
Musikalische Reise durch 70 Jahre Filmgeschichte: Ob düsteres Mittelalter, Wilder Westen oder Narnia – der Fantasie des Publikums waren am letzten Juli-Sonntag keine Grenzen gesetzt.
Ausverkauftes Haus und stehende Ovationen: Einen besseren Auftakt hätte sich der musikalische Leiter Elmar Koch für sein Debüt bei der 6. Mellrichstädter Musiknacht unter dem Titel "The Sound of Movies" nicht wünschen können.
Gemeinsam mit Kreiskulturmanagerin Carolin Fritz-Reich hatte er ein außergewöhnliches Programm großer Filmhits aus sieben Jahrzehnten zusammengestellt. Neben dem Philharmonischen Orchester Rhön-Grabfeld war auch der Sängerverein Mellrichstadt beteiligt. Erstmals bestand dessen Projektchor (Einstudierung: Marianne Klemm und Heinz Pallor) aus Mitgliedern dreier Chöre: dem großen gemischten Chor, dem Ensemble "mittendrin" sowie dem Jugendchor.
Workshops zur Vorbereitung
Für ihren besonderen Open-Air-Auftritt waren alle Akteure bestens vorbereitet. Wochen zuvor wurde bereits bei einem Workshop unter fachkundiger Anleitung an gesanglicher Perfektion gefeilt. Konzertmeisterin Kim Leonore Bauer-Heilmann beherrschte ihre Violine derart gefühlvoll, dass es bisweilen so wirkte, als wäre sie damit verschmolzen. Großes Kino für die Ohren!

Bürgermeister Michael Kraus eröffnete den Abend. In Kooperation mit der Berufsfachschule für Musik Bad Königshofen, dem Verein Aktives Mellrichstadt und der Kulturagentur Rhön-Grabfeld hatte die Stadt Mellrichstadt als Veranstalter die 6. Musiknacht 2024 am Marktplatz vorbereitet und umgesetzt. Nach seiner launigen Begrüßung dankte er allen Sponsoren, durch deren finanzielle Unterstützung solch kostspieliges Projekt überhaupt erst realisierbar sei. "Freuen Sie sich auf ein exzellentes Musikereignis", rief der Stadtchef dem Publikum zu und gab die Bühne frei.

Mit dem angekündigten Querschnitt durch die Filmmusik-Geschichte werde ein langgehegter Wunsch wahr, verriet Moderatorin Carolin Fritz-Reich, die - unterstützt von Elmar Koch – charmant durchs Programm führte.
Ohrwurm mit Wiedererkennungswert
"Also sprach Zarathustra" diente als Soundtrack des Films "Odyssee im Weltraum", wurde jedoch unabhängig davon komponiert. Weiter ging die Reise mit Klängen aus Star Trek-Produktionen. Ein Abstecher nach Hogwarts, der Zauberschule Harry Potters, sorgte für erste Begeisterungsstürme. Seine besondere, magische Note bekam das Stück dank Solist Bernhard Kuffer am Klavier.
"Conquest of Paradise" untermalte Ridley Scotts Historiendrama "1492 – Die Eroberung des Paradieses". Ebenso wie der Film hatte das Werk nach dem Kinostart zunächst wenig Erfolg. Dies änderte sich schlagartig, als Boxer Henry Maske es für seinen Einmarsch beim Weltmeisterschaftskampf gegen Iran Barkley verwendete. Seit jenem legendären Fight ist der düster anmutende Sound ein Ohrwurm mit Wiedererkennungswert.

Authentischer Auftritt der Extraklasse
Afrikanische Gastsängerinnen und -sänger interpretierten "Dry Your Tears, Afrika!" aus dem Streifen "Amistad". Marianne Fritz hatte ihre durch den 2015 gegründeten Asylhelferkreis entstandenen Verbindungen genutzt und die Weichen für jenen authentischen Auftritt der Extraklasse gestellt.
Gute Laune verbreitete ein bunter Mix aus Walt Disneys Welterfolg "Der König der Löwen". Hakuna Matata, was so viel bedeutet "keine Probleme, alles in bester Ordnung" ließ Sorgen und Weltschmerz vorübergehend vergessen. Herrliche Leichtigkeit brach sich Bahn.
Vergleichsweise schwere Kost servierte Elmar Koch im Kontrast dazu mit dem Soundtrack zu "Schindlers Liste". Jene US-amerikanische Produktion inszenierte als Steven Spielberg. Vor dem Hintergrund des Holocaust wird erzählt, wie der Unternehmer Oskar Schindler, ein NSDAP-Mitglied, etwa 1100 Juden eigens in seinen Fabriken beschäftigte, um sie vor der Deportation und Ermordung im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu bewahren. Bittersüß dargeboten, musikalisch hervorragend umgesetzt - Schmerz und Hoffnung dieses düsteren Kapitels deutscher Geschichte schienen greifbar.
Finale kurz vor Mitternacht
Der 1992 geborene Yannik Helm aus Fulda studierte nach dem Abitur Schulmusik und Komposition an der Musikhochschule Würzburg. Eigens für die Mellrichstädter Musiknacht arrangierte er ein Medley, das es so noch nie gab. An der Solo-Violine brillierte Konzertmeisterin Kim Leonore Bauer-Heilmann. Ihre Interpretation von "Moon River" aus dem 1961 produzierten Filmklassiker "Breakfast at Tiffany’s" brachte alle Herzen zum Schmelzen.
Zum Finale kurz vor Mitternacht war der Funke längst übergesprungen, sodass Elmar Koch anhaltenden Applaus und stehende Ovationen erhielt. Feuertaufe bestanden? Auf jeden Fall. Sein Geheimnis? Er versuchte nicht, die Handschrift seines Vorgängers Professor Ernst Oestreicher zu kopieren. Vielmehr hatte er der klassischen Musiknacht eine ganz eigene Note verliehen. Dazu kann man Koch nur gratulieren.