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BAD NEUSTADT
Landkreis hat seine Hausaufgaben gemacht
Lange Rhön Schäferidylle.JPG       -  Ländliche Idylle und Hightech-Standort: Der Landkreis Rhön-Grabfeld hat beides zu bieten.
Foto: Stefan Kritzer | Ländliche Idylle und Hightech-Standort: Der Landkreis Rhön-Grabfeld hat beides zu bieten.
Stefan Kritzer
 |  aktualisiert: 17.10.2017 08:48 Uhr

Ohne Internet geht heute gar nichts mehr. Aus der Industrie wie aus dem Handwerk, aus der Medizin wie aus dem privaten Bereich ist das Internet nicht mehr wegzudenken. Da tut es not, die entsprechende Infrastruktur für Firmen wie für die Bürger bereitzustellen. Der Landkreis ist hier vielen ländlichen Regionen einen großen Schritt voraus. Die Kennworte „digital“ und „regional“ werden in Rhön und Grabfeld in besonders engagierter Weise miteinander verzahnt. Im Gespräch mit Landrat Thomas Habermann und dem Leiter der Stabsstelle für Kreisentwicklung im Landratsamt, Jörg Geier, wollen wir erfahren, wie weit die Digitalisierung im Landkreis fortgeschritten ist und an welche Zukunftsprojekte schon heute gedacht wird.

Frage: Herr Habermann, das Landratsamt betont stets die Vorreiterrolle des Landkreises in Bezug auf den Breitbandausbau. Wie ist der Stand der Dinge?

Teilhaben an den nächsten Innovationsschritten

Thomas Habermann: Seitdem 2008 Förderprogramme für den Ausbau von Breitbandinfrastrukturen vonseiten des Freistaates initiiert wurden, befasst sich unser Landkreis im Auftrag der landkreisangehörigen Kommunen mit dem Ausbau dieser wichtigen Infrastruktur. Diese Aufgabenteilung ermöglichte es uns im Landkreis, Know-how beim Breitbandausbau zu generieren und als Dienstleister für die Gemeinden zu agieren. Das half uns, den Ausbau rasch und erfolgreich voranzutreiben. Es war und ist unser Ansinnen, unseren Bürgerinnen und Bürgern sowie unseren Unternehmen den Internetzugriff auf dem Stand der Technik zu ermöglichen. Wir sind inzwischen so gut ausgebaut, wie es sonst nur in Ballungsräumen der Fall ist. Trotzdem arbeiten wir schon an weiteren Ausbauplänen, um auch an den nächsten Innovationsschritten teilhaben zu können.

Es geht um Bürgerfreundlichkeit und Kundennähe

Die Digitalisierung dringt in alle Daseinsbereiche vor. Wie schnell schreitet das E-Government im Landratsamt voran?

Habermann: Digitalisierung erstreckt sich auf alle Lebensbereiche, von der Wirtschaft bis hin in den privaten Sektor. Auch Verwaltungen müssen sich in diesem Sinne positionieren und sich den neuen Aufgaben stellen. Dabei geht es um Bürgerfreundlichkeit und Kundennähe. Erste Hinweise auf einzuführende Verfahren gibt das Bayerische E-Government-Gesetz, das bestimmte Anpassungen in der Kommunikationsstruktur sowie die Einführung von Dokumentmanagementsystemen vorgibt. Positiv betrachtet erlaubt uns der Modernisierungsprozess, effizienter zu werden. Im Landratsamt erarbeiten wir in einem neuen Sachgebiet eine Struktur, die sich damit befassen wird, das Thema Digitalisierung umzusetzen.

Ziel: modern aufgestellt sein

Welche Bedeutung räumen Sie der Digitalisierung in Zukunft ein?

Habermann: Digitalisierung spielt auf eine tiefgreifende Prozessänderung in unseren Lebenswelten an. Das Ziel der Digitalisierung ist vornehmlich eine Effizienzsteigerung. Für uns als Export- und Entwicklungsstandort ist es von großer Bedeutung, hier modern und vorausschauend aufgestellt zu sein, um von der Entwicklung profitieren zu können.

Wie verändert die Digitalisierung unser Dasein?

Habermann: In den letzten 20 Jahren wurde die Informationsflut durch die neuen Medien immer größer. Wissen wurde immer schneller und umfangreicher erhältlich. Gleichsam stieg die Notwendigkeit, die Informationen kritisch auf ihren Nutzen zu hinterfragen. Im Prozess der Digitalisierung verbirgt sich die Chance, den Nutzen der verfügbaren Informationen besser zu ordnen. Ein genaues Ziel der Reise ist in diesem Zukunftsprozess noch nicht zu identifizieren, aber wir kennen schon Wegbegleiter wie den Breitbandausbau, Effizienzsteigerungen und den Bereich der Medienbildung. Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um die neuen Möglichkeiten sinnvoll nutzen zu können.

Die Modellfabrik 4.0

In Bad Neustadt soll in Kooperation mit der Siemens AG eine Modellfabrik 4.0 entstehen. Geht es hier voran?

