Kennen Sie das auch? Man riecht einen altbekannten Duft und wird sofort in die Vergangenheit hineingezogen. Ein scheinbar verloren gegangener Teil der Erinnerung schießt auf einmal ins Bewusstsein und man wird unmittelbar an die Dinge erinnert, wie sie früher waren. Teilweise sind sie wichtig, teilweise erscheinen sie fast trivial. Mir geht es so, wenn ich den Duft von "Krautsklößen" rieche. Ich muss dann immer an einen alten, schmiedeeisernen Topf denken, mit dem meine Oma, die im Haus wohnte, diese Köstlichkeit zubereitete. "Wie alt ist der Topf?", fragten wir als Kinder immer die Mutter. "Bestimmt hundert Jahre", war jedes Mal die Antwort. Und wir waren erstaunt, wie ein Ding aus einer für uns unvorstellbar lang zurückliegenden Zeit stammen kann.
Auch, wenn dieser alte schmiedeeiserne, schwarz gewordene Topf irgendwann den "Weg alles Irdischen ging": Die Begeisterung für die Krautsklöße mit Zwiebelsoße ist geblieben. Und für mich gilt immer noch: je dunkler das Kraut, desto besser das Essen, auch wenn das vom gesundheitlichen Standpunkt aus sehr bedenklich sein dürfte.
Eigentlich ein Arme-Leute-Essen
Das Gericht dürfte sehr alt sein. In Eußenhausen werden die "Krautsklöß" auch als "Krautbatzen" bezeichnet. Als früheres Arme-Leute-Essen dürften sie aber im ganzen Landkreis bekannt gewesen sein. Reste wurden damit verwertet, was in meiner Kindheit auch immer für etwas Melancholie sorgte. Denn bevor es die Krautsklöße gab, gab es am Vortag Kraut und Erbensbrei mit Schweinefleisch, was ich nicht so mochte. Da ich aber mehr zur verzehrenden Abteilung gehöre, gebe ich jetzt an meine Mutter ab.
"Ich kann mich erinnern, dass es Krautsklöße schon bei meiner Oma gegeben hat", erinnert sich Waltraud Hein zurück. Die 65-Jährige weiß zu berichten, dass ihre Schwiegermutter bis in die 80er-Jahre selbst Kraut eingestampft hat. Dieses wurde geschnitten und in einem sogenannten "Stücht", also einem flachen Holzfass, eingelegt. Dann folgte eine Schicht Salz, dann wieder Kraut, bis das Behältnis voll war. "Im Winter wurde früher oft Kraut gegessen", sagt sie. Kein Wunder, ist es doch reich an Vitamin C.
Auch eine deftige Version gibt es
Und auch die Krautsklöße haben somit viel Vitamin C. Sie können entweder vegetarisch zubereitet werden. Oder auch deftiger, dann nämlich, wenn man direkt in die Pfanne eine Schicht mit dünn geschnittenem Schinken oder Schinkenspeck legt. Einen kleinen Tipp zur Zubereitung hat Waltraud Hein auch noch: "Wichtig ist, dass es unten schöne Scherrn gibt. Die hier entstehenden Röstaromen sorgen für einen guten Geschmack". Und eines ist auch ganz wichtig: Nicht zu neugierig sein. Hebt man nämlich den Deckel hoch, bevor die Krautsklöße fertig sind, dann fallen sie zusammen. Und das will man natürlich nicht.
In einer kleinen Serie stellen Mitarbeiter dieser Zeitung oder deren Angehörige in losen Abständen ihr selbst gekochtes Lieblingsgericht vor und erzählen ihre ganz eigene Geschichte dazu. Im aktuellen Teil der Serie präsentiert Lokalredakteur Björn Hein sein Lieblingsrezept. Er ist der Sohn von Waltraud Hein. Beide leben in Windheim im Landkreis Bad Kissingen.