
Das Gebäude in der Steubenstraße 4 kann man leicht übersehen. Es ist groß, aber von außen recht unscheinbar. Hier befindet sich das Labor für Klinische Diagnostik, kurz Laboklin. Das, was hier geleistet wird, kann in Zeiten der Pandemie gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Denn hier werden Corona-Tests ausgewertet, mehrere hundert Proben am Tag sind kein Problem. Das Labor bearbeitet auch Tests aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld.

Wenn man die gut gesicherte Tür des Labors passiert hat, dann tut sich eine andere Welt auf. Dieser Kosmos ist so mikroskopisch klein, dass man mit bloßem Auge nicht einmal ahnen kann, was einen hier erwartet. Wenn Dr. Petra Kühnlein, die Leiterin der Abteilung Molekularbiologie, über diese Welt erzählt, dann leuchten ihre Augen und ihr ist die Begeisterung anzumerken. Sie ist studierte Immunologin und von dieser Mikrowelt, die sie tagtäglich untersucht, immer noch fasziniert. Genauso wie ihre Kollegen.
Auch wenn das Gebäude von Laboklin auf den ersten Blick unscheinbar wirken mag: Es ist europaweit eines der größten tiermedizinischen Labore. "Wir haben ungefähr 450 Mitarbeiter. Über 80 Tierärzte und rund 20 Biologen arbeiten hier. Proben bekommen wir überwiegend aus Deutschland, aber auch aus dem übrigen Europa. Mehrere tausend Stück am Tag", erläutert Dr. Elisabeth Müller, die Geschäftsleiterin von Laboklin. Auch sie ist eine Expertin auf dem Gebiet, hat sie doch in der Mikrobiologie promoviert.
Die Virenwelt ist spannend

Beide fasziniert bis heute, wie der Körper es schafft, mit den Erregern von Krankheiten zurecht zu kommen. Seien es nun Bakterien, Viren oder Pilze. "Gerade bei Corona tun sich hier spannende Fragen auf. Wer wird krank, warum haben nur manche Menschen Symptome, wo kann sich das Virus festsetzen und wie verändert es sich im Laufe der Zeit?", erläutert Müller.
Corona-Viren seien schon seit langem bekannt, gerade in der Tiermedizin. "Zum Glück sind die meisten Corona-Viren nicht so schlimm wie Covid-19", sagt sie. Schwierig sei, dass sich diese Art von Viren sehr schnell verändern können. "Man kann genau sagen, wie das Virus aussieht, das in Wuhan erstmals aufgetreten ist. Auf seinem Weg um die Welt ist es mutiert. An der Ostküste in den USA ist das Virus schon wieder anders aufgebaut. Es hat seine Erbinformationen verändert", so die Geschäftsführerin. Das sei auch das Schwierige bei der Impfstoffentwicklung: Denn es müssen ja alle Covid-19-Viren bekämpft werden, egal wo auf der Welt.
Dass Laboklin eigentlich ein tiermedizinisches Labor ist, ist bei der Untersuchung der Covid-19-Proben kein Problem. "Die Untersuchung der Proben von Menschen und Tieren ist die gleiche. Die Arbeitsvorschriften ebenso", so Müller. Zu Beginn der Pandemie wurden rund tausend Proben am Tag untersucht. Das bedeutete zwar viel Arbeit, es sei aber machbar gewesen, so Müller. Und es gebe auch Möglichkeiten, diese Kapazitäten noch einmal stark zu erhöhen, sagt sie.
Und zwar mit dem so genannten "Poolen". Hier werden fünf Proben auf einmal ausgewertet. Wird in den fünf Proben das Corona- Virus nachgewiesen, so werden sie noch einmal einzeln ausgewertet. "Für die Frage 'Ist jemand infiziert' ist das Konzept des Poolens genauso sicher wie die Einzeluntersuchung", erläutert Müller.

"Wir verwenden zur Auswertung den so genannten Roche-PCR-Test, der sehr sicher ist", erklärt Immunologin Dr. Petra Kühnlein. Was allerdings von großer Wichtigkeit sei, ist die richtige Entnahme der Probe. "Das Virus sitzt im Rachen und auf dem Weg zur Lunge. Wenn man am falschen Ort entnimmt, kann man den Erreger von Covid-19 natürlich nicht nachweisen", sagt sie. Aber: Die Entnehmer seien gut geschult und wüssten, worauf es ankommt. Die Prozedur der Probenentnahme wird von vielen Getesteten als sehr unangenehm geschildert. Der Tupfer wird zum einen tief in den Rachen eingeführt. Unangenehmer ist der Abstrich von Material aus der Nase: Hier treten den meisten Tränen in die Augen. Doch nur so könne man "gutes" Material gewinnen.
Schutzkleidung ist unabdingbar

