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Großwenkheim
Linke-Bundestagskandidat: Wer viel hat, soll mehr zahlen
Auf der Arbeit rettet er Leben, in seiner Freizeit beschäftigt sich der Linken-Direktkandidat Claus Scheeres mit seiner Familie und seinen Gedanken zu einer besseren Welt.
Claus Scheeres  in seiner Lieblingskneipe „Zoom Eulenspiegel“ in Bad Kissingen. Er tritt zur Bundestagswahl im Wahlkreis Bad Kissingen für die Linke an.
Foto: Ellen Mützel | Claus Scheeres in seiner Lieblingskneipe „Zoom Eulenspiegel“ in Bad Kissingen. Er tritt zur Bundestagswahl im Wahlkreis Bad Kissingen für die Linke an.
Ellen Mützel
 |  aktualisiert: 07.09.2021 02:36 Uhr

Mit Claus Scheeres tritt die Linke mit einem neuen Gesicht an. Der 33-Jährige trat zudem erst vor kurzem in die Partei ein: „Das war im Frühjahr 2020, zur Thüringen-Wahl, als die FDP den Eklat mit der AfD hatte“, sagt er. Auch in der Region ist Scheeres neu – aber hat sich bereits in das Leben auf dem Land verliebt.

Geboren und aufgewachsen ist er Ingolstadt. Nach der Schule sammelte er Erfahrungen bei der Bundeswehr, kurz darauf kam das erste seiner drei Kinder auf die Welt. Scheeres legte das Fachabitur ab. Es folgte eine Ausbildung zum Notfallsanitäter. „Ich hatte ehrenamtlich schon mal in den Rettungsdienst reingeschnuppert. Ich war in meiner Schulzeit beim Arbeiter-Samariter-Bund.“ Bei seinem Beruf als Notfallsanitäter ist er bis heute geblieben. In Großwenkheim ist er wegen seiner jetzigen Frau gelandet.

Zu wenige Fachambulanzen

Dort wohnt er seit 2017 und arbeitet bei der Rettungswache in Maßbach. Der Rettungssanitäter sagt von sich selbst, er sei „ein absoluter Familienmensch“. Politisch hat Scheeres drei Steckenpferde: Das Gesundheitssystem, die soziale Ungleichheit und den Kampf gegen Rechts. Ins Gesundheitssystem hat er durch seinen Beruf einen guten Einblick. Ein großes Problem sieht er darin, dass es zu wenige Fachambulanzen gibt: „Wenn wir jetzt mal Urologie nehmen: Da haben wir hier das Leopoldina in Schweinfurt. Das war's!“ Die nächstgelegene Urologie sei dann in Würzburg oder Bamberg.

Das Übel der Fallpauschalen

Ebenfalls bedenklich findet er die Fallpauschalen: Kliniken erhalten von den Krankenkassen für Behandlungen einen Fixbetrag „Der Patient wird nicht mehr als individuelle Person gesehen, sondern als Kategorie.“ Es gehe nur noch darum, wie man aus einem Patienten viel Geld herausbekommt, ohne dass er lange stationär bleibt. „Das Gesundheitssystem wird zum Profitsystem. Und das darf nicht sein.“ Die Linke arbeite stark für eine Rekommunalisierung: „Dann könnte der Staat die Krankenhäuser subventionieren, was – finde ich - auch seine Pflicht ist.“ Auch in der Pflege müsse sich etwas tun: „Eine Krankenschwester hat teilweise zehn Tage hintereinander Schicht. Es braucht einfach eine bessere Bezahlung für das, was sie leistet. Und mehr Anerkennung.“ Dadurch kämen auch mehr Pflegekräfte.

Mehr Mitsprache für Gewerkschaften

Bei seinem zweiten Steckenpferd, der sozialen Gerechtigkeit, sieht er ebenfalls Luft nach oben: Die Politik müsse das Betriebsverfassungsgesetz novellieren, damit Gewerkschaften mehr Mitspracherecht haben. Scheeres möchte der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken: „Die Kluft zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Das hat man auch während Corona sehr gemerkt“. Ein Beispiel: Amazon-Chef Bezos hätte allen Angestellten rund 100 000 Euro zahlen können – und wäre immer noch so reich wie vor der Pandemie. „Und dann gab es den Mittelstand mit kleinen Läden, die mit der Insolvenz zu kämpfen hatten. Das verstehe ich nicht“.

Ja zur Vermögenssteuer

Er wäre für eine Vermögenssteuer: Menschen, die viel haben, sollen auch viel zahlen. Zudem fordert er, die Grundrente auf 2000 Euro zu erhöhen – für ein Leben in Würde im Alter. „Ich finde, dass unsere Mittelschicht, vor allem die Geringverdiener, gestärkt und vor allem entlastet werden müssen.“ Ein bedingungsloses Grundeinkommen sieht er kritisch – aber als Teil eines Lösungsansatzes. Zu sozialer Gerechtigkeit gehört für ihn auch, Minderheiten eine Stimme zu geben. Das heißt: „Sind sie zufrieden mit der Gleichstellung?“ Außerdem beschäftigt ihn die Geschlechtergerechtigkeit: „Zwei Drittel der Frauen arbeiten im Niedriglohnsektor. Und es gibt mehr Vorstände, die Thomas und Michael heißen, als Frauen insgesamt in Vorständen.“

Gegen Rechts und eine Impflicht für Kinder

Seinen Kampf gegen Rechts begründet Scheeres damit, dass er selbst schon von Rechten verprügelt worden sei. Sein bester Freund sei dunkelhäutig, das habe manchen nicht gefallen. „Ich bin abends nach Hause gelaufen, da haben die mir aufgelauert.“ Sie prügelten ihn krankenhausreif. Durch seinen Kumpel lernte er, wie das Leben in Deutschland ist, wenn man nicht deutsch aussieht. Durch seine Arbeit hat Scheeres zudem Einblicke, wie es etwa im Ankerzentrum in Schweinfurt aussieht. Die Lebensumstände dort seien nicht schön.

Neben seinen drei Steckenpferden kommt er als Vater auch mit Familienthemen in Berührung: „Wogegen ich mich massiv eingesetzt habe, war die Impfpflicht der Kinder.“ Mit Blick auf die Kleinen möchte er außerdem den ÖPNV ausbauen – um ihnen ein Stück Autonomie zu geben. Auch Kitaplätze sind für ihn ein Thema: „Im Prinzip müsstest du dein Kind schon bei der Geburt anmelden, um einen Kindergartenplatz zu bekommen.“ In Sachen Klimawandel wünscht Scheeres sich eine bessere Förderung für Privathaushalte. Im Bildungssystem sieht Scheeres zu viel Druck und zu wenig Förderung der Talente der Kinder.

Zur Person

Name (Partei): Claus Scheeres (Die Linke)
Geburtsdatum: 13. 01. 1988
Wohnort: Großwenkheim
Familienstand: verheiratet, 3 Kinder
Erlernter Beruf: Notfallsanitäter
Hobbys: Parteiarbeit, Unternehmungen mit den Kindern wie Geocaching, Schwimmen oder Klettern
Bezahlte Posten außerhalb der Politik: keine
emü
 
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Kommentare
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  • noramablau
    Ich wünsche diesem Kandidaten viele Stimmen, er ist mir sehr sympathisch. Seine Kritik und seine Wünsche kann ich nur unterstreichen. Schade dass er nicht in meinem Wahlkreis ist, solch einen Politiker wünsche ich mir.
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