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Bad Neustadt/Mellrichstadt
Kormoran: Ein Vogel, der manche Gemüter erhitzt
Derzeit sind in der Region wieder vermehrt Kormorane zu sehen. Für Angler können sie ein Schrecken sein. Naturschützer freuen sich, dass sie hier in der Region sind.
Die Kormorane scheinen sich in der Region sehr wohl zu fühlen. Hier, am Zusammenfluss von Saale und Mühlbach bei Bad Neustadt, ruhen sie sich gerade zwei Exemplare nach einer ausgedehnten Mahlzeit aus und genießen die Sonne.
Foto: Björn Hein | Die Kormorane scheinen sich in der Region sehr wohl zu fühlen. Hier, am Zusammenfluss von Saale und Mühlbach bei Bad Neustadt, ruhen sie sich gerade zwei Exemplare nach einer ausgedehnten Mahlzeit aus und genießen ...
Björn Hein
 |  aktualisiert: 21.03.2021 02:13 Uhr

Der "Vogel des Jahres 2010" ist bei vorurteilsfreier Betrachtung ein beeindruckendes Geschöpf. Er ist gänsegroß und von einem schönen Äußeren. Wenn er auf Bäumen sitzt, wirkt er elegant, sein Körper ist stromlinienförmig, was ihn zu einem ausgezeichneten Jäger im Wasser macht. Außerdem wirken seine Flügel bei Sonneneinstrahlung wie geschuppt, was an der Färbung des Deckgefieders liegt: Kurzum, ein elegantes Tier.

Ein Kormoran ist bei näherer Betrachtung ein majestätischer Vogel.
Foto: Michael Fillies | Ein Kormoran ist bei näherer Betrachtung ein majestätischer Vogel.

Nennt man aber seinen Namen, dann ist der Schreck bei Anglern sehr groß: Der Kormoran ist überaus geschickt bei der Jagd. Sollten er und seine Artgenossen einen Fischteich heimsuchen, so können sie diesen innerhalb kurzer Zeit "leerräumen". Dies ruft natürlich den Zorn der Angler hervor, was ebenso verständlich ist. Derzeit sind wieder vermehrt Kormorane in der Region zu sehen. Unter anderem auf einem Baum beim Zusammenfluss der Fränkischen Saale und dem Mühlbach, nicht weit entfernt vom Freibad in Bad Neustadt, kann man sie beobachten. Von hier aus starten sie auch ihre Beutezüge. Der Kormoran polarisiert. Und es gibt Diskussionen, wie man mit der Problematik umgehen soll.

Der Kormoran ist Teil der Natur

"Man muss mit allem auskommen, vorausgesetzt, dass es sich um eine einheimische Art handelt. Jede Kreatur hat ihre Daseinsberechtigung, der Kormoran ist ein Teil der Natur", findet Jan Angermüller. Wenn er auf das Thema angesprochen wird, so schlagen in seiner Brust zwei Herzen. Zum einen ist er begeisterter Angler beim Angelsportverein Mellrichstadt, zum anderen Jäger. Seiner Meinung müsse man hier abwägen: Kormorane hätte ebenso wie die Fische ihre Daseinsberechtigung. Sollten sie aber überhandnehmen, so müsse man eingreifen. Was dann auch bedeute, dass der Kormoran bejagt wird. "Ziel ist es, ihn von den Angelteichen fernzuhalten, ihn also zu vergrämen", sagt Angermüller. Dies habe er selbst an den Angelteichen in Sondheim gemacht, heuer bereits im dritten Jahr. Wichtig sei es, zu warten, bis mehrere Kormorane auf dem Teich sitzen. Werde dann einer erlegt, so merkten sich seine Artgenossen dies und mieden den Teich in der Zukunft.

Das Gefieder eines Kormorans weist eine interessante Musterung auf.
Foto: Melanie Jäger | Das Gefieder eines Kormorans weist eine interessante Musterung auf.

"Aber natürlich muss man dabei die entsprechenden Sonderregelungen beachten, die es für Kormorane gibt", so der Jäger. So heißt es in der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung, dass zur Abwendung von fischereiwirtschaftlichen Schäden und zum Schutz der heimischen Tierwelt die Tötung von Kormoranen durch einen Abschuss im Umkreis von 200 Metern um das Gewässer erlaubt ist. Allerdings ist der Abschuss nur zulässig in der Zeit vom 16. August bis 14. März. Natürlich muss man hierfür zur Ausübung der Jagd befugt sein. Im Fall von Angermüller ist das mit dem Revierinhaber abgesprochen. Letzterer muss die Abschüsse von Kormoranen in die sogenannte Streckenliste eintragen. Dieser wird der Unteren Naturschutzbehörde übergeben.

