Fladungen Speedy und Winnetou heißen seine erfolgreichsten Tauben. Brieftaubenzüchter Dietmar Weiß aus Fladungen landete mit ihnen den Hattrick. Er wurde heuer zum dritten Mal in Folge RV-Meister, sprich bester Züchter im Regionalverband 500 von Süd-Thüringen. In diesem Jahr konnte er noch eine Schippe drauflegen. Da bewahrheitet sich wieder seine Devise: "Von nichts kommt nichts", denn bei diesem Hobby muss man mit Leib und Seele dabei sein. Und Dietmar Weiß steckt viel Leidenschaft und Fingerspitzengefühl in die Taubenzucht.
Wie entstand diese Leidenschaft? Die Eltern von Dietmar Weiß hatten im Nebenerwerb eine kleine Landwirtschaft, wohin sich immer mal die ein oder andere Taube verflogen hat und auf dem landwirtschaftlichen Gehöft hängen geblieben ist. Schon damals hat er diese Tauben eingefangen und gemeldet. Und die Liebe zur Taubenzucht war geweckt. Bei einem Züchter schaute er zu, wie die Tiere von der Reise zurückkamen. Los ging es mit seinem neuen Hobby, als Vater Josef Weiß ihm einen Taubenschlag baute.
Tauben werden wie Spitzensportler geführt. Vor der Arbeit als Maurerpolier geht Dietmar Weiß in den Taubenschlag, um seine Tiere zu füttern. Wenn er von der Arbeit kommt, geht er als Erstes mit den Weibchen raus, um eine Stunde mit ihnen zu trainieren. Dann fliegen sie eine Stunde voll Power. Kondition wird geübt, die Muskulatur aufgebaut. Schließlich werden sie wieder reingerufen und gefüttert. Danach kommen die Männchen dran. Auch sie werden eine Stunde lang trainiert.
Badetag für die Tauben ist der Dienstag
Während die Tauben fliegen, wird der über der Garage liegende Taubenschlag sauber gemacht. Am Ende wird das Futter für den morgigen Tag vorbereitet. Dabei wird auf eine 1a-Gesundheit, auf Sauberkeit und viel Frischluft geachtet. "Wenn man von der Arbeit kommt, die Tasche hinlegt und in den Taubenschlag geht und dann wieder runterkommt, ist man ein anderer Mensch", beschreibt Dietmar Weiß die Faszination seines Hobbys. Seine Tauben helfen ihm, Stress abzubauen.
Zwölf Preisflüge finden im Jahr statt. Der Endflug ist knapp 600 Kilometer lang. Die Tauben werden unter anderem in Schafhausen eingesetzt und dann mit dem Brieftaubenauto zum Auflassort gefahren. Von dort fliegen sie in ihre Heimat zurück. Es ist immer noch ein gewisses Rätsel, wie die Taube nach einem gewissen Zeitpunkt den Heimatschlag erreicht. Es sei noch nicht ganz bewiesen, dass sie sich am Magnetfeld der Erde orientiere, erklärt Dietmar Weiß.
Nach der Rückkehr gibt es Pressfutter und "Neundorfs Krönung", später Haferflocken und "Hirn". In die Tränke kommt Volamin. An Zusatzprodukten kommen im Lauf der Woche wahlweise Colombine- oder Kamillentee, Zitronensaft, Bierhefe, Knoblauchzehen, Jod, Zelloxygen und Heilerde zur Anwendung. Badetag ist für die über 100 Tauben der Dienstag. Gepaart werden die Bestandstauben um den 15. Februar. Der Tag - inklusive die Versorgung - muss sinnvoll getaktet sein.
Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter
Der eigentliche Name der Taube ist die Ringnummer. Nur spezielle Tauben werden mit Spitznamen versehen, etwa Speedy und Winnetou. "Ich kenne jede einzelne Taube", betont der 58-jährige Familienvater Dietmar Weiß. Jede habe ihren eigenen Charakter, manche Tiere seien zutraulich, andere dominant. Um sie vor den Greifvögeln zu schützen, bleiben sie im Winter im Taubenschlag. Im Jahr fallen etwa 20 Tauben Greifvögeln wie dem Habicht oder dem Wanderfalke zum Opfer. Wenn die Taube nicht so fit ist, hat der Greifvogel leichtes Spiel. Gerade die weißen und roten Tauben sind Anziehungspunkte für den Habicht und den Falken.
Und noch eine Schattenseite: "Taubenzüchter sterben aus. Die Jugend kommt nicht mehr nach. Viele wohnen zur Miete und können deshalb keinen Taubenschlag einrichten", bedauert Dietmar Weiß, der aber die Fahne der Rhöner Brieftaubenzüchter weiter hoch hält.
