Einen besseren Platz für die Aufführung des Heimat- und Historienspiels „1813“ hätten die Untermaßfelder nicht finden können als den Dorfplatz vor der Pfarrkirche, in allernächster Nähe zum Wasserschloss. Denn um dieses Schloss geht es unter anderem in dem zweiteiligen Drama, genauer: um das Gefängnis, das darin untergebracht ist.
Dieser eindrucksvolle, trutzig wirkende Bau aus der Zeit um 1670 ist heute eine moderne Justizvollzugsanstalt. Als Gefängnis hat das Schloss aber eine lange Vorgeschichte, genau 200 Jahre nämlich. Im Jahr 1813 wurde es auf Betreiben der damaligen Herzogin Louise Eleonore von Sachsen-Meiningen eingerichtet. Damit wollte sich das Herzogtum Kosten sparen, die es für die Unterbringung ihrer straffälligen Untertanen in anderen Gefängnissen, etwa in Coburg, entrichten musste.
Der 200-jährige Gründungstag dieses Gefängnisses hatte den Anstoß gegeben, ein Schauspiel zu inszenieren, das die Zeit um das Jahr 1813 wieder lebendig werden lässt. Am vergangenen Samstag war Premiere in Untermaßfeld. Veranstalter ist das Südthüringer Amateurtheater mit Sitz in Obermaßfeld-Grimmenthal. Dessen Leiter Dietrich Ansorg hatte den Text zu diesem Schauspiel verfasst und das Ganze zusammen mit seinen Mitarbeitern zu einem Historienspektakel ausgearbeitet.
Der düstere Hintergrund der Napoleonischen Kriege mit seinen mörderischen Auswirkungen wird in diesem Spiel wieder lebendig. In diesen großen politischen Hintergrund sind die Schicksale kleiner Leute eingebettet – deren Alltag, Sorgen und kleines häusliches Glück wie auch das Leid, das sie durch den Krieg erfahren. Und Bösewicht Friedrich Rommel (Jürgen Baumbach) gibt es auch, der den braven Familienvater Caspar Schenk (Andreas Wirthwein) aus Untermaßfeld eines Mordes beschuldigt.
Durch seine Schurkenhaftigkeit bringt der böse Bube auch die für jedes Schauspiel nötige dramatische Spannung in die Handlung. Am Ende des ersten Teils, der im Jahr 1806 spielt, haben Not und Elend für die Familie Schenk ihren Tiefpunkt erreicht. Im zweiten Teil, 1813 ist jetzt das Jahr der Handlung, nimmt diese dann einen Verlauf, bei dem zwar die fürchterlichen Folgen des Kriegs nach der Völkerschlacht bei Leipzig sichtbar werden, der aber auch zu einem glänzenden Höhepunkt mit einer prunkvollen Massenszene führt.
Alle Stände der damaligen Zeit werden in der Handlung berücksichtigt. Bauern, Arbeiter, Handwerker und die attraktive Wirtin Hanne (Peggy Ben Saâd) treten auf, ebenso junge Männer, die Soldaten im Dienst von Napoleon werden wollen. Der Bürgermeister von Meiningen, ein Werber für Frankreichs Truppen, wird großartig gespielt vom echten Meininger Stadtchef, Fabian Giesder. Nicole Kirchner spielt mit nobler Vornehmheit eine für ihre Untertanen fürsorgliche Landesmutter Louise Eleonore. Mit klerikalem Pathos verkörpert Frank Klinke den Priester, der seinen Schäfchen Trost spenden möchte und doch an den Umständen nichts ändern kann. Jede Menge Soldaten treten auf – hohe Offiziere, wie der von Zar Alexander zum Generalmajor erhobene Ludwig von Wolzogen (dargestellt von Ulf Poerschke), ja der Zar und Napoleon selbst treten auf, hoch zu Ross und dezidiert gespielt von Axel Weiß und Textautor Dietrich Ansorg selbst.
Ansorg, einst Leiter des Meininger Henfling-Gymnasiums, hat, unterstützt von Co-Autorin Gudrun Mehner, den Text des Dramas verfasst. Er hat Erfahrung im Inszenieren großer Freilichtschauspiele. Szenen von milieuschaffender, auch sozialkritischer Wirkung wechseln mit dramatischen Auftritten wie einer handfesten Wirtshausschlägerei, wechseln von Einzelauftritten hin zu sich sukzessiv aufbauenden Massenszenen, die zu den ganz großen Eindrücken des Schauspiels gehören.
Seit April dieses Jahres hatten die Schauspieler für ihr Stück geprobt, nachdem bereits im Februar die Planungen angefangen hatten. Dietrich Ansorg hielt die Leitung straff in der Hand, so dass es zu keinerlei größeren Problemen kam, wie die Darsteller rückblickend erzählten. Und dass sich die Stimmen der Akteure in der Weite der Schauspielfläche nicht verlor, sondern an jedem Punkt im Zuschauerbereich gut zu verstehen waren, dafür sorgte die Technik. Somit war das Fazit der Premiere: Es ist ein rundum gelungenes, beeindruckendes theatralisches Ereignis, eine großartige Leistung der Mitglieder eines Amateurtheaters und zahlreicher Untermaßfelder und Meininger Bürger, denen man Respekt zollen kann.
Weitere Aufführungen von „1813“ finden an diesem Freitag um 18 Uhr und am Sonntag, 8. September, um 17 Uhr statt. Parkplätze in der Nähe sind vorhanden.