Erst die Debatte um Verbrennungsmotoren, vor allem um Dieselmotoren, und dann noch die Corona-Krise: In der Automobilindustrie hat sich die Lage auf den Absatzmärkten und damit der Einbruch der Nachfrage weiter verschärft. "Die Reich GmbH als weltweit tätiger Automobilzulieferer mit Schwerpunkt im Bereich der Verbrennungsmotoren kann sich dem nicht entziehen und steht vor Herausforderungen und Handlungsnotwendigkeiten", teilt das Mellrichstädter Unternehmen auf Nachfrage dieser Zeitung mit. Notwendig sei nun ein "konsequentes Kostenmanagement" mit strategischen Investitionen in Zukunftsprojekte, aber auch mit einer mittelfristigen Anpassung der Mitarbeiterzahlen. Wie hoch diese ausfällt, war von Seiten des Unternehmens nicht zu erfahren. Die für dieses Jahr vorgesehene Stellenanpassung soll aber sozialverträglich und ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen.
Ein spürbarer Auftragsrückgang in Folge der Corona-Pandemie habe die Einführung von Kurzarbeit, wie in vielen anderen Unternehmen auch, unumgänglich gemacht. Von der Kurzarbeit, die seit März besteht, seien bei der Reich GmbH alle Bereiche und alle Beschäftigten betroffen. Aktuell würde sich ab dem Monat August eine Besserung beim Auftragsbestand in bestimmten Bereichen abzeichnen. Ein Ende der Kurzarbeit sei derzeit allerdings noch nicht abzusehen, informiert Oliver Thiele, zuständig für die Kommunikation im Hause Reich, in einer Pressemitteilung.
Neue Marktchancen und Potenziale finden
Die Reich GmbH habe bereits zu Beginn des Jahres reagiert und ein umfassendes "Performance-Programm" aufgesetzt, "um sich den Entwicklungen im Kerngeschäft zu stellen und zugleich neue Markt-Chancen und Potenziale zu finden sowie den Transformationsprozess bei Reich aktiv zu gestalten". Eine Vielzahl von Projekten sei hierzu initiiert und in den vergangenen Wochen bereits auf den Weg gebracht worden. Um die Wettbewerbsfähigkeit der Firma zu stärken, müsse man nun Kosten senken, um damit finanziellen Spielraum für Investitionen in Wachstumsmärkte zu schaffen.
"Mit einem konsequenten Kostenmanagement und strategischen Investitionen in Zukunftsprojekte verfolgt die Reich GmbH das Ziel, das Unternehmen agiler, effizienter und weitsichtig aufzustellen und somit Produktivität und Wirtschaftlichkeit langfristig zu sichern sowie vorhandene Marktanteile zu halten und neue Marktanteile zu generieren", heißt es in der Verlautbarung. Im Kostenmanagement inbegriffen sei auch die mittelfristige Anpassung der Mitarbeiterzahlen. Diese soll vorrangig durch Fluktuation, Altersteilzeitregelungen und freiwillige Vereinbarungen erfolgen.
Neue Einheit "Business Development"
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung sei auch die Einführung der neuen Einheit "Business Development". Ziel dieser sei es, einerseits neue Projekte zu erschließen und andererseits außerhalb des bisherigen Umfeldes neue Geschäftsfelder nutzbar zu machen. Trotz der Reiseeinschränkungen aufgrund von Corona seien bereits intensive Kontakte hergestellt und aussichtsreiche Verhandlungen mit Partnern geführt worden, teilt Thiele mit.
Im Hause Reich, das im vergangenen Jahr sein 100. Jubiläum feierte, zeigt man sich überzeugt, mit den getroffenen und noch zu erfolgenden Maßnahmen die "Grundlage für eine nachhaltige und stabile Geschäftsentwicklung sowie eine fortwährende Wettbewerbsfähigkeit" zu schaffen und Arbeitsplätze nachhaltig sichern zu können.
"Wir kämpfen um jeden einzelnen Arbeitsplatz"
"Wir kämpfen um jeden einzelnen Arbeitsplatz", betont Betriebsratsvorsitzender Christian Zirk gegenüber dieser Zeitung. Das gestalte sich jedoch angesichts der aktuellen Situation in der Automobilindustrie schwierig. Zumindest sei er froh, dass man zusammen mit der IG Metall betriebsbedingte Kündigungen für das Jahr 2020 abwenden konnte. Selbstverständlich bleibe man mit dem Arbeitgeber in Verhandlungen. Zu hoffen sei, so Zirk, dass die Wirtschaft wieder Fahrt aufnimmt und damit genügend Personalbedarf vorhanden sei.
Thomas Höhn, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, fügt ergänzend hinzu, dass dafür, dass es in diesem Jahr keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird, die Arbeitnehmer für 2020 auf Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten. Für 2021 werde man sich dann wieder zusammensetzen müssen. Ihm liege eine nachhaltige Entwicklung der Reich GmbH sehr am Herzen, erklärt Höhn.