Die Krisen, die das Weltgeschehen beherrschen, haben auch Auswirkungen auf Sportschützen und Jäger. Sie haben Probleme beim Nachschub mit Munition. Ist der Grund für die Lieferengpässe der Krieg in der Ukraine?
Thomas Schmitt, Vorsitzender der Kreisgruppe Rhön-Grabfeld im Bayerischen Jagdverband, winkt ab. Es gebe seit eineinhalb Jahren Engpässe und deutliche Preisanstiege. Bei dem geringen Bedarf eines Jägers würden diese nicht übermäßig ins Gewicht fallen, "man sollte halt nicht bis zur letzten Patrone warten". Im Augenblick, sagt Schmitt, scheine es jedenfalls, als würden die US-Amerikaner alle Munitionsbestände aufkaufen. Mit dieser Einschätzung steht der Kreisvorsitzende nicht alleine, Waffen- und Munitionshändler teilen seine Ansicht.
Polizei und Sicherheitsdienste in den US füllen Bestände auf
Die Hofmann GmbH in Mellrichstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) gehört laut dem geschäftsführenden Gesellschafter Detlef Reuß zu den Top-Drei-Importeuren in Deutschland und beliefert ausschließlich den Fachhandel. Selbst führende Unternehmen hätten erhebliche Lieferengpässe mit einer Reihe von Ursachen. Die Einschätzung, dass in den USA Munition gehortet wird, bestätigt Reuß. Dort füllten nicht nur Privatleute, sondern auch Polizei und Sicherheitsunternehmen ihre Bestände auf.
Darüber hinaus seien einige Bestandteile knapp geworden, sagt Reuß. Allen voran Zündhütchen, die unerlässlich zum Funktionieren einer Patrone sind. Dafür gebe es auf dem Weltmarkt nur ganz wenige Anbieter, einer habe gerade Insolvenz angemeldet. Den Zündhütchen-Mangel haben besonders Sportschützinnen und -schützen bemerkt, die die Munition, die sie für das Training und die Wettkämpfe benötigen, aus Kostengründen selber an der Wiederladepresse herstellen.
Krieg in der Ukraine: Der zivile Markt bleibt auf der Strecke
Reuß glaubt nicht an eine baldige Normalisierung der Situation. "Die Aufträge der Militärs an Großunternehmen als Folge des Ukrainekrieges stehen ja noch aus." Großproduzenten rüsteten bereits verstärkt die Armeen auf, durch Großaufträge bleibe der zivile Markt wohl auf der Strecke.
Ähnlich beurteilt Carl-Christian Bittorf, Geschäftsführer der Firma Rhön-Jagd, die Situation. Was sonst innerhalb von Tagen zu beschaffen gewesen sei, habe jetzt Lieferzeiten von zwei oder drei Monaten. Er beliefere in erster Linie die Jäger in der Region, sagt Bittorf. Er habe auch schon Kunden wieder nach Hause schicken müssen, weil Artikel, die er sonst immer in den Regalen liegen hatte, nun nicht vorrätig sind.
Die Preise hätten um bis zu 50 Prozent angezogen, manche speziellen Patronen seien gar nicht mehr zu beschaffen. Standardware sei dagegen verfügbar, sagt Bittorf. Für Jäger mit geringem Verbrauch dürfe es deshalb keine Probleme geben, wenn sie frühzeitig für Nachschub sorgen.
Engpässe beim Nachschub von Kupfer, Messing und Blei
Wie fast alle Bereiche der Wirtschaft seien auch Waffen- und Munitionshersteller von Rohstoffengpässen, etwa bei Kupfer, Messing und Blei, betroffen. Wegen der hohen Kosten würden einige Firmen ihre Produktion drosseln. Dazu kämen noch die Transportprobleme, Container lagerten teilweise wochenlang in irgendwelchen Häfen.
Ein Beispiel dafür schildert Frank Härter, der sich auf den Handel mit Schrotpatronen zum Wurftauben-Schießen spezialisiert hat. Der Geschäftsmann aus Wülfershausen (Lkr. Rhön-Grabfeld) hatte im September 2021 einen Lastwagen voller Munition in Italien bestellt, geliefert worden sei die Ware vor wenigen Tagen.
Preis für Patronen ist auf das Dreifache gestiegen
Im Augenblick werde bevorzugt für Armeen produziert, sodass für Sportschützen und Jäger die Preise gewaltig steigen, berichtet auch Härter. Nur bei den Sportschützen im Kleinkaliberbereich gibt es laut Gau-Bezirksschützenmeister Uli Schmitt keine Probleme. Einige Sorten, wie etwa bei den sogenannten Nato-Patronen, seien dagegen um fast das Dreifache teurer geworden, berichtet Härter. Einige Hersteller produzieren schon gar nicht mehr für den zivilen Markt. Daher sollten jetzt Jäger nicht gerade horten, aber doch zumindest einen kleinen Vorrat für einen überschaubaren Zeitraum anlegen, ist sein Rat.
Frankonia in Rottendorf: Manche Munitionssorten ausverkauft
Auch Frankonia bestätigt, dass die weltweite Munitionsknappheit vor allem an Rohstoffmangel und Lieferengpässen liege. Das Unternehmen mit Sitz in Rottendorf (Lkr. Würzburg) vertreibt Jagd- und Sportwaffen einschließlich Zubehör. Manche Munitionssorten sind ausverkauft, teilt Frankonia auf Nachfrage mit. "An der aktuellen Situation in der Ukraine liegt die Knappheit jedenfalls nur zu einem vernachlässigbar geringen Teil", so Sprecher Felix Wilmes. Es handle sich "um ein allgemeines Problem – nicht um ein Munitionsspezifisches".
Mitarbeit: Jonas Keck