
Alles begann aus einer Bierlaune heraus auf einer Geburtstagsfeier im November 2017. Frank Luger, 21 Jahre alt und Vorsitzender des Unterweißenbrunner Jugendklubs Feldapotheke, warf in den Raum, dass er im Sommer mit einem Simson Moped nach Italien fahren möchte. Nach dem Motto „normal Urlaub machen, kann ja jeder“, schloss sich Jochen Schöppner (20) sofort an. Das Problem an diesem Vorhaben: Keiner der beiden besaß eine Simson.
Aber gesagt ist gesagt. Beide kauften sich kurzerhand je eine Simson S 51. In den darauffolgenden Wochen und Monaten wurde dann das ganze Moped auseinandergelegt, technisch überholt, neu lackiert und wieder zusammengebaut. Der Postbote brachte wochenlang fast jeden Tag ein Päckchen. Es wurden Probefahrten durchgeführt und dann wieder herumgeschraubt – gefühlte 1000 Mal. Stellenweise lagen die Nerven blank, weil unvorhergesehene Probleme, die beiden fast zum Wahnsinn trieben.
Von vielen belächelt
Familie und Freunde belächelten das Vorhaben, und keiner rechnete damit, dass Frank Luger und Jochen Schöppner wirklich ihr Ziel erreichen würden. Zwei Wochen vor dem geplanten Termin setzten sich die beiden zusammen und tüftelten die täglichen Routen aus. Eine Woche vor dem Termin wurden die Mopeds für eine Probefahrt dann schon mal mit einer Menge Ersatzteilen (sogar ein kompletter Motor sollte mit auf Reisen gehen), Campingausrüstung und Kleidung bestückt. Es sah aus, als wären die Simsons hoffnungslos überladen.
An einem Samstagmorgen im August ging es dann morgens um 6 Uhr in Unterweißenbrunn los. Beide Fahrer wurden von ihren Familien verabschiedet. Sie kamen bis Oettingen, da mussten sie dann nach dem Tanken schon das erste Mal schrauben, da sich der Vergaser von Jochens Simson zugesetzt hatte. Zwei Stunden hielt sie die Schrauberei auf. Weiter ging?s dann bis Türkheim im Unterallgäu, wo sie gegen 17.30 Uhr ankamen. 350 Kilometer waren am ersten Tag geschafft.
Fernpass und Reschenpass
Am zweiten Tag ging es um 7.30 Uhr weiter zur Alpenüberquerung über den Fernpass nach Österreich. Nach einem Mittagessen wurde der Reschenpass Richtung Italien in Angriff genommen. Die beiden beschlossen, am Reschensee zu übernachten. Jochens Zündschloss gab kurz nach der Ankunft den Geist auf. 1,5 Stunden war man dann noch damit beschäftigt, ein Quartier zu suchen. Weitere 220 Kilometer waren an diesem Tag geschafft.
Am dritten Tag sollte der Gardasee erreicht werden, wo Franks Bruder mit Familie Campingurlaub machte. Es ging morgens um 7.30 Uhr los. Die Fahrerei auf Italiens Straßen war ungewohnt und nervig. Ohne Vorankündigung befanden sich die beiden mehrmals auf Schnellstraßen, die sie eigentlich gar nicht nutzen durften. Letztlich erreichten sie ihr Ziel, einen Campingplatz in Lazise. Sie hatten an diesem Tag noch einmal 250 Kilometer zurückgelegt. Angekommen, kam eine Abkühlung im Pool gerade recht. Jochen und Frank verbrachten vier erholsame Tage am Strand.
Dann ging es zurück Richtung Bozen über den Brennerpass. Die Route führte durch Brixen nach Obervinte auf die Sonnenstraße und Terenten, wo die beiden Mittag machten. Weiter ging es über Lienz nach Heiligenblut. Dort kamen die beiden um 17.30 Uhr an und suchten sich eine Unterkunft. Die nächsten 326 Kilometer waren geschrubbt.
Fast nur im ersten Gang
Der folgende Sonntag verlangte Mensch und Maschine einiges ab. Es ging eigentlich nur bergauf, fast nur im ersten Gang, selten auch mal im zweiten. Es ging um 9 Uhr los über die Hochalpenstraße zur Kaiser Franz Josef Höhe (2369 Meter). Damit war das vorgenommene Ziel erreicht. Dort hatten die beiden den direkten Blick auf den Großglockner. Ein Bild mit der Fahne der Feldapotheke musste unbedingt gemacht werden. Schließlich hatte an diesem Tag die Feldapotheke den Großglockner eingenommen. Unterwegs wollte ein deutscher Autofahrer unbedingt ein Bild mit den beiden machen, weil ihm das sonst niemand glauben würde, wenn er zuhause erzählt, das er zwei Simsonfahrer auf den Weg zum Großglockner getroffen habe.
Jubelnde Begrüßung
Weiter ging es zur Edelweißhütte (2500 Meter), wo die beiden ein Quartier reserviert hatten. Frank musste zwei Anläufe und die Beine zur Hilfe nehmen, um überhaupt nach oben zu kommen. Oben wurde er von anderen Motorrad- und Autofahrern jubelnd begrüßt.
Abfahrt im wahrsten Wortsinn war am nächsten Tag ab 8 Uhr angesagt. Es ging über 30 Kilometer nur bergab. Die beiden mussten zwei Mal Pause machen, weil die Bremsen zu heiß wurden. Über Waldkraiburg, Neustadt a.d. Donau fuhren sie Beilngries an. 303 Kilometer Tagespensum. Sitzen – das ging kaum noch.
Unvergessliche Erlebnisse
Aber am folgenden Tag sollte es zurück in die Heimat gehen – die schöne Rhön. Nach noch einmal 220 Kilometern und ziemlich flotten 60 Stundenkilometern wurden beide Feldapothekler von ihren Familien in Unterweißenbrunn herzlich begrüßt.
Und das Fazit: Frank Luger und Jochen Schöppner haben etwas erreicht, was ihnen so gut wie keiner zugetraut hatte und was auch keiner so schnell nachmachen wird. 1900 Kilometer purer Simson Fahrspaß. Von vielen Motorradfahrern, Autofahrern, Urlaubern und Einheimischen erfuhren sie Anerkennung und nahmen so einige schöne Momente mit, die sie ein Leben lang, an diese Mopedtour erinnern werden. Auch Familie und Freunde wurden eines besseren belehrt. Denn die beiden bewiesen ihnen, dass man ein bisschen verrückt und waghalsig sein muss, um etwas zu erreichen. Übrigens, die nächste Urlaubsplanung steht schon. Es geht nach Amsterdam.