Wenn sich der Wallfahrerzug der Würzburger Kreuzbruderschaft in Richtung Rhön aufmachte, konnten die Pilger bei günstigen Verhältnissen ihr Ziel bislang schon bei Büchold nahe von Arnstein erkennen, weiß Wallfahrtsleiter Heribert Bulla. Am Samstag nun, wenn sich die frommen Wallfahrer wieder auf den beschwerlichen Weg zum Kreuzberg machen, könnte es sein, dass sie die Sendeanlage des Bayerischen Rundfunks schon etwas früher wahrnehmen. Der Sendemast ist nämlich gewachsen – um immerhin 19 Meter.
Jetzt 226 Meter hoch
Mit einem Hubschrauber wurde er diesen Mittwoch in einer spektakulären Aktion um einen sogenannten GFK-Zylinder aufgestockt. Statt bislang 207,35 Meter ist er nun stolze 226,35 Meter hoch.
Es war ein kühler, klarer und vor allem windarmer Sommermorgen auf dem Kreuzberg-Plateau. Die Verantwortlichen für die Sendeanlage hatten den Zeitpunkt geheim gehalten. So waren auch kaum Wanderer oder Schaulustige auf dem Kreuzberggipfel, als der schwere Hubschrauber einer Schweizer Spezialfirma beim Anflug die hier sonst übliche Ruhe unterbrach.
In der Gondel auf 200 Meter
Es lagen bereits die drei Komponenten bereit, die der Hubschrauber im Laufe des Vormittags nach oben transportieren sollte. Während Spezialisten damit beschäftigt waren, diese Teile für den Transport vorzubereiten, wurden vier – offensichtlich völlig schwindelfreie – Männer in einer kleinen Gondel zur Mastspitze gezogen. Ihre Aufgabe war es, die neuen Teile in über 200 Metern Höhe zu befestigen.
In einem ersten Arbeitsschritt transportierte der Hubschrauber den „Deckel“, der den Sendemast seit 1988 oben abschloss, zu Boden. Wenige Minuten später brachte er dann einen Adapter, also ein Verbindungsstück, an die Mastspitze. Das Justieren dieses Adapters war der komplizierteste und langwierigste Teil der Aktion. Genau ein hundertstel Millimeter betrug die Toleranz, wie Projektleiter Michael Reinert erklärte. Das ist entscheidend, weil auf dem Adapter der rund 15 Meter hohe, neue Antennenzylinder montiert wird.
4400 PS
Nach einer guten halben Stunde konnte der Hubschrauber erneut starten und mit seinen 4400 PS das 3,3 Tonnen schwere, neue Teil nach oben schleppen. Knapp zwei Minuten schwebte er über der Mastspitze, dann war die neue Komponente offensichtlich schon so stabil befestigt, dass die Transportseile gelöst werden konnten.
Im letzten Akt transportierte der Hubschrauber noch einen leuchtend roten „Blitzfangkorb“ als neue Mastspitze nach oben. Darin befindet sich ein „Schwingungstilger“, der mit einer Art Stoßdämpfersystem Bewegungen der Mastspitze reduzieren soll. Schließlich sind die obersten 20 Meter nach der Erhöhung nicht durch Seile abgespannt.
Es geht bei dem aufwendigen Projekt weder darum, dass der Sender über eine größere Höhe mehr Reichweite gewinnt, oder die Platzkapazitäten für die Antennen nicht mehr ausreichten, erläuterte Heiko Herbert, Leiter des Senders, die technischen Hintergründe. Der Mast sei für eine modulare Bauweise angelegt, und nun werde eben ein neues Modul aufgesetzt. Darin, so der Leiter der Sendeanlage, befindet sich eine sogenannte DVB-T2-Antenne. Im Zusammenspiel mit den Sendern auf der Frankenwarte und dem Pfaffenberg soll Unterfranken so künftig mit modernem, hochauflösendem digitalem Antennenfernsehen versorgt werden.
Routine für den Piloten
Nach dreieinhalb Stunden war für Pilot Christian Brandner die Routine-Aktion beendet. Nun ging es nach Coburg zum Tanken und dann weiter nach Schladming, wo der Hubschrauber am Nachmittag erwartet wurde. Im Sendemast sind die Arbeiten damit noch lange nicht erledigt. Bis Ende September wird es dauern, bis die Verkabelungen abgeschlossen sind.
Ob die Würzburger Wallfahrer den Masten am Kreuzberg heuer nun wirklich eher sehen, weiß Wallfahrtsleiter Bulla nicht. Klar ist für ihn aber: „Wir werden den Sendemast in diesem Jahr auf jeden Fall genauer anschauen“.