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Bad Königshofen
Landesbäuerin Christine Sieger beim Landfrauentag: "Das Radl läuft nicht mehr rund"
Landesbäuerin Christine Singer forderte von den Landfrauen und Landwirten Verantwortungsbewusstsein und Mut in einer schwierigen Zeit.
Foto: Hanns Friedrich | Landesbäuerin Christine Singer forderte von den Landfrauen und Landwirten Verantwortungsbewusstsein und Mut in einer schwierigen Zeit.
Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 16.03.2024 02:43 Uhr

An die Großfamilien auf den Bauernhöfen, den Zusammenhalt dort und die heute notwendige Hausgemeinschaft verwies Landesbäuerin Christine Singer beim Landfrauentag in Bad Königshofen. Ein Mehrgenerationenhaus auf den Dörfern mit einer Hauswirtschafterin wäre ideal. Ein aktiver ländlicher Raum, in dem man gemeinsam überlegt, wie man ein Problem lösen kann, sei ebenso gefragt, wie das Miteinander und Aufeinander zugehen. Die Hausbänke in den Dörfern brachte sie ins Spiel, die vor Corona noch angenommen wurden. "Da ging man vorbei, setzte sich dazu und ratschte." Heute seien diese Bänke kaum noch besetzt. Genau das war auch das Thema ihres Vortrags "Was hält unsere Gesellschaft zusammen?"

Die Landesbäuerin forderte wieder mehr Bewusstsein für die kleinen Dinge des Lebens. Mit der Corona-Pandemie sei vielerorts die Gemeinschaft zusammengebrochen. Dabei habe man verlernt, aufeinander zu hören. Menschen hätten angefangen zu fremdeln, zum Beispiel bei der Begrüßung, dem Gegenüber nicht mehr die Hand zu reichen. "Wir sind eigenbrötlerisch geworden", sagte die Landesbäuerin. Sie sprach die Menschen aus anderen Kulturkreisen an, die durch die Kriege nach Deutschland kommen. Miteinander müsse man schauen, wie man Probleme lösen kann und die Demokratie erhält. Das Problem sei, dass junge Menschen nur den Wohlstand kennen und es ihnen schwerfällt davon, wenn auch nur in geringem Maße, Abstand zu nehmen.

Deutlich machen, was nicht passt

Zu den Demonstrationen der Landwirte sagte Christine Singer, dass man damit deutliche machte: "was uns nicht passt." Allerdings sei dies in Augenhöhe gewesen. Fachkompetenz gehe mehr und mehr verloren und: "Das Radl läuft nicht mehr rund." Die Bürokratie sprach die Landesbäuerin ebenso an wie die Notwendigkeit "am System etwas zu ändern und auf demokratischer Basis zu arbeiten." Dabei sollte jeder wissen, dass man auch Schritte zurückgehen muss. Heute sei jeder regelrecht durchgetaktet und gerade deshalb sei es erforderlich, die Menschen im Dorf wieder zusammenzubringen. Hier spiele das sogenannte "Montagstelefon", das angeboten wird, eine wichtige Rolle.

Musikalisch gestaltet wurde der Landfrauentag in der Frankentherme Bad Königshofen vom 'Agrabella-Chor' unter der Leitung von Sonja Rahm.
Foto: Hanns Friedrich | Musikalisch gestaltet wurde der Landfrauentag in der Frankentherme Bad Königshofen vom "Agrabella-Chor" unter der Leitung von Sonja Rahm.

Planungssicherheit fehle und auch deshalb müsse man aufeinander schauen, außerdem sei die Existenzangst ein Problem. Jungen Menschen fehle oftmals das Gespür, zum Beispiel wieviel Arbeitszeit man sich zumuten kann. Das Thema Klimawandel sprach die Landesbäuerin an und sagte, dass die Landwirtschaft, das nicht allein meistern kann. Der sinkende Fleischkonsum mache in der Landwirtschaft Kopfzerbrechen. Sie sprach den Landfrauen im großen Saal der Frankentherme deshalb Mut in schwierigen Zeiten zu. Jeder sollte in seinem Bereich schauen, was er beitragen kann. "Das, was wir tun, sollten wir mit Leidenschaft tun." Verantwortungsbewusstsein sei gefragt und Mut, nicht zu verzagen.