Habermann: Mit dem Kabinettsbeschluss im Sommer 2016 erfuhren wir, dass die Hochschullandschaft vor Ort um das Thema Digitalisierung erweitert wird. Der Freistaat hat 9 Millionen Euro in Aussicht gestellt, die es Unternehmen ermöglicht, mit Partnern aus der Wissenschaft an der Produktionsreife und Produktivitätsverbesserung in für unseren Standort hochrelevanten Bereichen zu arbeiten. Hat das Technologiezentrum für Elektromobilität bislang Bausteine der Elektromobilität und Leistungselektronik erforscht, so kann nun ergänzend eine weitere Abteilung der Hochschule Würzburg-Schweinfurt bei uns daran arbeiten, die Forschungsergebnisse durch die Konstruktion geeigneter Produktionsmechanismen in den Markt zu führen. Die Forschungsqualität in Rhön-Grabfeld gewinnt auf diese Weise deutlich an Schlagkraft und stärkt die regionalen Unternehmen.

Ein neues Forschungsgebiet

Herr Dr. Geier, können Sie schon Näheres zur Thema Modellfabrik 4.0 sagen?

Jörg Geier: Der Hochschulstandort Bad Neustadt nimmt durch die Erweiterung um das Thema Modellfabrik Fahrt auf. Jetzt wird neben der Elektromobilität mit der Modellfabrik 4.0 ein weiteres Forschungsgebiet erarbeitet. Das Thema passt zum TTZ. Und nicht nur Bad Neustadt profitiert davon, auch Unternehmen aus der Region haben bereits großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit der neuen Forschungsgruppe signalisiert. In der Jakob-Preh-Schule wurden bereits weitere Räumlichkeiten für das Projekt zur Verfügung gestellt.

Modellfabrik 4.0 klingt noch ziemlich theoretisch. Was verbirgt sich hinter diesem Begriff?

Geier: In der Modellfabrik 4.0 im TTZ sollen in einem ersten Schritt Maschinen untereinander kommunizieren. Immer mehr Abläufe in der Produktion werden digitalisiert und dieser Prozess schreitet in Zukunft noch schneller voran. Der Mensch gibt irgendwann nur noch ein, wie viel Stück er gerne hätte. Den Rest – von der Entwicklung bis zum fertigen Produkt – steuern vollautomatisierte Prozesse. In Bad Neustadt haben wir mit der Modellfabrik 4.0 die Möglichkeit, diesen Entwicklungsprozess mitzugestalten. Nicht federführend, aber die Industrieunternehmen in der Region können davon profitieren.

Hier finden sich Unternehmen, die dynamisch genug sind, sich dieser Kehrtwende der Produktion und des Marktes zu stellen. Aus Sicht der Kreisentwicklung ist das natürlich sehr wünschenswert. Um diesen Prozess in die Wege zu leiten, bedarf es eines sehr guten Breitbandausbaus. Und da haben wir unsere Hausaufgaben gemacht.

Die Modellfabrik 4.0 entsteht im Technologietransferzentrum

Modellfabrik 4.0: Im vergangenen Jahr wurde das Projekt an die Kreisstadt vergeben. So richtig vorstellen konnte sich aber niemand, was es damit auf sich hat. Eine Modellfabrik 4.0 soll entstehen in Zusammenarbeit mit der Siemens AG. Doch was ist eine Modellfabrik 4.0 eigentlich? Braucht es hierfür ein weiteres Fabrikgebäude? Mitnichten, wie Dr. Jörg Geier, Leiter der Stabsstelle für Kreisentwicklung im Landratsamt erklärt.

Das Zauberwort Industrie 4.0 bezieht sich auf die Zukunft industrieller Fertigungen auf Basis intelligenter und digital vernetzter Systeme. Auf diese Weise soll eine weitestgehend selbst organisierte Produktion möglich werden: Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte kommunizieren und kooperieren in der Industrie 4.0 direkt miteinander. Und das von der Entwicklung eines Produktes bis hin zum Recycling. So jedenfalls ist das Fernziel der Industrie 4.0 definiert.

Die Modellfabrik 4.0 Bad Neustadt entsteht zunächst mal auf Papier und im Computer und das alles im Technologietransferzentrum Elektromobilität (TTZ-EMO). Dort ist seit März Professor Dr. Jürgen Hartmann, Vizepräsident der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, mit dem Aufbau dieses zweiten Forschungsschwerpunktes neben der Elektromobilität beschäftigt. Ähnlich wie im TTZ-EMO sollen auch in Sachen Modellfabrik Kooperationen mit der Industrie getroffen werden, aus denen sich die Projekte entwickeln. Das Wirtschaftsministerium des Freistaates stellt für diesen Forschungsschwerpunkt insgesamt 9 Millionen Euro zur Verfügung. Das ist erheblich mehr, als das TTZ-EMO seit seiner Gründung im Jahre 2016 erhalten hat. Erste Kooperationsideen mit Unternehmen befinden sich schon in der Projektierungsphase.

Thomas Habermann Portrait       -  Landrat Thomas Habermann sieht Rhön-Grabfeld in Sachen Breitband so gut ausgebaut wie in Ballungsräumen.
Foto: Stefan Kritzer | Landrat Thomas Habermann sieht Rhön-Grabfeld in Sachen Breitband so gut ausgebaut wie in Ballungsräumen.
Jörg Geier, Leiter der Stabsstelle Kreisentwicklung, Projektkoordination und Wirtschaftsförderung
Foto: Demmler | Jörg Geier, Leiter der Stabsstelle Kreisentwicklung, Projektkoordination und Wirtschaftsförderung
 
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