Zwei Gabeln im Schulterschluss – eine Heugabel und eine Essgabel – stellte der BBV-Kreisverband Rhön-Grabfeld jüngst vor. Das Kunstwerk, geschaffen von Paul Diestel, soll das Zusammenrücken, die Abhängigkeit und die Zusammenarbeit zwischen Bauern und Verbrauchern symbolisieren. Das Kunstwerk soll zukünftig auf Veranstaltungen, bei Aktionen und Ausstellungen zu sehen sein. Im Kuhstall von Kreisbäuerin Margit Ziegler wurde es zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.
Anlass für diese Aktion waren die an diesem Mittwoch bevorstehenden Entscheidungen über das "Aktionspaket Insektenschutz", das vom Bundeskabinett beschlossen werden soll. Bundesumweltministerin Svenja Schulze will den aus Sicht der Bauern notwendigen Pflanzenschutz auf 800 000 Hektar in Bayern, und damit auf mehr als 25 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche, verbieten oder massiv einschränken. Um ihren Protest zu zeigen, haben am Montagabend Bäuerinnen und Bauern aus dem Kreisverband Rhön-Grabfeld mit kleinen Mahnfeuern auf ihren landwirtschaftlichen Betrieben gegen diese pauschalen Regelungen und die verheerenden Folgen für die regionale Landwirtschaft demonstriert.
Landwirtschaft und Umweltschutz sind keine Gegensätze
Die Mahnfeuer sollen unter dem Motto "Wir brennen für Landwirtschaft und Artenvielfalt" daran erinnern, dass Landwirtschaft und Umweltschutz für viele Bauern kein Gegensatz sind. Das zeigen die Zahlen in Bayern: Auf mehr als der Hälfte der Bauernhöfe und auf rund 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche wird nach den Vorgaben der Agrarumweltprogramme gewirtschaftet.
Die von Bundesumweltministerin Schulze vorgeschlagenen Maßnahmen hätten gerade im Landkreis Rhön-Grabfeld gravierende Auswirkungen auf die Landwirtschaft. In FFH-, Vogelschutz- und Naturschutzgebieten wurden Lebensräume für Pflanzen und Tiere geschaffen. In diesen Gebieten, für die ein Verschlechterungsverbot gilt, gibt es landwirtschaftlich genutzte Flächen, für die nun noch strengere Auflagen geplant sind. "Wir brauchen Kooperation statt neuer Verbote", sagen BBV-Kreisobmann Mathias Klöffel. BBV-Geschäftsführer Michael Diestel fordert eine Ausgleichsförderung, wenn Verbote ausgesprochen werden.
Die Landwirtschaft ist in der Zwickmühle
Die Frustration ist groß. Einerseits muss die Landwirtschaft zu Weltmarktpreisen produzieren, andererseits wollen die Verbraucher gute und hochwertige Lebensmittel zu geringen Preisen, möglichst von idyllischen Bauernhöfen. "Wir erleben immer mehr Verbote und Einschränkungen und vermissen die Wertschätzung unserer Arbeit und das Verständnis für unsere Lage", sagt Klöffel. Früher hatte zum Beispiel ein Bauer mit 200 Schweinen ein gutes Auskommen, heute komme er mit 1000 Schweinen gerade so über die Runden, erklärt er. Der Handel spiele dabei eine große Rolle. Die Folge: 70 Prozent der Bauern im Landkreis können nicht mehr von ihren Erzeugnissen leben und werden zu Nebenerwerbslandwirten. Kein Wunder, wenn die Nachkommen die Höfe nicht übernehmen wollen. Das Sterben der Bauernhöfe gehe weiter, so Klöffel.
Geschäftsführer Diestel spricht von "schleichender Enteignung", denn es gehe um Eingriffe ins Eigentumsrecht. Wenn man wegen des Insektenschutzes Steingärten oder Urlaubsflüge verbieten würde, gäbe es einen Aufschrei in der Gesellschaft. "Jeder von uns muss etwas dazu beitragen, nicht nur die Landwirte", meint er. Insektensterben habe auch andere Ursachen als Glyphosat, zum Beispiel Dieselabgase, Flächenverbrauch oder Mobilfunkstrahlen – das sei noch nicht ausreichend erforscht. In Corona-Zeiten sei die Wertschätzung gegenüber der bäuerlichen Landwirtschaft in der Region gestiegen, sagt Kreisbäuerin Margit Ziegler, aber die Politik stelle die Weichen. Sie fordert unter anderem Planungssicherheit, zum Beispiel wenn Ställe nach Vorschriften gebaut werden, die nach fünf Jahren nicht mehr gelten, aber der Kredit für den Bau ist noch längst nicht abgezahlt. Die 120 Hektar Blühflächen, die im Landkreis von den Bauern mit Begeisterung und Engagement angesät wurden, zeigen der Bevölkerung, dass auch freiwillig etwas in Sachen Insektenschutz passiert. Aber die Politik zeige kein großes Interesse.
Die Kosten für den Insektenschutz müssen auf alle verteilt werden – darüber sind sich die Anwesenden einig. Den Schulterschluss zwischen Bauern und Verbrauchern wünschen sie sich, wie es die beiden Gabeln zeigen. Beide Seiten sind aufeinander angewiesen.