktplatz – bei der er noch nicht vertreten war – mit ein paar exotischen Modellen, die alles andere als massentauglich waren. Inzwischen ist das ein vollkommen anderes Bild. „Die Messe ist toll“, attestiert er den Organisatoren, und sie hat Bad Neustadt weit über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt gemacht. Überall wird er angesprochen: „Bad Neustadt? Ach ja, Fahrzeugmesse.“ Jetzt geht es darum, mit der Messe am Ball zu bleiben und möglichst alle Hersteller von Elektrofahrzeugen zum Ausstellen ihrer Produkte zu bewegen. Dadurch würde sich die Größe natürlich deutlich verändern und ein noch breiteres Publikum angesprochen.

Die Messe als sichtbarstes Produkt der Modellstadt „ist unbezahlbar“. Sie hat erheblich zur Imagesteigerung der Stadt beigetragen und gleichzeitig das Bewusstsein für Elektrofahrzeuge erweitert. Bei ihm kommt der Zusammenhang auch in seinem Einzugsgebiet zum Ausdruck. Längst gehen die meisten verkauften Autos nach außerhalb des Landkreises, selbst in die Schweiz liefert er – was allerdings einen etwas kuriosen Hintergrund hat.

„Wir müssten endlich weg von dem unsäglich grotesken Steuermodell“

Bei der Einfuhr von Luxuskarossen mit schlechten Abgaswerten erhebt der eidgenössische Zoll einen deutlichen Aufschlag. Die dortige Gesetzgebung sieht jedoch vor, dass der Käufer den übergroßen Ausstoß von Umweltgiften durch den Kauf eines Elektroautos kompensieren kann und dann einen Teil des Kaufpreises für den teuren Wagen zurückerhält. Das kann angeblich so viel sein, dass dabei nahezu das Elektroauto bezahlt ist.

Solche Regelungen findet Vorndran allerdings wenig nachahmenswert, wiewohl er die Berechnung unserer Kfz-Steuer ebenfalls strikt ablehnt. „Wir müssten endlich weg von dem unsäglich grotesken Steuermodell“, fordert Vorndran. Die Besteuerung müsste sich nach den tatsächlichen Abgaswerten im normalen Fahrbetrieb richten und nicht nach den unter Laborbedingungen festgelegten Euro-Werten. Viele Motoren schalten oft schon im normalen Fahrbetrieb ihre Abgasreinigung ab und produzieren einen Ausstoß, der weit über den zugelassenen Werten liege. „Der Dieselskandal ist nur die Spitze des Eisbergs.“

Der Staat hinkt hinterher

Aber der Staat hinkt da wieder einmal hinterher. Das Elektroauto wird seinen Weg machen, deuten die Ankündigungen der wichtigsten Führungskräfte der Autoindustrie an – und zwar schon in allernächster Zeit. Das mangelnde Angebot habe dazu geführt, dass sich das Elektroauto noch nicht auf breiter Ebene durchgesetzt hat.

Wenn seine Mitbewerber erst einmal alltagstaugliche und bezahlbare Modelle auf den Markt bringen – was für Vorndran unmittelbar bevorsteht –, wird auch die Nachfrage da sein. „Die Zeit der Verbrenner läuft ab.“

In nicht mehr ferner Zukunft werde nur noch jedes zehnte Fahrzeug mit einem Ottomotor ausgerüstet sein.

 
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