„Stayin' alive“ kann man gut finden oder auch nicht, der Gassenhauer der Bee Gees kann aber eins: Leben retten.
Wie bitte? Tatsache! Der Takt des Liedes entspricht genau der Geschwindigkeit, mit der nach einem Herzstillstand eine Herzdruckmassage zur Wiederbelebung vorgenommen werden soll. In Deutschland ist die Bereitschaft, bei einem solchen plötzlichen Ereignis Hilfe zu leisten, allerdings nicht sehr ausgeprägt. Daher wollen das BRK und das Rhön-Klinikum vom 16. bis 22. September gemeinsam eine Aufklärungskampagne durchführen, die durchaus Aufsehen erregen könnte.
Rund 200 bis 250 Menschen kommen in Deutschland pro Tag durch einen Herzstillstand ums Leben. Gerade einmal in 17 Prozent aller Fälle eines plötzlichen Herzstillstands werden wieder belebende Maßnahmen durch Laien ergriffen, erklärt Chefarzt Dr. Michael Dinkel. Dabei könnte schon auf recht einfache Weise Leben gerettet werden. Auf 6000 Menschen schätzt Dinkel die Zahl derer, die durch eine rasche Hilfeleistung gerettet werden könnten.
Deutschland rangiert damit an der unteren Skala, in Holland ist beispielsweise die Quote bei 70 Prozent. Dinkel kann sich diesen krassen Unterschied nicht erklären, aber das Desinteresse sei immer wieder bei Notfällen zu beobachten. „Wer hat es nicht selbst schon erlebt, wie bei Unfällen Autofahrer ohne Anzuhalten an den Opfern vorbeifahren“, ergänzt Burkhard Bingel, Geschäftsführer der Neurologischen Klinik. Dabei sei es so wichtig, rasch Hilfe zu leisten.
Mit jeder Sekunde sinkt die Möglichkeit ein Opfer erfolgreich zu reanimieren. In den ersten Minuten sei die Wahrscheinlichkeit der Rettung noch sehr hoch, nach etwa 20 Minuten gehe sie schon langsam gegen Null.
Wenn bis dorthin nichts unternommen wird, sei die Wahrscheinlichkeit den Patienten auf dem OP-Tisch ins Leben zurückzuholen nur noch sehr gering. Daher sei ein rasches Eingreifen unabdingbar und die Art der Hilfeleistung sei sehr einfach.
Zunächst wird der Ohnmächtige angesprochen und auf Reaktion geprüft. Unmittelbar darauf sollte der Notruf unter der 112 gerufen werden und dann auch schon mit der Wiederbelebung begonnen werden: Das heißt fest und schnell in der Mitte des Brustkorbes drücken. „Und wenn sie jetzt den Takt des Bee-Gees-Titels im Ohr haben, genau in der Geschwindigkeit von etwa 100 Drücken pro Minute weitermachen“, beschreibt Heiko Stäblein, Leiter des BRK-Rettungsdienstes, den Ablauf.
Das gewisse Vorbehalte gegen eine Mund-zu-Mund-Beatmung verbreitet sind, kann Dinkel noch nachvollziehen, doch diese relativ einfache Methode der Herzmassage sei leicht anzuwenden. Offensichtlich fehle es an Aufklärung und an der Sicherheit. „Die meisten Menschen haben sich wahrscheinlich beim Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein zum letzten Mal mit dem Thema beschäftigt“, bedauert Stäblein. Daher gebe es Überlegungen, in den Schulen das Thema zu behandeln. Doch bei der Kampagne unter Schirmherrschaft von Bürgermeister Bruno Altrichter werden ab dem 16. September alle Bevölkerungsteile angesprochen.
Den Auftakt bildet an diesem Tag ein Infostand auf dem Marktplatz. Dabei stehen Übungspuppen bereit, und es soll auch Herzstillstand simuliert werden, um die Reaktion von Passanten zu demonstrieren. Am folgenden Tag bieten die Kliniken für Anästhesie sowie für Kardiologie in der Herz- und Gefäßklinik einen Aktionstag. Experten informieren ab 16 Uhr auch in zwei Vorträgen über Ursachen des Herzstillstandes und führen hinter die Kulissen des Herzkathederlabors. Den Abschluss der Woche der Wiederbelebung bildet am 21. September eine Aktion bei einem Bundesligaspiel des HSC Bad Neustadt. Bei dieser Gelegenheit soll ein Team der Herz- und Gefäßklinik und des BRK Zuschauern und Sportlern die Grundregeln der Wiederbelebung näher bringen.