Ende des Monats wird das Grabfeld mal wieder zum Schauplatz internationaler Politik. Nach der Abspaltung einer Provinz vom Mutterland stehen sich die Konfliktparteien unversöhnlich gegenüber. Militärbeobachter der Vereinten Nationen (VN) müssen in dieser Situation verhindern, dass der bewaffnete Konflikt wieder aufflammt. Und sie sollen die Einhaltung des vereinbarten Waffenstillstands überwachen.
Das ist freilich kein reales Szenario, aber ein realistisches soll es sein. Vom 22. bis 28. Oktober übt die Bundeswehr in Wülfershausen und Umgebung. Wobei die Bundeswehr dabei nur die Fäden des Manövers in der Hand hält, die teilnehmenden Soldaten kommen dagegen aus aller Herren Länder: aus Ghana oder Brasilien, aus Australien oder Finnland. Auch ein paar Deutsche sind dabei.
Insgesamt sind es 24 Uniformierte, die derzeit einen neunwöchigen Lehrgang am VN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg (Lkr. Bad Kissingen) absolvieren. Die Übung im Grabfeld bildet dessen Abschluss. In den Streitkräften ihrer Heimatländer sind die Soldaten irgendwann für einen VN-Militärbeobachtereinsatz vorgesehen – landläufig bekannt unter der Bezeichnung „Blauhelmmission“.
Unbewaffnet
Ein solcher Einsatz unterscheidet sich völlig von jenen Aufgaben, die Generationen von Wehrpflichtigen und Zeitsoldaten vielleicht einmal bei der Bundeswehr kennengelernt haben. Man muss dafür im Grunde kein Gewehr und keine Panzerfaust bedienen können – VN-Militärbeobachter operieren unbewaffnet. Vielmehr sind diplomatische Fähigkeiten gefragt, um etwa einen Streit schlichten zu können.
„Es geht bei der Übung darum, mit den Kriegsparteien ins Gespräch zu kommen und sie an den Verhandlungstisch zu bringen“, erklärt Major Nils-Alexander Simon vom VN-Ausbildungszentrum die Zielsetzung. Erste Hürde dürften dabei Sprachbarrieren sein.
Alles in allem sind an der Übung im Grabfeld etwa 200 Soldaten beteiligt. Neben den zwei Dutzend Auszubildenden – allesamt Offiziere – braucht es eine Reihe von Darstellern, die in die Rolle von Kriegsfürsten und deren Kämpfern schlüpfen, sowie Personal für die Leitung und Überwachung des Manövers.
Bundespolizei beteiligt
Dazu kommen vier Transportpanzer „Fuchs“ – mit Rädern, nicht mit Ketten –, ein Hubschrauber der Bundespolizei, die ebenfalls beteiligt ist, und etliche Jeeps. Laut dürfte es nur im Ausnahmefall werden. Übungsmunition komme nur in geringem Umfang zum Einsatz, versichert Simon. Ein Feuergefecht nachts steht dem Vernehmen nach aber im Übungsdrehbuch. Es dauert ungefähr eine Viertelstunde.
Die einzelnen Truppen befinden sich während der Übung außer in Wülfershausen (Leitung) in Saal, in Aubstadt, in Wargolshausen, in Strahlungen und in der Nähe von Maria Bildhausen.
Der übliche Hinweis in den Manöverankündigungen der Landratsämter, die Bevölkerung möge sich von der übenden Truppe „fernhalten“, erledigt sich in diesem Fall übrigens. Im Gegenteil: Kontakte mit der Übungstruppe sind ausdrücklich erwünscht. Schließlich müssen sich die Militärbeobachter im Einsatz auch bei den Einheimischen durchfragen, erklärt Simon. Nicht im Grabfeld, sondern in einem echten Krisengebiet irgendwo auf dieser Welt.