Nach den Leserbriefen müssen sich die 500 Genossen der Ortsenergiegenossenschaften wie Glücksritter und Heimatverräter, die Verantwortlichen wie planlose Bauunternehmer und Finanzhaie vorkommen.
Mir erscheint das wie eine verkehrte Welt: Da wollen Bürger die groß proklamierte Energiewende in die Hand nehmen, statt sie Großunternehmen zu überlassen, das Kapital, die Erträge und die Steuern in der Region halten und werden dafür als Abzocker beschimpft.
Dass ein Unternehmer die Idee Raiffeisens nicht unbedingt gut findet, wenn er sie durchschaut, ist nachvollziehbar, aber deswegen die Bürger, die danach handeln, pauschal zu diskreditieren, zeugt nicht von liberalem Verständnis. Den radikalen Wandel von Karl-Hermann Reich kann ich nicht nachvollziehen: Da erläutert ihm der Agrokraft-Geschäftsführer vor einigen Monaten Projekt und Konzept, er zeigt sich ganz angetan davon und sagt ihm sein Wohlwollen und seine Unterstützung zu. Plötzlich – ich vermute aus Verärgerung über die Strompreisentwicklung und Nichtberücksichtigung bei der Minderung der EEG-Umlage – schlägt er mit dem großen Hammer auf alle Genossen ein und verdächtigt sie, den „schnellen Reibach“ machen zu wollen.
Ihnen die EEG Regelung als „Sozialisierung der Verluste“ vorwerfen zu wollen ist genau so, als würde man betroffenen Unternehmen die Ermäßigung der EEG Umlage als „sozial finanzierte Gewinnsteigerung“ anlasten. Es scheint wohl besser, wenn AGs, GmbHs oder sonstige Kapitalgesellschaften derartige Projekte in die Hand nehmen (die verstehen ja sowieso mehr davon).
Da steht es dem Überlandwerk unter Vorsitz des Landrates schon besser zu Gesicht, wenn es als Regio e2 GmbH einen Windpark zusammen mit weiteren Gesellschaftern bei Wülfershausen plant (ist ja auch weiter weg von Mellrichstadt).
Zu Karl-Peter Sturm nur soviel: Die Gebiete, in denen Windkraftanlagen gebaut werden sollen, haben nicht wir, sondern der Regionale Planungsverband zu verantworten. Ich frage mich, wo der Vogelschutzbund bei dieser Ausweisung war.
Zum Thema Planung und Lagebeurteilung eines Offiziers, das Harry Eckhardt angesprochen hat, möchte ich sagen: Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Übung abhalten, bekommen einen Übungsplatz zugewiesen und lassen das ganze Bataillon anrücken. Als Sie beginnen wollen, teilt das Landratsamt mit, dass es mit der Übung nichts wird, beziehungsweise Sie nur mit einer oder zwei Kompanien üben können, da man festgestellt hat, dass hier ein Rotmilan fliegt. Weiter behält sich das Amt vor, die Übung abzubrechen, wenn eine Gefährdung des Milans erkennbar ist.
So erging es uns bei der Planung: Da wurden Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesen (auch auf Wunsch des Landrats) in denen wir geplant haben. Gebiete außerhalb sollen Tabuzonen werden. Dann sagt man, Sie können dort nicht oder nur eingeschränkt bauen, da Belange des Naturschutzes entgegenstehen. Wenn Sie aber bauen, müssen Sie ständige Untersuchungen durchführen und die Genehmigungsbehörde behält sich vor, den Betrieb einzustellen oder einzuschränken.
Kann so ein Unternehmer bauen und planen? Der Unterschied zum abgebrochenen Manöver, bei dem der Steuerzahler die Kosten übernimmt, zahlen in der Genossenschaft aber die Mitglieder die Zeche.
Man kann aus unterschiedlichsten Gründen eine andere Meinung zur Windkraft oder zu den Standorten haben, aber nur die eigene Sicht der Dinge gelten zu lassen und die Überzeugung und das Engagement der anderen „niederzumachen“, zeugt nicht von liberaler Einstellung.
Ob das die vielen ehrenamtlich engagierten Verantwortlichen zu mehr Einsatz in anderen kommunalen oder sozialen Bereichen anspornt, wage ich zu bezweifeln!
Im Übrigen: Ob die Entscheidung des Landratsamtes rechtens ist, wird sich zeigen. Es soll schon vorgekommen sein, dass von Gerichten Bescheide korrigiert wurden!
Peter Schmitt
Vorstand FWR Windpark Streu&Saale eG