Jan Angermüller faszinieren die Kormorane: "Sie können trotz ihrer Größe filigran auf dünnen Ästen landen, das ist schon sehr beeindruckend". Dennoch: Das Bejagen der Tiere ist für ihn wichtig. Schließlich können mehrere Kormorane, die einen Angelteich heimsuchen, in kürzester Zeit die Fische dort vertilgen. "Einen Teich zu erneuern kostet an die 3000 Euro. Und wenn die Angelsaison beginnt, dann ist man als Angler wenig begeistert, wenn man selbst keine Fische mehr fangen kann", so Angermüller. Der Kormoran richte hier also definitiv einen wirtschaftlichen Schaden an. Besonders hauptberuflichen Teichwirten könnten so große finanzielle Einbußen entstehen. "Allerdings muss man immer abwägen, wie man vorgeht. Mir ist bei der Bejagung wichtig, dass der wirtschaftliche Schaden so gering wie möglich gehalten wird und gleichzeitig nicht einfach wahllos Kormorane geschossen werden", sagt er. Mittlerweile sehe er das Ganze aber sehr entspannt. Emotionen herausnehmen und mit Vernunft handeln, das ist das Motto von Jan Angermüller.

Vergrämen bringt nichts

Daniel Scheffler, Kreisgruppenvorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz ist nicht nur Vogelschützer, sondern selbst Angler und Jäger. Er glaubt nicht daran, dass man den Kormoran vergrämen kann. Insofern würde er persönlich ihn auch nicht bejagen. "In Rhön-Grabfeld gibt es keine Brutpaare", sagt er. Die Exemplare, die man hier beobachten könne, seien eigentlich nur Gäste, die durchzögen und meist aus Skandinavien oder Osteuropa kämen. "Allerdings stimmt es, dass sie hier im Landkreis Gemeinschaftsschlafplätze haben", sagt er. Die Kormorane kämen ohnehin nur hierher, wenn die Winter streng seien. "Sie suchen nach Gewässern, die eisfrei sind und in denen sie Nahrung finden", so Scheffler. Bei uns in der Region seien das Streu, Milz und Saale. "In den letzten zwei milden Wintern gab es bei uns nahezu keine Kormorane", sagt Scheffler. Er denkt, dass die Kormorane bald wieder weiterfliegen und sich woanders Nahrung suchen.

Auf solchen Schlafbäumen genießen die Vögel derzeit die Sonne.
Foto: Björn Hein | Auf solchen Schlafbäumen genießen die Vögel derzeit die Sonne.

Dass die Vögel geschickt sind, zeigt auch die Tatsache, dass sie sie ihren Gemeinschaftsschlafplatz in der Nähe des Freibades in Bad Neustadt gesucht haben. "Die Tiere haben herausgefunden, dass sie im Siedlungsbereich nicht bejagt werden", so Scheffler.

Er informiert, dass sich die Kormorane so gut wie ausschließlich von Fisch ernähren. "Untersuchungen haben gezeigt, dass sie am liebsten karpfenähnliche Fische fressen", so der Vogelschützer. An sich sei der Kormoran ein natürlicher "Mitspieler", der einen natürlichen Fischbestand nie ernsthaft würde bedrohen könne, sofern dieser nicht schon vorgeschädigt sei.

Nöte der Angelvereine sind verständlich

Aber Daniel Scheffler versteht auch die Nöte der Angelvereine - schließlich ist er selbst Angler. "Erwerbsteichbesitzer müssen beim Schutz ihrer Teiche auf jeden Fall unterstützt werden, auch finanziell", findet er.  Und für die Teichbesitzer hat er auch gleich einen Tipp, wie man die Kormorane ganz ohne Jagd fernhalten kann. "Wenn man ein Stillgewässer weitmaschig mit Draht überspannt, so lässt sich hier kein Kormoran mehr nieder. Hierzu gibt es sehr gute Erfahrungen bei der Satzfischproduktion in der Oberpfalz", informiert Scheffler.

Für die Fließgewässer seien die bauliche Veränderung und Einträge, auch aus der Landwirtschaft wie zum Beispiel Bodeneinträge ein viel größeres Problem, als es der Kormoran je sein könnte. Teilweise seien auch die falschen Fische eingesetzt worden. Regenbogenforelle und andere standortfremde Arten hätten in den einheimischen Fließgewässern nichts verloren. Und auch der Klimawandel setze der Natur zu.

"Ich persönlich bejage die Kormorane nicht. Ich glaube nicht, dass sich ein Vergrämungseffekt einstellt", meint Scheffler. Schieße man an einem Tag zwei, drei Exemplare, so kämen am nächsten Tag eben drei andere. "Die Bejagung hat überhaupt keinen Einfluss auf die Zahlen". Das hätten Studien ergeben. 

Für ihn werde die Diskussion zu aufgeregt geführt. "Alle paar Jahre, wenn Kormorane da sind, ist das Geschrei groß", findet er. Außerdem seien sie seit jeher Bestandteil der heimischen Tierwelt, der Sportangler aber nicht. "Wir haben einfach zu viele negative Einflüsse auf die Gewässer. Wenn wir dies im Griff hätten, dann wäre der Kormoran kein Problem", ist er überzeugt.

 
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