"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit !". Der unvergessene Karl Valentin, dessen Todestag sich vor kurzem zum 75. Mal jährte, hat es so ausgedrückt. Den vier Künstlerinnen des "Elisen-Quartetts", das am Wochenende zum zweiten Mal im Kloster Wechterswinkel gastierte, schien ihr Tun an diesem Abend aber sichtlich auch Spaß und Freude zu bereiten. Dabei hatten sie durchaus ein ordentliches Stück Arbeit zu leisten, denn das Programm, das sie den vielen Besuchern darboten, war anspruchsvoll und auch für die erfahrenen Musikerinnen nicht ganz einfach.
Doch Anja Schaller (1. Violine), Maria Schalk (2.Violine), Karoline Hofmann (Viola) und Irene von Fritsch (Violoncello) meisterten die Herausforderung in grandioser Manier. Zeitgenössische Kompositionen der "Minimal Masters" hatten sie nach ihrer Premiere im vergangenen Herbst diesmal in ihrem Repertoire. Nicht einfach für diejenigen Zuhörer zu verdauen, die an diesem Abend klassische Musik erwartet hatten. Die Freunde der so genannten "Minimal" oder "Repetitivmusik" kamen jedenfalls voll auf ihre Kosten und waren begeistert von den Werken eines Michael Nyman oder eines Philipp Glass. Letzterer Komponist und sein Wirken in New York gelten als das "Epizentrum des Minimalistischen Stils", er selbst als der Superstar des musikalischen Minimalismus, der sich vor allem durch das unablässige Wiederholen von kleinsten Elementen, oft nur geringfügig verändert, auszeichnet.
Musikalisches Spiegelbild
In Verbindung mit den Fotos von Andreas Riedel, die den Verkehr, das Wolkenkratzer-Meer, Menschen beim Einkaufen, in der U-Bahn, auf der Straße oder auch eine Stretch-Limousine bewusst in schwarz-weiß darstellen, wird das "String Quartet No.5" von Philipp Glass zum musikalischen Spiegelbild der Millionenmetropole, in der tagaus tagein das Leben pulsiert, Big Apple als geschäftige, rastlose City. Eine tolle Idee des "Elisen-Quartetts", die Musik mit dieser Fotoserie, die New York von seinen weniger bekannten und schillernden Seiten zeigt, zu präsentieren. Nicht weit weniger eindrucksvoll die Dreiklangmusik des estnischen Komponisten Arvo Pärt, dessen Tintinnabuli- oder Glöckchen-Stil durch seine Zweistimmigkeit und die ständige, wiederholte Tonabfolge zu einer schier endlos erscheinenden Dauerschleife wird.
Von New York nach München
Beim Werk "Fratres" übernimmt Maria Schalk auf ihrer Violine den Part der "ewigen" Stimme, während die drei anderen Künstlerinnen den "vergänglichen" Teil mimen. Die Musik ist düster, meditativ, stark moll-lastig, aber sehr eingängig. "Im Gegenlicht" hat Heinrich J. Hartl eigens zum 20. Geburtstag" des jungen "Elisen-Quartetts" komponiert. Er bezieht sich dabei auf ein Gedicht des großen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe, das aber ebenfalls von einer düsteren Grundstimmung getragen wird. Sie bleibt auch trotz einiger Rhythmus- und Stimmungswechsel zumeist im Hintergrund erhalten. Bei Axel Frank Singers "Paare, Passanten" fühlt man sich inmitten der Stoßzeit des Münchner Verkehrs. Bratsche und Viola lassen die Töne kommen und gehen, lassen sie lauter und leiser werden, ganz so, als ob der Verkehr am Ohr des Zuhörers vorbeirauscht. Zuweilen scheint man sogar Sirenen von Rettungsfahrzeugen und Polizeieinsatzfahrzeugen zu hören. Bilder, die die vier Musikerinnen gekonnt in Szene zu setzen wissen.
Mit dem teilweise herrlich melancholischen und harmonischen, dann aber auch düsteren und sanften "String-Quartet No.3" von Michael Nyman war man an diesem Abend zum Ausflug in die "minimal music" – Welt gestartet. Am Ende wurden die Besucher nach einem mit viel Beifall begleiteten Konzert noch mit einer gelungenen Zugabe von Max Richter belohnt.