
Norbert Hanft hat es mit den Teilnehmern beim Rhöner Kuppenritt nur gut gemeint: Im Programm der Traditionsradsportveranstaltung am kommenden Sonntag stehen bei den längeren Strecken über 75, 110 und 170 Kilometer Gefahrenstellenschilder im Streckenplan und weisen die Rennfahrer rechtzeitig auf einen etwas schwierigeren Straßenverlauf hin.
Der Abteilungsleiter Radsport des TSV Brendlorenzen hat im Programmheft aber noch ein Wort neben das Gefahrensymbol auf dem Streckenplan postiert. Und das sorgt bei Radrennfahrern und Radtouristikern für Verwunderung: "Graveleinlage", zu deutsch: Schotterstrecke.
Viele Reaktionen auf Wort "Graveleinlage"
"Ich habe jede Menge Anrufe bekommen, was es mit der Graveleinlage auf sich hat", sagt Norbert Hanft bei einer Befahrung der Strecke mit dem Rennrad. "Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die Straße in diesem Verlauf in einem etwas schlechteren Zustand ist", sagt der passionierte Radfahrer. "Mit der Resonanz auf das Wort 'Graveleinlage' habe ich überhaupt nicht gerechnet", so Hanft.
Jeweils eine "Graveleinlage" ist im Programm zum Rhöner Kuppenritt auf den Strecken über 75 und 170 Kilometer zu finden, derer gar zwei auf der 110 Kilometer langen Strecke. Doch Rennfahrer auf ihren schmalen Reifen und mit ihren teilweise empfindlichen Carbon- oder Aluminiumrahmen finden in der Regel "Gravel" alles andere als lustig und drehen lieber um, als so eine Strecke zu fahren. Und genau diesbezüglich durfte sich Norbert Hanft in den vergangenen Wochen so einiges anhören. Völlig unbegründet, wie sich bei der Befahrung der Strecken mit dem Rennrad auf schmalen Reifen herausstellt.
Gravelbikes können auch auf Schotterstrecken zum Einsatz kommen
Zur Erläuterung: Gravel, zu deutsch: "Schotter", ist der neueste Trend im Rennradbereich. Mit speziellen Fahrrädern und breiteren, profilierten Reifen können diese Maschinen auch bei schlechten Fahrbahnen oder Schotterstrecken zum Einsatz kommen. Das geht mit einem normalen Rennrad nicht, will man nicht Schäden an Reifen, Felgen oder gar dem Rahmen provozieren.
Der Trend zum Gravelbike kommt - mal wieder - aus den USA. Im Landesinneren der Vereinigten Staaten finden Radfahrer abseits der großen Landstraßen oft keine befestigten Straßen, sondern das, was man hier als Feldwege bezeichnet. Und genau für diese Wege ist das Gravelbike, das mehr Rennrad als Mountainbike ist, gedacht. Der Trend wird derzeit auch in Deutschland von der Fahrradindustrie stark vorangetrieben. Für den Radfahrer, speziell den Rennradfahrer, eröffnen sich mit einem Gravelbike mit Rennlenker, das noch breitere Reifen hat als ein rennsporttaugliches Crossrad, neue Möglichkeiten der Streckenführung auch abseits von Straßen und Radwegen.
Strittigeren Straßenverlauf über "gute" Straße geführt
Von Gravel, also Schotter, kann beim Rhöner Kuppenritt aber bei keiner der langen Touren die Rede sein. Zwar kann immer etwas Kies, Sand oder Schotter auf der Straße liegen, aber das ist für Rennradfahrer Alltag und nichts besonderes. Norbert Hanft hat einen etwas strittigeren Straßenverlauf, der mit "Graveleinlage" im Programm zwischen Stetten und Oberelsbach verzeichnet war, geändert und über eine "gute" Straße geführt. Die übrigen "Graveleinlagen" sind lediglich Straßen in etwas schlechterem Zustand.
Ein Gravelbike braucht man für diese Streckenführung aber überhaupt nicht. Alle längeren Strecken beim Kuppenritt sind wie immer mit dem Straßenrennrad zu befahren, wie Norbert Hanft mit seinem edlen Gefährt aus Carbon gerne selbst unter Beweis stellt. "Auf Schotter würde ich dieses Fahrrad niemals fahren!"