Diesen Abend werden die knapp 40 Mitglieder lange nicht vergessen. Aus der Pandemie-Not heraus geboren wurde der digitale Club-Abend ein Highlight in der Geschichte der Monatstreffen des Lionsclubs Bad Königshofen. Initiiert und moderiert wurde er vom amtierenden Präsidenten Bernd Knahn in Form einer Videokonferenz. Im Vorfeld hatten sich 28 Teilnehmer angemeldet, letztendlich waren aber an die 40 zugeschaltet. Zu den virtuellen Gästen zählten Andy Albert, der Manager der Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen, und Josef Ort, der Kassier des Hauptvereins. Knahn hatte das Abend-Thema „Von der Kreisklasse in die Weltklasse“ genannt. Und damit nicht übertrieben.
Steger antwortete eine Stunde lang auf Fragen
Als er die Konferenz eröffnete, befand sich jedoch der Weltklasse-Spieler des TSV, Bastian Steger, noch auf der Heimfahrt von einem Sponsoren-Termin in Mittelfranken auf der A57 zwischen Köln und Düsseldorf. Eine Dreiviertelstunde später schaltete er sich zu, erzählte aus seiner Karriere und beantwortete über eine Stunde lang zahlreiche Fragen der Club-Mitglieder. Eine Video-Konferenz dieser Größenordnung und zusätzlich die Einspielung eines TSV-Werbevideos technisch auf Touren zu bringen, zählt nicht zum Tagesgeschäft eines Bernd Knahn. Das erledigten Andreas Rottmann und Eugen Rehrich - ebenfalls vom Homeoffice aus. Sie spielten das Video aus den besten Tagen der Vor-Corona-Zeit mit begeisternden Bildern in der proppenvollen Shakehands-Arena zum Appetitmachen ein. Für diejenigen, die noch nie eines der 88 Zweitliga- und bisher 77 Bundesligaspiele gesehen haben.
Knahn war es ein Anliegen, angesichts seiner Doppelfunktion als Präsident des Lionsclubs und als Marketingleiter der Tischtennis-GmbH, den dünnen Verbindungsfaden zu einem Band zwischen den beiden Clubs zu knüpfen: Dem Lions-Club, der soziale und karitative Projekte fördert, und dem TSV, der Sport und Bewegung von der Kindheit bis ins Seniorenalter sowie von den Amateuren bis zu den Profis fördert. Albert und Ort schilderten die Entwicklung von den ersten Versuchen bereits im Jahr 1935 über den Wiederbeginn Mitte der 1950-er auf dem Dachboden des Rathauses, danach im alten Turnerheim. Sie berichteten vom Startschuss zum Leistungssport Mitte der 1970-er durch Reinhold Schäfer, der eine Damenmannschaft, unter anderen mit Maria Ort, Anja Zuber, Karin Erhard und Michaela Kaufmann bis in die 2. Bundesliga führte.
Angermüller: Kein normales Sponsoring
Und er führte eine Generation mit Johannes Heusinger, Josef Ort, Jürgen Halbig, Andy Albert, Thomas Bier, Robert Dietz, Peter Richter oder Alfred Werner ins damals revolutionierende Systemtraining zu überregionalen Erfolgen. 1985 übernahmen Albert und Ort die Regie in der Abteilung. Ein Teil der anderen legt heute noch Hand an im Jugendbereich und/oder als Teil des 50-köpfigen Helferteams bei den Heimspielen. In der kleinsten Stadt der Bundesliga strömen - hinter Branchenführer Düsseldorf - die zweitmeisten Fans in die Shakehands-Arena. Sowohl Albert als auch Kurdirektor Werner Angermüller, der über die FrankenTherme eine Werbepartnerschaft („das ist kein normales Sponsoring“) mit dem TSV eingegangen ist, versicherten, dass „die TT-Mannschaft Bad Königshofen mehr als jedes andere Werbemittel Deutschland-weit bekannt macht.“ Es sei schwierig, in dieser Region in vergleichbarer Weise wie andere TTBL-Vereine, Werbepartner zu finden. Angermüller: „Dabei verdienen unsere Spieler in der zweitbesten Liga der Welt nicht mal ein Drittel von dem, was Fußballer in der 3. Bundesliga verdienen. Und dort stehen mehr als 20 unter Vertrag, beim TSV vier.“
Als Bastian Steger sich zugeschaltet hatte, waren die Konferenz-Teilnehmer nicht mehr zu halten. Knahn ließ die Fragenden sich melden und nahm sie dran wie beim Homeschooling. Steger hat mit Timo Boll an zwei Olympischen Spielen (London und Rio) teilgenommen und zwei Medaillen im Teamwettbewerb gewonnen. Seine übrigen WM- und EM-Medaillen und Erfolge seiner 23-jährigen Profizeit aufzuzählen, hat der Zeitrahmen nicht zugelassen. Der gebürtige Oberviechtacher wird im März 40 und ist „noch kein bisschen müde. Ich habe noch so viel Spaß am Tischtennis, an jedem Training und jedem Spiel, und, ganz ehrlich, fühle mich auch noch gar nicht wie 39“, antworte er Manfred Firnkes auf die „Wie-lange-noch?“-Frage.
Kojis Kleinigkeiten mit großer Wirkung
Renate Herold gab er die Auskunft, dass er von größeren Verletzungen zum Glück verschont geblieben sei. "Nur nach Rio war ich drei Monate weg vom Fenster. Da hat sich der Körper irgendwie gewehrt.“ Seila Grav wollte wissen, wie er sich mental vorbereitet? „Videoanalyse meiner Gegner und, ganz wichtig, locker bleiben. Ich denke nie über den Spielstand oder die Bedeutung des Spiels nach, sondern nur über den nächsten Punkt.“ Zu Eugen Rehrichs Frage nach der Minute Timeout und dem Trainingsumfang: „Manchmal vergisst man unter dem ganzen Stress und Druck die einfachsten Dinge. Die sagt mir dann der Koji und Kleinigkeiten mit großer Wirkung wie: 'Stell dich mal bei deinem Aufschlag einfach 30 cm weiter zur Mitte'. Wichtig im Spiel ist, nie zurückzuschauen, sondern immer nach vorne und immer positiv denken. Dazu gibt’s keine Alternative.
Zum Training sagte Steger: Heute trainiere ich nicht mehr so viel wie zwischen 20 und 30. Wenn ich mal zwei, drei Wochen weg war, war alles wie gelöscht und ich musste immer von vorne anfangen. Heute ist alles automatisiert und sofort wieder da. Es sind aber immer noch fünf bis sechs Stunden plus Kraftraum, Massage und Videoanalyse.“ Werner Angermüller wollte wissen, wie sich die Atmosphäre mit dem emotionalen Publikum bei Heimspielen auswirke: „Für uns super, wenn du die Unterstützung spürst, für die meisten Gegner eklig, wenn du sie gegen dich spürst. Manchen hilft das aber genau so wie uns. Timo Boll sagte mir mal, es ist ja unglaublich, was ihr da für ´nen Hexenkessel habt.“
Am Ende fasste Bernd Knahn rundum zufrieden zusammen: „Ich denke, der Lionsclub und die Tischtennis-Familie sind heute ein Stück aufeinander zugegangen.“