Die Röhrchen mit den so entnommenen Proben, die von der Firma Laboklin gestellt werden, sind mit einem Barcode versehen und kommen gemeinsam mit den Unterlagen ins Labor. "Die Mitarbeiter, die die Probeneinsendungen öffnen, sind in voller Schutzkleidung und außerdem im Sicherheitslabor", erläutert Kühnlein. Hier wird das Papier von der Probe getrennt und ersteres durch Erhitzen keimfrei gemacht, bevor das Schriftstück in die Verwaltung geht.
Händisch wird das Röhrchen dann geöffnet und in den Pipettierroboter verbracht. "Dieser arbeitet extrem präzise. Es wird aber geschultes Personal zur Bedienung benötigt. Außerdem wird durch genau geregelte Abläufe gewährleistet, dass alle Kontrollen durchlaufen werden. Auch hierfür ist der Mensch unentbehrlich", so Müller.
Komplizierter Testprozess
Der Prozess zum Nachweis von Covid-19-Viren, der in den Pipettierrobotern angestoßen wird, ist sehr kompliziert. Es ist aber ein etabliertes Standard-Verfahren, mit dem man auch andere Arten von Bakterien und Viren nachweisen kann. Der Fachbegriff ist hier "Polymerase Kettenreaktion". Hier soll nur grob skizziert werden, wie er abläuft. Dr. Petra Kühnlein könnte ihn natürlich in jeder Einzelheit genau beschreiben.

Das Teströhrchen wird geöffnet, der Abstrich wird zusammen mit einem speziellen Puffer erhitzt. Hierdurch platzen die in der Probe vorhandenen Zellen auf. Das gleiche passiert mit der Virushülle. Durch diese Maßnahme wird die Erbinformation des Virus, die so genannte RNA (Ribonukleinsäure) freigesetzt. Diese Erbinformationen werden in einem komplizierten Prozess vervielfältigt. Doch wie genau kann man gerade die Erbinformation von Covid-19 herausfiltern? Schließlich können sich in der Probe zahlreiche weitere Virentypen befinden, das ist ganz normal. "Hierzu kommen so genannte Primer zum Einsatz. Diese sind nur gegen ein bestimmtes SARS-CoV 2-Gen gerichtet. Das ist der Grund, warum der Test auch nur auf genau diesen Virentyp anspricht", erläutert Kühnlein. Der Primer ist wie ein Textmarker, der den ganz speziellen Viruscode farblich sichtbar macht.
Entsprechende Kontrollen laufen im Hintergrund, so dass garantiert werden kann, dass das Ergebnis des Tests korrekt ist. In einem so genannten "Real-Time-Cycler", einem Umzugskarton großen Gerät werden die so genannten "PCR-Kurven" ausgewertet, die während der Analyse der Proben erzeugt werden. Hier ist das Auge des Fachmanns gefragt: "Wenn kein SARS-CoV 2 im Teströhrchen war, bleibt die Kurve flach", so Kühnlein. Die Ausrüstung im Labor ist hightech und dementsprechend teuer: Ein Real-Time-Cycler kostet etwa so viel wie ein Mittelklassewagen. Das Ergebnis wird dann direkt in das Laborprogramm übertragen und an die Institution weitergeleitet, die den Test in Auftrag gegeben hat. Die Originalproben werden nach einem bestimmten Zeitraum keimfrei gemacht und dann entsorgt.
Teamwork ist gefragt
"Wir haben ein sehr gutes Team, das flexibel ist und mit Engagement und Einsatz arbeitet, bis es fertig ist. Das ist wichtig, um auch Auftragsspitzen zu bewältigen", so Müller. Und gerade am Anfang der Pandemie war das unabdingbar. Dass die Sicherheitsvorkehrungen im Labor funktionieren, zeige sich auch daran, dass sich von den Mitarbeitern kein einziger mit Corona infiziert hat. Weder auf der Arbeit noch in seiner Freizeit.
Es dauere rund sechs Stunden vom Eingang der Proben bis zur Ergebnisübermittlung. "Es wird nichts auf Halde gelegt. Wir nehmen nur so viel an, wie wir in garantierter Zeit auswerten können", sagt die Geschäftsführerin. Kunden seien unter anderem die Gesundheitsämter in Bad Neustadt und Bad Kissingen sowie die Teststrecken in Aschaffenburg, Miltenberg, Schweinfurt und Bayreuth. Außerdem würden viele Proben für Kliniken untersucht.

Dass die Corona-Pandemie bald vorbei sein wird, hoffen natürlich auch alle Mitarbeiter bei Laboklin. Denn auch wenn es dann nichts mehr gibt, was auf Covid-19 getestet werden muss: Mit den Verfahren lassen sich auch andere Viren nachweisen, die für Krankheiten verantwortlich sind. "Ich hoffe, dass Ende des Jahres ein Impfstoff auf den Markt kommen wird. Ob dieser allerdings in den benötigten Mengen produziert werden kann: Wer weiß", überlegt Müller. Bis dahin sei das Testen auf Covid-19 der einzige Weg, die Normalität aufrechtzuerhalten. Und dass diese Tests schnell und zuverlässig sind: Dafür sorgen die Mitarbeiter bei Laboklin.