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BAD KÖNIGSHOFEN
Kanonendonner vor den Toren der Stadt
MÜ Heimatspiel       -  Unter Beschuss lag auch Königshofen im 30-jährigen Krieg. Allerdings war die Munition den Schweden dann wohl doch zu teuer.
Foto: Frank Kupke | Unter Beschuss lag auch Königshofen im 30-jährigen Krieg. Allerdings war die Munition den Schweden dann wohl doch zu teuer.
Kilian Trabert
 |  aktualisiert: 04.03.2017 03:39 Uhr

Soldaten marschieren vor den Toren, Kanonenkugeln durchbohren Häuserwände, das Grabfeld versinkt in Chaos und Blut – in seiner über 1275-jährigen Geschichte erlebte Bad Königshofen einige dunkle Kapitel. Eines der düstersten: der 30-jährige Krieg. Diese Redaktion hat sich auf die Spur von Eroberungen, Schlachten und Schicksalen in der und um die Stadt begeben.

Im Oktober 1631 wurde das Grabfeld erstmals in den bereits seit 13 Jahren wütenden Krieg hineingesogen. Nachdem der schwedische König Gustav Adolf Nord- und Mitteldeutschland erobert hatte, zog er durch den Thüringer Wald auf Franken zu, weiß Kreisheimatpfleger Reinhold Albert. Der erste Gegner, der sich ihm in den Weg stellen musste: Bad Königshofen, damals fürstbischöflich-würzburgische Festung. Dort war man auf den Angriff nicht ausreichend vorbereitet. In der Festung befanden sich „lediglich 100 Mann Soldaten“, hat Albert historischen Quellen entnommen.

Gustav Adolf, der mit einer Heeressäule seiner 30 000 Mann starken Armee vorgerückt war, nahm Königshofen nach dreitägiger Belagerung ein. Nach der Eroberung zog Gustav Adolf weiter in Richtung Schweinfurt, 800 schwedische Besatzer blieben in der Festung zurück.

Für die Bewohner des Grabfeld folgten Wochen und Monate, gefüllt mit Angst, Verzweiflung und Ungewissheit. „Kirchen und Pfarrhöfe wurden geschändet, ausgeleert und verwüstet, die katholischen Priester verhöhnt, misshandelt und ermordet“, hat Albert ermittelt. Auch die Bevölkerung wurde nicht verschont. Aufzeichnungen berichten von schwedischen Plünderungszügen durch ihr neues Gebiet, immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen mit Toten und Verwundeten zwischen Bewohnern und Besatzern.

Königshöfer unterdrückt

Die Rückeroberung der Festung durch kaiserliche Truppen unter General Piccolomini 1634 änderte wenig an der Unterdrückung der Königshöfer. Das Grabfeld musste die Soldaten versorgen – egal ob schwedische oder kaiserliche.

Während die umliegenden Dörfer gezwungen wurden, Brot, Bier und Wildbret zu liefern, mussten die Bewohner Brei aus gemahlenen Eicheln und gekochtem Gras essen, um sich vor dem Hungertod zu retten, beschreiben die Quellen, die Reinhold Albert erforscht hat.

Bereits seit 23 Jahren tobten die Schlachten in Europa – das Grabfeld war längst im Chaos aus Hunger, Tod und Plünderungen versunken – als Königshofen vor eine der letzten Herausforderungen des Krieges gestellt wurde.

Der Volkacher Historiker Dr. Bernd Warlich beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Dreißigjährigen Krieg in Franken. Unzählige Quellen hat er bereits ausgewertet, zahlreiche weitere türmen sich auf seinem Schreibtisch. Auch die Geschehnisse in den späten Kriegsjahren in Bad Königshofen konnte er zum großen Teil rekonstruieren. Im Winter 1641 bezog der schwedische General Reinhold von Rosen mit seinen Truppen vor der Festungsstadt Stellung.

Er hatte sich vom Hauptheer der Schweden abgesetzt und näherte sich dem nördlichen Franken über Erfurt, um Verpflegung zu erbeuten. Über Neustadt, Königshofen und Münnerstadt wollte Von Rosen in die von kaiserlichen Truppen besetzte Garnison Schweinfurt vorrücken.

