Wer in jüngster Zeit vom Parkplatz Schornhecke in Richtung Schwarzes Moor wandern wollte, musste einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. In dem Waldstück an der bayerisch-hessischen Grenze wurden Fichten gefällt. Dieser Eingriff in einer der 58 bayerischen Kernzonen dient dem Naturschutz. Während der Einschlagarbeiten wurde der Hauptweg vom Parkplatz Schornhecke in Richtung Schwarzes Moor, auf dem an dieser Stelle auch der Premiumwanderweg Hochrhöner verläuft, um den Wald herumgeleitet.
Die aktuellen Arbeiten sind Teil des planmäßigen, ökologisch motivierten Waldumbaus im bayerischen Teil des Biosphärenreservats. Denn die Entnahme der Fichten schafft Platz für eine natürliche Verjüngung heimischer Laubbäume in der Schornhecke. Bereits in wenigen Jahren soll so die Artenvielfalt stark zunehmen und die Kernzone einen naturnahen Waldzustand erreichen.
Dafür hat der Markt Oberelsbach 2013 an dieser Stelle etwa 60 Hektar Waldfläche als Kernzone eingebracht. „Über einen Zeitraum von zehn Jahren sollen hier nach und nach die standortfremden Bäume, überwiegend Fichten, entnommen werden“, erläutert Oberelsbachs Bürgermeisterin Birgit Erb. „Diese Lichtungshiebe vollziehen wir schrittweise. Nach ersten Holzeinschlägen in 2014 sind die gegenwärtigen Arbeiten auf einer Fläche von insgesamt zehn Hektar an dieser Stelle der zweite Durchgang.“
Zurück zu den Wurzeln
Entnommen werden dabei lediglich die ohnehin standortfremden Nadelbäume. Die Waldfläche enthält bereits viele im Laufe der vergangenen 20 Jahre angepflanzte, heimische junge Laubbäume, die selbstverständlich erhalten bleiben. „Der September ist für diese Arbeiten ein besonders günstiger Monat. Auch die Gefahr durch Borkenkäfer ist unter den gegenwärtigen Bedingungen als gering einzuschätzen“, erläutert Matthias Schlund als zuständiger Revierförster. „Da wir mit schweren Maschinen arbeiten, bitten wir die Wanderer und Mountainbiker, unseren Umleitungsempfehlungen unbedingt zu folgen, damit nichts passiert.“
„Ursprünglich war die Rhön ein Buchenwaldgebiet“, erläutert der Biologe Dr. Tobias Gerlach von der bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats in Oberelsbach. Die Fichten seien hier vor allem in den 30er-Jahren als schnellwüchsiger „Brotbaum“ eingeführt worden. „Wer an der Schornhecke genau hinsieht, wird feststellen, dass viele Fichtenwipfel abgebrochen sind und Ersatztriebe gebildet haben, sogenannte Zwiesel. Das sind Schneebruchschäden. Auch in besonders trockenen Sommern leidet die Fichte. Die Fichte als standortfremde Art ist für diese Lagen eben nicht wirklich geeignet.“
Vor diesem Hintergrund sieht die Hausherrin des Waldes, Bürgermeisterin Birgit Erb, den Waldumbau positiv: „Der Marktgemeinderat hat sich intensiv mit den Zusammenhängen beschäftigt und sieht darin die Chance, auf den entsprechenden Flächen wieder einen natürlichen Zustand herzustellen. Mittelfristig werden wir hier ökologisch betrachtet einen viel wertvolleren Waldbestand haben als zuvor. Das ist ein spannender Prozess.“ Insgesamt hat der Markt Oberelsbach 90 Hektar Fläche an Schornhecke, Heidelstein und Leimertshecke für neue Kernzonen zur Verfügung gestellt.
Mit dem Lichtungshieb verschaffe man der Verjüngung Platz und Licht, verspricht Tobias Gerlach. Als Folge werde die Artenvielfalt explodieren. Neben den bereits gepflanzten Bäumen machten sich als Pionierpflanzen auch Vogelbeere, Salweide, Himbeere, Weidenröschen und Traubenholunder breit. Im Boden enthaltene Samen gehen ebenfalls auf und tragen zur neuen Vielfalt bei.
Revierförster Schlund: „Auf unseren Umbauflächen am nahen Heidelstein, die ebenfalls vom Markt Oberelsbach eingebracht wurden, kann man diese Resultate bereits erkennen. Wo früher dicht an dicht Fichten standen und die lichtarmen Verhältnisse ansonsten kaum Pflanzen und Tiere zuließen, entsteht bereits ein artenreicher Laubwald.“
Eine Chance für die Natur
Für den Leiter der Bayerischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön, Michael Geier, ist der Waldumbau an der Schornhecke ein Puzzlestein in einem großen Gesamtwerk: „Im bayerischen Teil haben alle drei staatlichen Forstbetriebe Bad Brückenau, Hammelburg und Bad Königshofen sowie mehrere Kommunen erhebliche Waldflächen eingebracht, die in den nächsten Jahren sukzessive umgestaltet werden. Langfristig gesehen wird das die Natur in unserem Biosphärenreservat erheblich bereichern.
An so stark frequentierten Orten wie der Schornhecke am Rande der Hochrhönstraße können die Besucher über die Jahre aus nächster Nähe mitverfolgen, wie die Natur sich Raum schafft.“
Alle Maßnahmen sind detailliert zwischen Markt Oberelsbach, der Regierung von Unterfranken, dem Forstamt sowie der Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats abgestimmt. Auch wenn der Waldumbau wegen des Maschineneinsatzes kurzfristig Spuren hinterlasse, seien die meisten Bürger von Oberelsbach für das Projekt, betont die Bürgermeisterin: „Die Oberelsbacher stehen zu ihrem Biosphärenreservat und sehen den Waldumbau als Chance.“