Von Waldglashütten und Wiesenwärtern handelt das neue Buch von Heimatforscher Matthias Elm (Speicherz), das den Titel "Die Hödde" trägt. Im Bruder-Franz-Haus stellte er sein neues Buch vor, in dem er die Geschichte Alt- und Neuglashütten, dem benachbarten Dörrenberg und dem Wiesenhaus auf dem Dammersfeld erzählt. All diese Orte wurden 1938 mit der Errichtung des Truppenübungsplatzes abgesiedelt. Heute erinnert nichts mehr an das Leben und Arbeiten der Menschen in dem Tal der Kleinen Sinn, nur der Friedhof Altglashütten blieb übrig und einige Erinnerungen.
Der Begriff "Hödde" sei eine alte gebräuchliche Bezeichnung der Glashütten, begann Elm seine Ausführungen. Die Menschen, die in Alt- und Neuglashütten lebten, seien als "Höddefüchs" bezeichnet worden, womit eine gewisse Schlitzohrigkeit der alten Glasmacherfamilien zum Ausdruck gebracht werden sollte. "Die Glasmacher waren keine ansässigen Rhöner Familien, sie kamen von auswärts und brachten die Geheimnisse der Glasherstellung mit und gaben sie nur untereinander weiter."
Gebiet war von strategischer Bedeutung
Aus Thüringen und dem Spessart seien die Glasmacherfamilien gekommen. In einer Beschreibung des Oberamts Motten aus dem Jahr 1790 wird der Charakter der Bewohner von Altglashütten mit "unbesonnener Kühnheit" und einer gewissen "Aufsässigkeit gegenüber der Obrigkeit" bezeichnet. Die Neuglashüttener seien dagegen "geschäftig, fleißig, friedliebend und biegsam" gewesen.
Das Tal der Kleinen Sinn lag im Grenzgebiet der Fürstabtei Fulda und des Fürstbistums Würzburg und war damit auch von strategischer Bedeutung. Die Grenze sei um das Jahr 1000 bereits festgelegt worden und behielt ihre Gültigkeit bis 1802. Wichtigster Faktor für die Auswahl des Hüttenstandorts sei die Verfügbarkeit von großen Mengen an Brennholz gewesen. Dieser Umstand traf im Tal der Kleinen Sinn sowohl für das fuldische als auch für das würzburgische Territorium zu. Der obere Teil des Sinntals gehörte zum Amt Bischofsheim des Fürstbistums Würzburg, der untere Teil zum Amt Kothen (später Motten) der Fürstabtei Fulda. Der Abtransport des Holzes sei aus dem Tal heraus sehr schwierig gewesen, so dass die Anlage einer Glashütte eine logische Konsequenz gewesen sei.
Geschichtliche Entwicklung der Glashütten
Ausführlich erläutert Elm in seinem Buch die geschichtliche Entwicklung der Glashütten im Tal der Kleinen Sinn. In seinen Recherchen konnte er auch die Namen der jeweiligen Glasmacher ausfindig machen und so entstand ein chronologischer Überblick über die Glasproduktion in dem Gebiet. Die erste Glashütte entstand auf würzburgischem Gebiet im Jahr 1570 an der Stelle, wo sich später der Ort Reußendorf befand.
Die erste fuldische Glashütte lag etwa einen Kilometer von der späteren Ortsstelle von Altglashütten entfernt, das war zwischen 1587 und 1589. 1604 wurden aus Altglashütten 2250 Glasscheiben und eine nicht bekannte Zahl an Trinkgläsern an die fürstliche Hofhaltung nach Fulda geliefert. Es kam zu diversen Verlegungen der Glashütte, die im Grunde nicht mehr als ein Brennofen im Wald war. Erst in späteren Jahren entstand die Siedlung, die zunächst aus sechs Wohnhäusern rund um die Glashütte bestand. Die Siedlung wuchs weiter an, vor dem Ende der Glashütte zwischen 1717 und 1724 hatte sich das Dorf entwickelt.
Sand und Asche für die Glasherstellung
Nur wenige Glasmacher aus Altglashütten gingen an die im Jahr 1724 nur wenige Kilometer entfernte gegründete fuldische Glashütte, dem späteren Neuglashütten. Über die Gründe könne nur spekuliert werden, erklärte Elm. "Sollte die Glashütte in Altglashütten schon 1717 stillgelegt worden sein, waren die Glasmacher möglicherweise schon abgewandert." Die neue Glashütte ging 1767 in Konkurs.
Die wichtigsten Bestandteile zur Glasherstellung sind Sand und Asche. Verwendet wurden Sande, die in der unmittelbaren Umgebung der Hütte zu finden waren. Das Holz wurde nicht nur als Brennmaterial, sondern auch als Grundstoff für die Ascheproduktion benötigt. Asche diente als Flussmittel und setzte die Schmelztemperatur des Sandes herab. Die Folgen des Holzhungers der Glas- und Eisenhütten seien noch heute in der Rhön sichtbar und brachten ihr den Namen "Land der offenen Fernen" ein.
Dörfer blieben bestehen und vergrößerten sich
Auch wenn die Glashütten in Konkurs gingen, die Orte blieben bestehen und vergrößerten sich sogar. Es blieben jedoch arme Rhöndörfer, die von karger Landwirtschaft und Handwerk lebten. Das Buch von Matthias Elm umfasst all diese Handwerksberufe und nennt die jeweiligen Handwerker und Dienste. Ausführlich behandelt es das kirchliche Leben, Schulwesen, die Gastwirtschaften mit dem Schankrecht, die Wasserversorgung und Vereine, die Stromversorgung und Jagd. Einen Großteil nimmt das Häuser- und Familienbuch ein, das jedes Haus, den Erbauer und die darin lebenden Familien mit Stammbäumen bis zur Absiedlung wieder gibt. Ein eigenes Kapitel ist dem Wiesenhaus auf dem Dammersfeld gewidmet, das Ausflugsziele und Schweizerei war.
Die Armut zwang die Bewohner schon früh, auszuwandern. So gab es Auswanderung zwischen 1686 und 1829 nach Ungarn. Zwischen 1830 und 1860 war Amerika das Land der Träume. Thomas Helfrich aus Wildflecken schrieb hierzu ein eigenes Kapitel. Zur Buchvorstellung gekommen war auch Karl Hahn aus Bad Brückenau, von ihm wurde das Layout zum Buch erstellt.