Noch im Dezember waren drei Oberstreuer Jugendliche bei Freunden in der Ukraine zum Feiern. Nicht einmal ein viertel Jahr später, ist nichts mehr wie es war. Erschüttert vom Krieg in der Heimat ihrer Freunde, haben die Mitglieder der "Bude Oberstreu" und "Hühnerbude Mittelstreu", zwei in den jeweiligen Ortschaften vertretene Jugendclubs, eine Spendenaktion für Hilfsgüter für ukrainische Flüchtlinge in Polen organisiert. Am Freitagnachmittag werden sich zwei Sattelzüge mit den gesammelten Spenden auf den rund 700 Kilometer langen Weg nach Polen begeben.
Wie kommen die jungen Menschen aus Ober- und Mittelstreu auf die Idee, solch eine Aktion auf die Beine zu stellen? Wie entstand die Freundschaft der jungen Deutschen und Ukrainer? Der Oberstreuer Landwirt Andres Türk beschäftigte im vergangenen Jahr in seinem Betrieb Saisonarbeiter aus der Ukraine. Die Frauen und Männer, vor allem Studenten im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, wohnten während ihres Aufenthalts in Oberstreu. Dort wurden sie schnell in den örtlichen Jugendclub "Bude Oberstreu" aufgenommen und fanden Anschluss.
Einmarsch der Russen in die Ukraine war ein Schock
Auch nach ihrer Rückkehr ins Heimatland bestand weiterhin enger Kontakt. Im Dezember reisten drei Oberstreuer, darunter der Initiator des Hilfstransports Christoph Dorst in die Ukraine. Zunächst machte man einige Tage in Kiew Station, später ging es weiter nach Lubny in der Zentralukraine zu einer Geburtstagsfeier. Der Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine, war auch für die jungen Oberstreuer ein Schock. Man stand in regen Austausch mit den Freunden. Die befreundeten Frauen haben das Land inzwischen verlassen, die jungen Männer haben sich zum Militärdienst gemeldet.
Der Krieg geht auch an den Ober- und Mittelstreuer Jugendlichen nicht spurlos vorbei, sie fühlten sich hilflos. Christoph Dorst überlegte, wie man die Landsleute der Freunde unterstützen könne. Über polnische Arbeitskollegen im väterlichen Betrieb erfuhr er von Hilfstransporten nach Polen sowie die Verteilung über die ortsansässigen Feuerwehren. In Christoph reifte die Idee, ebenfalls einen Transport zu organisieren. Sein Vater, Freunde sowie seine WG-Bewohner Moritz Ment und Tim Schlund unterstützen sein Vorhaben. Um möglichst viele Helfer zu Seite zu haben, wurde diese Idee im Gruppenchat der beiden Buden publik gemacht. Die Mitglieder sicherten ihre volle Unterstützung zu.
Von fachkundigen Stellen holte sich Dorst Auskunft, wie der Transport optimal organisiert werden kann. Als Anlieferungs- und Verpackungsstützpunkt wurde die Halle des TSV Mittelstreu gewählt, die vom Verein zur Verfügung gestellt wurde. Wo sonst trainiert, getanzt und gefeiert wird, stapeln sich seit Montag unzählige Kartons mit Hilfsgütern: Kleidung und Decken, Hygieneartikel und Medikamente, Babynahrung und Windeln sowie Lebensmittel. Personen aus dem gesamten Landkreis, Firmen, Schulen sowie Vereine haben unzählige Spenden abgegeben.
Hilfstransport nach Polen startet an diesem Freitag
Am Montagabend trafen zudem zwei voll beladene Lkws mit Spenden von befreundeten AVIA-Kollegen aus dem Hochtaunus-Kreis ein. In der Halle werden die Artikel zunächst nach Warengruppen sortiert, auf Paletten gepackt und auf polnisch beschriftet. Neben den Buden-Mitglieder halfen viele Freunde und Gönner beim Sortieren und Packen. Die Gemeinde Oberstreu unterstützt die zahlreichen Helfer mit Essen und Getränken. Der Transport nach Polen wird mit den firmeneigenen Lastern der Firma Avia Dorst sowie vier Fahrern organisiert. Diese werden ein zentrales Warendepot in Grabów nad Prosna anfahren. Von dort werden die Hilfsgüter an die verschiedenen Flüchtlingslager im ganzen Land verteilt.
"Diese Aktion ist ein Beispiel für humanitäres europaweites Engagement", lobte Bürgermeister Stefan Kießner die spontane Hilfsbereitschaft der örtlichen Jugend und bedankte sich bereits vorab für den großen ehrenamtlichen Einsatz.