Für Spaziergänger in der Rhön mögen die hochgewachsenen violettblau schimmernden Pflanzen eine Augenweide sein, für Torsten Kirchner sind die bisweilen massenhaft auftretenden Lupinen ein Graus. Der Gebietsbetreuer des Naturschutzgebietes Lange Rhön, der in Diensten der Wildlandstiftung Bayern steht, kämpft seit Jahren gegen die Invasion der Pflanzen, die ihren Ursprung in Nordamerika hat.
Es ist der hohe Stickstoffaustrag der Blume, die den mageren Böden in der Rhön Nährstoff zuführt und damit die typische Flora verdrängt. Mit dem Zurückweichen der Pflanzen, wie Trollblume, Arnika, Türkenbund, Wiesenknöterich oder Goldhaferweizen verschwinden langsam natürlich auch jene Tiere, die mit der Pflanzenvielfalt in Symbiose leben. Unter anderem sind Schmetterlinge betroffen.
Bitterstoffe schmecken Schafen
Zwar fressen Schafe die mit Bitterstoffen ausgestatten Kerzenblumen, wie die Lupinen auch genannt werden, scheiden über den Kot die unverdauten Samen aber wieder aus und sorgen so eher für die Verbreitung der Pflanze. Die einzige nachhaltige Möglichkeit, die Lupinen im Naturschutzgebiet zu bekämpfen, ist die Mahd. Die darf aber im großen Stil durch im Landschaftspflegeprogramm beschäftigte Landwirte aus Rücksicht auf brütende Vögel erst ab dem 1. Juli erfolgen.
Da aber heuer die Vegetation gut zweieinhalb Wochen eher dran ist, als normal, werden auch die Samen der Lupinen früher reif. Mähaktionen sind aber nur dann sinnvoll, wenn dies vor der Reife geschieht. Für die Zukunft plädiert Torsten Kirchner dafür, die Mahd schon zum 15. Juni anzusetzen. So soll es jedenfalls in den nächsten Verträgen mit den Landwirten festgehalten werden.
Daneben gibt es Leute in Vereinen und Organisationen, wie der Bergwacht, dem Rhönklub, der Lebenshilfe und auch dem Landratsamt, die mit Sensen bewaffnet den langstieligen Schönheiten den Garaus machen. Nächste Woche wollen die Bergwachtleute loslegen. Dann greift auch Peter Siewert wieder zum Mähgerät. Seit Jahren fährt der Berliner in die Rhön, um gegen die Lupine vorzugehen.
Grundsätzlich konzentrieren sich die Helfer auf besonders wertvolle Standorte. Kirchner spricht da von einem Kampf auf den Flächen, „wo wir noch gewinnen können“. Er schätzt, dass gut 350 Hektar des gut 3200 Hektar großen Naturschutzgebietes auf bayerischer Seite von der Lupineninvasion betroffen sind.
150 Hektar auf hessischer Seite
Auf hessischer Seite steht Ranger Hubert Heger an vorderster Front. Hier werden seit acht Jahren gut 150 Hektar konsequent bearbeitet. Nicht ohne Erfolg, wie Heger gegenüber der Main-Post erklärt. „Auf einigen Flächen ist sie ganz verschwunden“, sagt der Naturschützer. Das ist das Ergebnis unermüdlichen Mähens in den vergangenen Jahren. Denn Lupinensamen sind nicht nur sehr widerstandsfähig, eine einzige Blüte kann bis zu 600 Samen auswerfen.
Zu „verdanken“ haben die Rhöner die Lupineninvasion letztendlich übrigens den Nazis, die in den 30er Jahren die kargen Böden „aufpeppen“ und für die Landwirtschaft besser nutzbar machen wollten. Auch in neu angelegten Fichtenkulturen wurden die sehr widerstandsfähigen Samen damals ausgesät.