Seit Dienstag ist es offiziell: In Mellrichstadt gibt es die erste Udo-Lindenberg-Mittelschule der Republik. „Es ist das Ende eines langen Wegs“, zeigen sich Schulleiter Egon Bauß und sein Stellvertreter Achim Libischer erleichtert. Schade nur, dass Panik-Rocker Udo nicht selbst dabei sein konnte, als die Urkunde überreicht wurde. Doch der 71-Jährige will den Mellrichstädtern auf jeden Fall einen Besuch abstatten, hat er der Schulfamilie versprochen. Die Vorfreude ist schon riesig.
Werte leben
„Jede Begegnung ist besonders. Und die Würde jedes Menschen bleibt unantastbar. Sowieso. Weil ich jedes runtermachen von Menschen zum Kotzen finde.“ Sätze wie dieser zieren das Schulhaus, Zitate von Lindenberg, die den Schülern als Leitlinien dienen sollen in ihrem Verhalten anderen gegenüber. Udo Lindenberg gibt mit Sonnenbrille und Hut nicht nur ein markantes Bild ab, er steht auch für Werte wie Toleranz, einen respektvollen Umgang mit anderen und Menschlichkeit. Das war für die Schulleitung ausschlaggebend, als im September 2015 die Umbenennung der Schule in Udo-Lindenberg-Mittelschule aufs Tapet kam.
Eigenes Profil
Das Kultusministerium hatte zuvor ausgegeben, dass jede Schule ein eigenes Profil entwickeln sollte. Gleichzeitig kamen im Zuge der Flüchtlingswelle quasi über Nacht 45 Kinder von Asylsuchenden an die Schule, mit denen Lehrer und Mitschüler umzugehen lernen mussten. Keine einfache Situation, sagt Egon Bauß klipp und klar, und genau hier kam Lindenberg ins Spiel. Seine Vision von einer bunten Republik und einer toleranten Gesellschaft, sein Gedanke, dass jeder Mensch, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe und Religion die gleichen Rechte hat, sollte an der Schule verwirklicht werden.
Große Begeisterung
Achim Libischer als Ideengeber begründete die Pläne in der Schulverbandssitzung, und die ganze Schulfamilie, die Verbandsräte und auch die Schulamtsvertreter waren begeistert. Weihnachten 2015 sollte der neue Schulname an der Fassade stehen – doch von offizieller Seite kamen Bedenken auf. Zum einen werden üblicherweise keine Zeitgenossen als Namensgeber für Schulen in Betracht gezogen, zum anderen musste sich Altrocker Udo wegen unerlaubten Waffenbesitzes verantworten. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte im November 2015 Anklage erhoben, nachdem am Flughafen ein Kleinkaliberrevolver in seinem Handgepäck gefunden worden war.
Laut Lindenberg gehörte die Waffe seinem Leibwächter. Nachdem sich letztendlich das Problem mit der Staatsanwaltschaft in Luft aufgelöst hat, stand der Namenspatenschaft nun nichts mehr im Weg – bei einer Verurteilung hätte sich die Mittelschule einen anderen Namensgeber suchen müssen.
Botschaft hat Gewicht
Das wäre schade gewesen, zumal sich die Schulfamilie in den vergangenen zwei Jahren mächtig ins Zeug gelegt und mit vielen Aktionen im Geiste Lindenbergs für Furore gesorgt hat. „Wir haben gezeigt, dass die Botschaft des Sängers Gewicht hat“, so Schulchef Bauß. Auch Walter Volkmuth vom Schulamt Rhön-Grabfeld freute sich, dass die Bemühungen ein gutes Ende genommen haben.
„Wir wollen nun kein Lindenberg-Museum in Mellrichstadt entwickeln, sondern die Inhalte, die Udo vertritt, mit Leben erfüllen“, verspricht Achim Libischer. Er hat noch einige Ideen fürs neue Schuljahr in petto, die allerdings noch nicht spruchreif sind. Mit einer Ausnahme: Im Juli soll es einen Integrationstag an der Schule geben.
Rückenwind
„Die Namensgebung gibt uns Rückenwind für die nächsten Jahre“, ist sich Libischer sicher. Dabei ist die ganze Schulfamilie stolz darauf, was bereits geleistet wurde. Zuletzt hatten beim Schulfest im April 150 Kinder an zwei Abenden ihre Vision einer besseren Welt präsentiert und waren dabei mit dem Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ausgezeichnet worden.
Bürgermeister Eberhard Streit, zugleich Schulverbandsvorsitzender, überreichte die Urkunde der Regierung von Unterfranken an die Schulleiter und zeigte sich stolz auf das Erreichte. „Ende gut, alles gut. Und vielleicht können sich die Schüler mit Udo Lindenberg, dessen Leben ja alles andere als geradlinig verlaufen ist, identifizieren und von ihm lernen, dass man niemals aufgeben darf“, so der Stadtchef.
Pioniere unserer Zeit
Udo Lindenberg selbst verkündet die frohe Botschaft ebenfalls auf seiner Facebook-Seite. Er nannte die Mittelschüler „wahre Pioniere unserer Zeit, unserer Gesellschaft“. Weiter ist zu lesen: „Wir freuen uns gigantisch, dass eure Schule jetzt offiziell 'Udo Lindenberg Schule' heißt. Dass Ihr Eurer Ding macht und laut seid gegen Nazis und Rechtspopulisten, dass Ihr für eine gerechtere friedlichere Welt kämpft und soviel Respekt und Menschlichkeit zeigt!! Wir ziehen unseren Hut.“