Zum Bericht "Führt die Riss-Spur zum Wolf" vom 21. Januar erreichte die Redaktion folgender Leserbrief.
"Die Situation, wie wir sie hier in Bayern jetzt erleben, ist fast identisch mit der Situation in Bundesländern wie Sachsen, Brandenburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern vor circa sechs bis sieben Jahren. Man müsste sich also eigentlich nur anschauen, was in diesen Bundesländern passiert (oder nicht passiert) ist, um vorbereitet zu sein, was die Entwicklung der Wolfspopulation angeht:
Vom durchziehenden Einzelwolf zum sesshaften Wolf, dann kamen die ersten viel bejubelten Wolfswelpen auf die Welt. Diese wiederum suchen sich, wenn sie ausgewachsen sind, ein eigenes Revier. So wurden diese Bundesländer nach und nach vom Wolf besiedelt, die Wölfe vermehrten (und vermehren) sich mit einer Reproduktionsrate von 30 Prozent, sodass wir nun bei circa 2000 Wölfen in ganz Deutschland angekommen sind. Die Hauptlast wird von den obengenannten Bundesländern getragen, wo mittlerweile, wie es Herr Urban ausdrückt, "die Bauern (und alle Weidetierhalter) auf die Barrikaden gehen".
Das ist kein Wunder, denn was wird ihnen alles zugemutet! Erst hieß es, 90 Zentimeter Zaunhöhe seien genug, dann wurde es immer höher, bis wir jetzt bei 120 Zentimetern mit elektrifiziertem Flatterband und Untergrabeschutz angelangt sind. Wer soll denn diese Mehrarbeit, diese Stunden, die es kostet, einen Zaun aufzubauen, leisten? Abgesehen davon ist es manchen Wolfsrudeln (Rodewalder Rudel, Schermbecker Rudel) völlig schnurz, wie hoch der Zaun ist, die haben mittlerweile gelernt, über 180 Zentimeter zu springen - und geben das an die Welpen weiter.
Dann kamen Herdenschutzhunde ins Spiel. Diese haben absolut ihre Berechtigung in der Prophylaxe, solange es noch keine Wolfsrudel gibt. Aber auch hier in Bayern wird es in absehbarer Zeit zu Rudelbildungen kommen. Und was sollen denn zwei Herdenschutzhunde gegen ein Rudel Wölfe ausrichten? Die werden genauso wie die Tiere, die sie beschützen, geschlachtet (auch solche Vorfälle gibt es haufenweise in ganz Europa). Es gibt also für den Weidetierhalter nur die Option eines Wettrüstens, je höher die Wolfszahl, desto höher die Zäune, desto mehr Hunde, desto höher also die Kosten für den Herdenschutz. Dieses Wettrüsten wird der Weidetierhalter verlieren und entweder aufgeben oder seine Tiere nur noch im Stall halten. Damit wäre aber auch die Artenvielfalt auf Grünland in großer Gefahr.
Da es also keine 'undurchdringlichen' Zäune gibt - warum wohl werden Wölfe in Tierparks hinter drei Meter hohen Zäunen mit Stacheldraht und Untergrabeschutz gehalten? Und wollen wir das wirklich draußen in der Flur? Also gibt es nur eine Möglichkeit: der Wolf muss ins Jagdrecht, es muss eine Obergrenze festgelegt werden, und alles, was darüber ist oder auffällig wird (das heißt Weidetiere reisst, keine Scheu zeigt), muss geschossen werden.
Das machen uns übrigens schon einige europäische Länder vor, bei denen der Wolf ebenso wie bei uns eine streng geschützte Art ist. Eine festgesetzte Obergrenze, der Abschuss und unbürokratische Ausgleichszahlungen im Falle eines Risses sind die wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz des Wolfes in der Kulturlandschaft."
Verena Heidenreich
97638 Mellrichstadt