"Die Lage ist besorgniserregend, sehr besorgniserregend!" Diese Einschätzung von Landrat Thomas Habermann zur aktuellen Corona-Lage im Landkreis ist in Anbetracht der aktuellen Infektionszahlen im Landkreis wenig überraschend. Nichtsdestoweniger dringlich sind die Appelle des Landkreis-Chefs an die Bevölkerung, alle unnötigen Kontakte zu vermeiden und die Hygieneregeln streng einzuhalten.
Ebenso gefordert sind aber der Landrat und das Landratsamt selbst. Schließlich laufen hier viele wichtige Fäden bei der Bekämpfung und Eindämmung des Virus zusammen. Das bedeutet einen enormen Aufwand und große Belastungen für die Mitarbeiter in den verschiedensten Abteilungen, wie Habermann in einem Gespräch deutlich macht.
Keine Schwerpunkte erkennbar
Die sogenannte 7-Tages-Inzidenz, die das Infektionsgeschehen im Landkreis darstellt, liegt schon seit Wochen über der kritischen Marke von 100. Erst am vergangenen Montag wurde mit 128 ein neuer Rekordwert erreicht. Natürlich kann auch Habermann die künftige Corona-Entwicklung nicht vorhersehen, aber der Landrat verströmt auch etwas Zuversicht. Derzeit flache die Zunahme der Infektionen etwas ab. "Wenn sich jetzt wirklich alle streng diszipliniert verhalten, könnte der Höhepunkt der Pandemie in dieser Woche erreicht werden", so seine Einschätzung.
Momentan sei kein Schwerpunkt oder Hotspot erkennbar. Das Infektionsgeschehen sei "gleichmäßig diffus", sagt Habermann. Häufig gingen Infektionen von privaten Feiern und Zusammenkünften aus, ergänzt Jörg Geier, Leiter der Stabsstelle Kreisentwicklung, dazu. Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen seien derzeit nicht auffällig.
Auch wenn er natürlich die Zukunft nicht voraussehen könne, geht der Landrat davon aus, dass Corona die nächsten Monate weiter prägen wird. So könnte sich die Pandemie auch auf Weihnachten auswirken. Möglicherweise sollte dieses Fest der Familie heuer einmal nicht im großem, sondern eher im kleinen Familienkreis gefeiert werden. Wobei gerade auch alte Menschen einbezogen werden sollten.
Entscheidend für die weitere Corona-Entwicklung ist natürlich die Arbeit des Gesundheitsamtes. Quarantäne, Kontaktnachverfolgung und Organisation von Testungen, sind nur drei der Themen und Aufgaben, die den Mitarbeitern in den vergangenen Monaten Enormes abverlangt haben und noch abverlangen, wie der Landrat betont. Um gegenzusteuern, wurden hier zum einen seit Beginn der Pandemie die Abläufe optimiert. Auch wenn manche Software noch unter "Kinderkrankheiten" leide, ist man bei der Digitalisierung vorangekommen. Vom Beginn der Anmeldung bis zum eigentlichen Test arbeite man inzwischen papierlos, nennt die für Corona am Gesundheitsamt zuständige Ärztin, Dr. Anne-Rose Denzel, ein Beispiel.
Zum anderen sei das Gesundheitsamt personell deutlich aufgestockt worden, so der Landrat. Zusätzliche Mitarbeiter wurden befristet eingestellt, Kollegen aus anderen Abteilungen und nicht zuletzt Soldaten der Bundeswehr wurden zur Unterstützung eingesetzt. Zwei jeweils zehnköpfige "Contact Tracing Teams" arbeiten an Ermittlung und Nachverfolgung von Kontaktpersonen sowie bei der Überwachung der Quarantäne mit.
20 Arbeitsplätze im ehemaligen KiK
Für diese zentrale Aufgabe hat der Kreis inzwischen ein leerstehendes Ladengeschäft gegenüber dem Landratsamt (vormals KiK) für drei Jahre gemietet. Hier werden gerade 20 Arbeitsplätze eingerichtet. "Wenn wir in zwei Wochen einziehen, haben wird das Ganze in vier Wochen zum Laufen gebracht", erklärt der Landrat sichtlich zufrieden.
Trotz all der Fortschritte und Investitionen arbeiten die Kollegen nicht nur im Gesundheitsamt, sondern zum Beispiel auch bei der EDV oft am Limit, räumt Habermann ein. Sie seien stark belastet, aber nicht überlastet. Falls keine unvorhersehbaren Ereignisse eintreten würden, werde das Gesundheitsamt seine Aufgaben weiter in vollem Umfang erfüllen. Nicht zuletzt dank der guten Arbeitsatmosphäre, die dort herrsche.
Als ein Beispiel unter vielen nennt Habermann Dr. Anne-Rose Denzel selbst. Die habe einen Teilzeitvertrag, arbeite aber seit März praktisch 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche. Wie andere auch habe sie mehrere hundert Überstunden angesammelt. "Wenn sie nicht da wäre, wären wir erledigt", so der Landrat. Das Verantwortungsbewusstsein und das Engagement solcher Mitarbeiter "schaffen bei mir Glücksgefühle", so Habermann.
Bislang schätzt er die coronabedingten Kosten für den Landkreis ohne die Personalkosten auf rund 500 000 Euro. Die würden allerdings großzügig vom Freistaat übernommen. Ansonsten bedeute die Pandemie zwar hunderte von Überstunden für die Mitarbeiter. "Aber der Laden läuft weiter", stellt Habermann mit Blick auf die normalen Aufgaben des Landratsamt fest.