
Ruhig wird es jetzt werden um das Haus Pfeffermann in Nordheim, das ein ganzes Jahr zum Kunstlabor umfunktioniert wurde. Bei der Finissage gab es noch mal eine exklusive Führung durch Natalie Obert und Andreas von Ow.
Wie kommen junge Künstler, die überwiegend aus Köln und Berlin stammen, in ein Rhöndorf? Jessica Twitchell, die in Köln lebt und arbeitet und in Nordheim groß geworden ist, kam auf die Idee, das Großelternhaus zu nutzen. Gemeinsam mit einer losen Künstlertruppe setzten sie sich zusammen und überlegten sich ein Projekt. Über ein Jahr sollte die Ausstellung laufen.
Es war ein offenes Haus, wo man jederzeit vorbei kommen konnte. Eine Besonderheit zeigte sich mit der Ausstellung, die vor einem Jahr eröffnet wurde, dass sie sich immer weiter entwickelt hat und gewachsen ist. Gleichzeitig bestand über diesen Zeitraum die Möglichkeit, länger als Künstler hier zu sein und sich mit der Umgebung und den Ortsansässigen und Besuchern auszutauschen.
Zwei Künstler, die in Unsleben wohnen, waren hier ganzjährig schöpferisch tätig und haben das Projekt über das Jahr betreut.
Natalie Obert zog das Resümee, dass die Ausstellung gut angenommen wurde. Viele Besucher, auch überregional, kamen mehrmals, um die Entwicklung zu beobachten. Ein Ort, wo man sich aufhält und sich auch zurückziehen konnte, ein Ort der Stille, das hat sich mit dem offenen Haus erfüllt.
Es waren aber nicht nur bildende Künstler am Werk, da gab es im Mai letzten Jahres eine Lesung und Diskussion mit Peter Engstler, einem Schriftsteller und Verleger. Die Band Robotnik gab im Oktober ein Konzert.
Insgesamt gab es ein breites Spektrum an künstlerischen Interventionen. Begonnen wurde mit einer Kerngruppe von acht Künstler, aufgeteilt in Zweiergruppen. Außerdem wurden Gastkünstler von außerhalb eingeladen. Sie haben sich den Ort angeeignet in dem Zustand, in dem sie ihn vorgefunden haben. Es hat die Bindung beinhaltet, dass andere Künstler Eingriffe in die vorherige Situation vorgenommen haben.
Immer gab es Bewegung und auch Dialog zwischen den Schaffenden und den Besuchern. Natalie Obert und Andreas von Ow haben im letzten August ein Sommerfest organisiert. Es kam zu einer Kommunikation über die Arbeit selbst, ohne dass man miteinander gesprochen hat, eine stille Kommunikation.
Karin Suter, Bildhauerin und Köchin, hat bei diesem Event zum ersten Mal beide Künste vereint. Für sie ist der Küchentisch das Herzstück jedes Hauses. In verschiedenen Räumen schuf sie ganz eigene Kunstobjekte. Mit dem Probieren von Leckereien entstand eine ganz besondere Auseinandersetzung mit der Kunst. Ein Themenschwerpunkt beim Sommerfest war die Landschaft und wie sie den Künstler beeinflusst. Dazu gab es unterschiedliche Interpretationen. Peter Tollens, ein abstrakter Maler, war der gemeinsame Nenner.
Ein letzter Blick
Wenn es nun Abschied nehmen heißt, bleiben Teile der Kunstwerke hier, manche sind temporär entstanden, werden abgebaut, existieren nicht mehr. Ein letzter Blick: da sind die gravierten Gläser, die an die Wände genagelt sind oder zwei Tische, mit denen Burkard Blümlein einen feinen Sinn für die Geschichte von Dingen zeigt, Anne Römp zeigt ihre skulpturalen Arbeiten, Kriz Olbrich und David Semper haben in allen vier Himmelsrichtungen in der Entfernung von einer bayerischen Meile jeweils einen Meilenstein gesetzt, der auch im Haus zu finden ist, Carbonfasern von Franziska Geissler durchziehen das Treppenhaus, Sebastian Dannenberg arbeitet mit Holz und Beton, Kerstin Liebst hat im Keller Fahrradhelme drapiert und Jessica Twitchell hat in einem Raum die Wandmalerei frei gelegt, unter der teilweise der ursprüngliche Baustoff Lehm zutage tritt, ein anderer Raum atmet noch den Duft von Holunder, mit dem Andreas von Ow die Wände bestrichen hat.
Natalie Obert machte sich auf die Suche nach den alten Geistern der Rhön, führte Tagebuch, sammelte Erinnerungsstücke wie DDR-Briefmarken und fügt jedes Mal, wenn sie hierher kommt, der Jahreszeit entsprechend Blumen zu einem schon vertrockneten Kräuterstrauß hinzu.
Von Satoshi Morita sind originale Orgelpfeifen zu sehen, die neben einem selbst gebauten Schrank lehnen, und ein Orgelmotor, mit dem das ganze Haus in einen Klangraum verwandelt wird. Mitten im Winter kam Yukari Kosakai ins Haus Pfeffermann und installierte ihre Werke im Dachboden. Ihre Objekte haben oftmals Poesie und Absurdität in sich. „Die Arbeiten vergehen, manche entwickeln sich weiter, nichts bleibt konserviert. Das Leben hat viel mit der Kunst zu tun und die Kunst mit dem Leben“, damit verabschiedete sich Natalie Obert und setzte sich noch gemütlich mit den Projektkünstlern zusammen.