Fünf Jahre hat es gedauert bis der Antrag vom Europarat angenommen wurde. Am Mittwoch, 28. Oktober, war es soweit. Der Rompilgerweg Via Romea Germanica erhielt das Zertifikat einer Europäischen Kulturroute, oder, wie es offiziell heißt, eines Kulturweges des Europarats. Die Via Romea reiht sich als 40. Kulturroute ein in die Riege weltbekannter Strecken wie dem Jakobsweg oder der Via Francigena. Für Michael Weiß aus Bad Neustadt geht mit der Zertifizierung ein Traum in Erfüllung.
Damit hätte Abt Albert von Stade niemals gerechnet. Knapp 800 Jahre nachdem der Ordensmann im Jahre 1237 die Strecke von Rom zurück in sein Heimatkloster im norddeutschen Stade gelaufen war, wird dieser Weg zu einer Europäischen Kulturroute. Obwohl der Weg des Abtes über Jahrhunderte vergessen war: Der Reisebericht, den Albert von Stade etliche Jahre nach dem Marsch zu Papier brachte, ist bis heute erhalten und wurde erst vor wenigen Jahrzehnten wieder in der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel entdeckt. Aus der für mittelalterliche Reiseberichte genauestens aufgezeichneten Strecke, die sogar Entfernungen beinhaltet und unter anderem die Städte Schweinfurt, Münnerstadt, Bad Neustadt, Mellrichstadt und Meiningen enthält, wurde vor etwas mehr als zehn Jahren eine zeitgemäße Wander- wie Fahrradstrecke entwickelt, um in Zeiten des weltweiten Pilgerbooms eine Alternative zum Jakobsweg in Nordspanien anzubieten. Wegweisend für die Streckenführung war seinerzeit der Altstraßenexperte Jochen Heinke aus Stetten.
Via Romea als "Weg der Begegnungen"
Noch hinkt die Via Romea freilich den enormen Pilgerfrequenzen in Nordspanien weit hinterher. Doch gemeinsam mit dem berühmten Vorbild ist der Rompilgerweg nun eine Europäische Kulturstraße. "Nach einem fünfjährigen Anlauf gelang es, die Kommission der 34 Mitgliedsstaaten des Europarates, von der Qualität des Pilgerweges als "Weg der Begegnungen" zu überzeugen", teilt Dr. Thomas Dahms, Vorsitzender des deutschen Fördervereins "Romweg Abt Albert von Stade" e.V. in einer Pressemitteilung mit.
"Die Mitglieder des Vorstands des deutschen Fördervereins haben zu diesem Zweck intensiv gearbeitet, haben mit den befreundeten Vereinen in Österreich und Italien 2018 einen europäischen Trägerverein gegründet, der den Antrag zu stellen hatte", so Dahms. Eine Schlüsselrolle im Bewerbungsverfahren kommt hierbei der Stadt Bad Neustadt zu. Der frühere geschäftsleitende Beamte der Stadt, Michael Weiß, hat als stellvertretender Vorsitzender des deutschen Fördervereins die Antragstellung für die Europäische Kommission formuliert. "Bad Neustadt hat zu diesem Prozess einen wesentlichen Bestandteil beigetragen", formuliert es Weiß bescheiden diplomatisch. Die Via Romea liegt Michael Weiß schon seit vielen Jahren am Herzen, er selbst ist regelmäßig auf dem Pilgerweg unterwegs. "So richtig Fahrt hat die Bewerbung 2016 aufgenommen", sagt Weiß. Im September 2017, beim Kongress der Europäischen Kulturrouten in Lucca (Italien), stellte Michael Weiß gemeinsam mit dem Vorsitzenden des italienischen Partnervereins Flavio Foietta den Vertretern anderer Kulturrouten und der Kommission des Europarates die Via Romea Germanica vor. Ein Vortrag, der Eindruck hinterlassen hat und in diesem Herbst zum Ziel führte.
Von Stade im Norden bis zur "Ewigen Stadt"
Der insgesamt 2200 Kilometer lange Rompilgerweg Via Romea führt von der Hansestadt Stade an der Elbe über den Harz und den Thüringer Wald nach Meiningen, von dort über Eußenhausen, Mellrichstadt, durch das Streutal nach Bad Neustadt und weiter nach Münnerstadt, Würzburg bis in die Ewige Stadt Rom. Erst in diesem Jahr wurden von Wegewart Ludwig Euring aus Hohenroth wesentliche Teile der Strecke in der Region neu und hochwertiger als bislang beschildert.
Die Via Romea Germanica ist nun die 40. Europäische Kulturroute. Das Zertifikat wird zunächst auf drei Jahre verliehen und dann erneut überprüft. "Es hängt jetzt von uns allen ab, diese Anerkennung zu leben und mit Aktivitäten – in diesen Coronazeiten soweit wie möglich – zu beleben", sagt Thomas Dahms. Im Juni kommenden Jahres soll es eine internationale Wanderung unter dem Motto "Pilger öffnen Horizonte" ausgehend von Stade geben. Auch in Zukunft will Bad Neustadt die Via Romea als Rompilgerweg weiter bekannt machen. Neben Michael Weiß ist sein Nachfolger bei der Stadt, Geschäftsleiter Christoph Neubauer, nun auch als Beisitzer im Förderverein "Romweg Abt Albert von Stade" vertreten.
Infos, der genaue Streckenverlauf und vieles mehr findet sich auf der Homepage unter www.viaromea.de.