Bad Königshofen und Münnerstadt waren damals für Schweinfurt überlebenswichtige Bollwerke, schreibt der einstige Münnerstädter Studienrat Leonhard Rugel in seinem Aufsatz „Das Heimatspiel und sein geschichtlicher Hintergrund“, den man in einem Sammelband von Peter Neugebauer und Christian Rentsch findet.

Am 11. Januar eröffneten die Schweden das Feuer, hunderte Soldaten standen vor den Toren. Doch die Stadt hielt stand. Bernd Warlich ist sich sicher, dass auch die Königshöfer über Kanonen verfügten, deren tödliche Ladung sie den Schweden entgegenfeuerten. Schon nach wenigen Stunden traten die Schweden den Rückzug an, die Gegenwehr im Grabfeld und in Münnerstadt hatte Franken vor Von Rosen gerettet.

Die Frage bleibt: Warum konnte die kleine Stadt einer vielfach überlegenen Truppe mit erfahrenen Söldnern und zerstörerischen Kanonen widerstehen? Bruno Eckert, Vorsitzender der Münnerstädter Heimatspielgemeinde, die die Rettung vor den Schweden jedes Jahr nachspielt, hat eine Erklärung, die auch Warlich teilt: „Die Schweden mussten jetzt wirtschaftlich denken, denn jeder Schuss kostete ja viel Geld“, mutmaßt Eckert.

Wenig Beute zu erwarten

Zudem war die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Stadt nach 23 langen Kriegsjahren noch viel Beute bieten konnte. Und es herrschte eisiger Winter, dem die einfachen schwedischen Söldner mit ihrer schlichten, oft abgenutzten und zerrissenen Kleidung nur wenig entgegenzusetzen hatten. Von Rosen gab den Angriff schließlich auf, Königshofen war gerettet. „Man muss die Situation unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sehen: Wenn Von Rosen die Stadt hätte erobern wollen, hätte er es gekonnt“, analysiert der Vorsitzende der Heimatspielgemeinde.

Auf ihrem Rückzug steckten die schwedischen Truppen die umliegenden Dörfer, wie beispielsweise Herbstadt und Großeibstadt, in Brand.

Aber wer war eigentlich dieser schwedische General Reinhold von Rosen? Die Spur führt unsere Redaktion nach Gersfeld in der Rhön. Dort betreibt heute Jürgen von Rosen eine Klinik für Naturheilkunde. Der Mediziner ist ein Nachfahre des schwedischen Soldaten. Sein Vater hatte seinerzeit zahlreiche Nachforschungen über das berühmte Familienmitglied angestellt.

Recht eigener Charakter

General Reinhold von Rosen wurde um 1600 im von den Schweden besetzten Lettland geboren. Schon früh entschied er sich für eine Offizierslaufbahn, weiß Jürgen von Rosen. An der Seite des Königs Gustav Adolf stieß er zu Beginn des schwedischen Kriegseintritts in die Mitte Deutschlands, und damit auch nach Franken, vor.

Trotz seines eigenen Charakters war er bei den Soldaten beliebt, erzählt Von Rosen. Er wird als kühn und ehrlich beschrieben, habe jedoch Mühe gehabt, sich unterzuordnen. Das sei so weit gegangen, dass er sich mit seinem Leutnant duellierte, weiß sein Nachfahre. Die Aufgabe des Angriffs auf die Stadt im Grabfeld war eine Seltenheit in Von Rosens Laufbahn, galt er doch als einer der fähigsten Feldherrn, der schließlich mit drei anderen Generälen den Oberbefehl über die schwedischen Truppen übernahm.

1667 starb Von Rosen, der zuletzt als französischer Militärgouverneur gedient hatte. An seinen Beinamen „Der Gute“ glaubt man auch in der Rhön. Eckert: „Man muss ihm 'zu Gute' halten, dass er keine Grausamkeiten an seinen Gegnern ausübte.“

Szene aus dem Münnerstädter Heimatspiel, die sich auch in Königshofen bei der Belagerung der Stadt während des 30-jährigen Krieges so zugetragen haben könnte. Der schwedische Obrist von Rosen (Egon Schmitt) fordert von den Ratsherren die Übergabe der Stadt.
Foto: Isolde Krapf | Szene aus dem Münnerstädter Heimatspiel, die sich auch in Königshofen bei der Belagerung der Stadt während des 30-jährigen Krieges so zugetragen haben könnte.
 
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