Der Garten ist ein Ort der Erholung und Entschleunigung. So richtig wohl fühlt sich der Mensch in seinem Garten, wenn dort viel Natur ist: in einem "Naturgarten". Der Kreisverband für Gartenbau und Landespflege Rhön-Grabfeld hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, naturnah gestaltete und naturnah bewirtschaftete Gärten im Landkreis Rhön-Grabfeld auf Wunsch der Gartenbesitzer nach dem Programm "Bayern blüht – Naturgarten" zu zertifizieren.
Grund für dieses Programm war die zunehmende Entstehung von Schottergärten in Bayern, so Georg Hansul, Kreisfachberater für Gartenbau und Landespflege am Landratsamt Rhön-Grabfeld. "Dieser Entwicklung wollen wir entgegentreten." Nach dem Vorbild aus dem Nachbarland Niederösterreich hat sich die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Gedanken gemacht und ein Zertifizierungssystem für Naturgärten entwickelt, dem man sich im Landkreis mit Überzeugung anschließt.
Förderung der Artenvielfalt im Landkreis
Die Zertifizierung von Naturgärten sei einer von vielen Bausteinen im Gesamtkonzept zur Förderung der Artenvielfalt im Landkreis Rhön-Grabfeld, dem Schutz der natürlichen Ressourcen und der Ortsbildgestaltung. Der Garten habe eine wesentliche Bedeutung als Verbindungsachse zur Aufrechterhaltung der Artenvielfalt im besiedelten Gebiet, erklärt Fachmann Hansul. Sinn und Zweck der Zertifizierung sei es, die nachhaltige Gartennutzung herauszustellen und zur Nachahmung anzuregen.
"Jeder Einzelne kann dazu beitragen, für mehr Artenvielfalt zu sorgen." Dabei ist es nicht wichtig, dass alle Kriterien, die bei der Zertifizierung geprüft werden, ausnahmslos erfüllt werden. Vielmehr solle die Zertifizierung dazu dienen, einige Bausteine eines Naturgartens zum Zweck der Artenvielfalt umzusetzen und durch die Zertifizierung auch andere Gartenbesitzer zu sensibilisieren, zur Nachahmung anzuregen und ein Netzwerk entstehen zu lassen.
Urkunde für die erfolgreiche Zertifizierung
Bereits vier Gärten im Landkreis Rhön-Grabfeld sind bereits erfolgreich mit "Bayern blüht – Naturgarten" zertifiziert. Es sind die Gärten von Roswitha Amschler aus Unsleben, von Marie-Luise Reubelt aus Schönau, von Peter Wieczorek aus Bad Königshofen und Waltraud Baumeister aus Hohenroth. Für jede erfolgreiche Zertifizierung gibt es eine Urkunde und eine Plakette, die gut sichtbar am Gartenzaun montiert werden sollte. Jetzt standen drei weitere Zertifizierungen an, nämlich die Gärten von Hildegard und Ludwig Wirsing in Eichenhausen, den Garten von Michael Beck in Niederlauer und auch der Garten der Umweltbildungsstätte in Oberelsbach.
"Gerade aufgrund der Aufgabe der Sensibilisierung für das Thema Artenvielfalt mit Hilfe von Blühflächen und Naturgärten hat uns Georg Hansul von einer Bewerbung unseres Naturgartens für die Zertifizierung überzeugt", erklärte der Geschäftsführer der Umweltbildungsstätte Bernd Fischer beim Pressegespräch. Angelegt wurde der Oberelsbacher Naturgarten einst von Markus Henneberger, dem Gärtner des Marktes Oberelsbach, der ihn hegt und pflegt und nicht müde wird, mit weiteren Elementen zu erweitern.
Die abgeblühte Pflanzen bleiben stehen
Im Oberelsbacher Naturgarten besonders lobenswert sei die Vielfalt, die dort zu bewundern ist, oder auch, dass die Blühfläche, auf denen die abgeblühten Pflanzen auch über den Winter stehen bleiben, demonstrativ vor dem Hauseingang angelegt wurde, stellten die Naturgartenbewerter Franz Mock und Kerstin Leusch lobend fest. Klar sei jedoch auch, dass es sich hierbei nicht um einen typischen Naturgarten eines Privatgartenbesitzers handelt. Verbesserungsbedarf sehen die Bewerter beispielsweise bei den Rasenflächen direkt am Haus, die entsprechend umgestaltet werden könnten.
Neben Franz Mock und Kerstin Leusch haben sich auch Karlheinz Kronester und Uwe Steigemann zu Naturgartenzertifizierern qualifizieren lassen. Alle vier werden die künftigen Zertifizierungen im Landkreis vornehmen. Die Kernkriterien der Naturgartenzertifizierung, die zwingend erfüllt sein müssen, sind der Verzicht auf chemisch-synthetischen Dünger, der Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel, keine Torfverwendung im Garten und eine hohe ökologische Vielfalt und Biodiversität. Darüber hinaus gibt es Kann-Kriterien zu den Naturgartenelementen, zu denen Insektennahrungspflanzen, gebietstypische Sträucher und Gehölze, Laubbäume, Vielfalt der Lebensräume, Wiese oder Wiesenelemente, wildes Eck und das Zulassen von Wildkraut zählen. Auf jedes Kriterium können zwei Punkte vergeben werden, insgesamt reichen jedoch sieben Punkte aus für die Zertifizierung. Außerdem müssen mindestens sieben Punkte im Bereich der Bewirtschaftung und dem Nutzgarten erfüllt werden. Dazu gehören Gemüsebeet und Kräuter, Komposthaufen, das Kriterium der Mischkultur, Fruchtfolge, Gründüngung und Mulchen, Nützlingsunterkünfte, Obstgarten und Beerensträucher, Regenwassernutzung und Bewässerung, umweltfreundliche und regionaltypische Materialwahl sowie rücksichtsvolle, blendfreie und ökologische Außenbeleuchtung.