Vor zehn Jahren gab es letztmals einen Jugend-Europameister beim heutigen Tischtennis-Bundesligisten, damals Regionalligisten, zu feiern. Kilian Ort hatte die Goldmedaille im Mixed zusammen mit Nina Mittelham gewonnen und wurde im elterlichen Hof von Freunden, Bekannten, Lokalpolitikern und der Promi-Band empfangen. Zum Titel hat es bei den Kontinental-Meisterschaften der besten U19- und U15-Jugendlichen aus Europa in Belgrad für die zwölfjährige Gymnasiastin Koharu Itagaki zwar noch nicht gereicht. Sie brachte aber eine Bronzemedaille im Teamwettkampf und eine Silbermedaille im Doppel mit nach Hause. Im Einzel erreichte sie nach einem 3:2-Sieg gegen die Schwedin Nathalie Maria Freij die Runde der letzten 32, schied gegen die spätere Europameisterin jedoch aus.
Wenn ihre Entwicklung aber weiterhin in solch steilen Bahnen verläuft, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis sie selber ganz oben steht. Dann müssen sich die TSV'ler wohl noch eine Steigerung einfallen lassen gegenüber dem großen Empfang, den sie der kleinen Koharu am Samstagabend im Hofgarten des Schlundhauses bereiteten. Die Tochter des Headcoaches der Bundesliga-Truppe des TSV, Koji Itagaki, zählte bei diesen Europameisterschaften nämlich, ebenso wie ihre gleichaltrige Doppelpartnerin Josephina Neumann, zu den wenigen hochbegabten Küken auf der Meldeliste. Obwohl bis zu drei Jahre jünger als ihre Gegnerinnen in der U15-Konkurrenz, die im Einzel noch nicht schlagbar waren, wurden die beiden Freundinnen von der Bundestrainerin Jie Schöpp zur EM mitgenommen, was sich mit dem Gewinn der Team-Bronzemedaille bereits bezahlt machte.
Erst im Finale war Schluss
Im Doppel waren die Größen-Nachteile weniger schlimm, brachten sie ihre Taktik noch besser zum Tragen und wurden bei ihrem unaufhaltsamen Durchmarsch zum Titelgewinn erst im Finale gestoppt. Zuvor gab es Siege gegen die Ungarinnen Sophie Barcsai/Nora Dohoczki (3:1). Im Halbfinale hielten sie die Türkinnen Büsra Demir/Albüke Simsek in Schach. Genauso unbekümmert, wie sie ins Finale gestürmt waren, verabschiedeten sie sich auch hier von den Europameisterschaften. Sie verloren mit 0:3 gegen die beste Rumänin Bianca Mei Rosu mit der besten Polin Natalia Bogdanovicz.
Laut Bundestrainerin Jie Schöpp kam diese EM "mindestens ein Jahr zu früh für einen solchen Erfolg." Umso heller glänzte die Silbermedaille um den Hals von Koharu Itagaki. Die Niederlage im Finale tat ihrer Freude keinen Abbruch: "Ich finde, wir haben ein tolles Turnier und ein gutes Finale gespielt und sind glücklich über die Silbermedaille." Schöpp analysierte: "Die Gegnerinnen waren einfach sehr stark. Koharu hat im Finale sehr stark aufgespielt. Dafür hat bei Josi nach den vielen Spielen im Einzel, Doppel und Mixed etwas die Frische gefehlt. Der zweite Platz ist aber ein tolles Ergebnis und die beiden haben sehr wichtige Erfahrungen gemacht."
Ein bisschen viel an einem Tag
Ganz so selbstbewusst und clever wie am Tisch in Belgrad war Koharu beim Empfang nicht gerade. Es war denn auch ein bisschen viel an diesem Tag: In Belgrad vom Hotel zum Flughafen, mit dem Flieger nach Frankfurt, in Papas Auto nach Bad Königshofen und dann mit zwei Stunden Verspätung die Rampe runter in den prallvoll besetzten Biergarten. Unter dem Applaus aller Gäste, von denen manche zunächst gar nicht wussten, wofür. Was durch die Rede von TSV-Manager Andy Albert aufgeklärt wurde, der die letzten Höhepunkte ihrer bisher so Medaillen-reichen Laufbahn aufzählte. Erst als sie im Kreis der endlich geschlossen anwesenden Familie Itagaki abtauchte, schien sie sich ein bisschen wohler zu fühlen. Bis dahin war ein Interview zu absolvieren und sich der kleinen Laudatio von Bürgermeister Thomas Helbling und dem Glückwunsch von Landrat Thomas Habermann zu stellen.
Koharu verriet in dem kleinen Interview von den erlebnis-, lehr- und erfolgreichen zwei Wochen in Belgrad. Sie erklärte, dass sie die vielen Fehltage wegen Lehrgängen, Meisterschaften und sonstigen Turnieren von der Schule befreit werde und das über den Schulmanager online genehmigen lassen kann. Beim Erwerb des immensen Nachlernstoffs, wenn sie mal da ist, helfe ihre beste Freundin Klara.
Koharu Itagaki mit der deutsch-japanischen Doppel-Staatsbürgerschaft lebt seit sieben Jahren in Bad Königshofen. Sie spielte die vergangene Saison in der Bayernliga-Damenmannschaft der Spielgemeinschaft TSV Bad Rodach/TSV Bad Königshofen. In der kommenden Saison schlägt sie in der Damenmannschaft des SV Schott Jena in der 3. Bundesliga auf.