Keimzelle einer gesunden Gesellschaft

Zuvor hatte Bad Königshofens dritter Bürgermeister, Roland Köth, die zahlreichen Landfrauen begrüßt und auf das anstehende Jubiläum "50 Jahre Prädikat Bad" verwiesen. Alle zehn Jahre müsse man nachweisen, dass man den Vorgaben noch gerecht wird. Allerdings seien diese immer schwieriger zu erfüllen. So komme es zum Beispiel zu dem in der Landwirtschaft umstrittene Thema "Heilquellenschutzgebiet." Hier forderte Roland Köth ein aufeinander zugehen.

Landesbäuerin Christine Singer forderte von den Landfrauen und Landwirten Verantwortungsbewusstsein und Mut in einer schwierigen Zeit.
Foto: Hanns Friedrich | Landesbäuerin Christine Singer forderte von den Landfrauen und Landwirten Verantwortungsbewusstsein und Mut in einer schwierigen Zeit.

Landrat Thomas Habermann erwähnte die bäuerliche Familie, in der es eine vernünftige Arbeitsteilung gab und gibt. Sie sei die Keimzelle einer gesunden Gesellschaft. Zu den Bauernprotesten sagte er, dass diese "nicht von ungefähr kamen" und deshalb schnelle Unterstützung von vielen Seiten des Handwerks und Firmen bekamen. Man müsse erkennen, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb aus eigener Kraft sein täglich Brot verdient.

Lob hatte der Landkreischef parat für die gute Organisation der landwirtschaftlichen Demonstrationen. "Macht weiter und bewegt etwas in unserem Land." Seine Sorge sei, dass die Gesellschaft kaum noch Freude an der Arbeit hat. Hier seien die bäuerliche Familie und die bäuerlichen Betriebe ein Beispiel dafür, dass sie keine 35-Stunden-Woche fordern, sondern selbst oft bis zu 60 Stunden arbeiten, um ihren Betrieb zu erhalten und an die Nachkommen weiterzugeben.

Die Klinikclowns Schlawine und Candy stellten sich mit Einlagen von Candy als Klinikclown vor. Dabei gab es auch Seifenblasen fürs Publikum.
Foto: Hanns Friedrich | Die Klinikclowns Schlawine und Candy stellten sich mit Einlagen von Candy als Klinikclown vor. Dabei gab es auch Seifenblasen fürs Publikum.

Auch Kreisbäuerin Margit Ziegler ging auf Demonstrationen der Landwirte ein, womit man starke Signale für vernünftige Rahmenbedingungen gesetzt habe. Allerdings sei die Stimmung in der Bevölkerung und in der Landwirtschaft auf dem Tiefpunkt. Hier spiele vor allem auch die mehr und mehr werdende Bürokratie eine entscheidende Rolle. Frust sei vorprogrammiert, sagte die Kreisbäuerin. Musikalisch gestaltet wurde der Landfrauentag in der Frankentherme Bad Königshofen vom "Agrabella-Chor" unter der Leitung von Sonja Rahm. Vorgestellt wurde das Spendenprojekt "Klinikclowns e.V." und es gab einen kabarettistischen Beitrag von Wolfgang Voigt.

Kreisbäuerin Margit Ziegler überreichte an Landesbäuerin Christine Singer Spezialitäten aus dem Grabfeld.
Foto: Hanns Friedrich | Kreisbäuerin Margit Ziegler überreichte an Landesbäuerin Christine Singer Spezialitäten aus dem Grabfeld.
 
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